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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Im Jahr 1991 legte die Deregulierungskommision der Bundesregierung ihren Bericht vor. Diese mit hochrangigen Wirtschaftsfachleuten besetzte Arbeitsgruppe erarbeitete ein ganzes Paket von Vorschlägen, unnötige und behindernde Regulierungen abzuschaffen. Viele Anregungen wurden inzwischen verwirklicht. Lediglich die Analyse der Zustände im Handwerk wurde (wohl auch auf Betreiben der mächtigen Handwerksverbände) von offizieller Seite vollständig ignoriert.

Zweiten Berichts der Deregulierungskommission von 1991 - das Handwerk

Abschrift

(Kurzfassung) Auszug: Das Handwerk

59 . Im Handwerk herrscht keine volle Gewerbefreiheit. Der Zugang ist in erheblichem Maße reguliert. Seit dem Inkrafttreten der Handwerksordnung im Jahre 1953 ist die selbständige Ausübung des Handwerks wie in alter Zeit an die Meisterprüfung gebunden ( Großer Befähigungsnachweis ). Die Meisterprüfung berechtigt außerdem zur Lehrlingsausbildung in einem der derzeit 125 in Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführten Handwerke...

60 . Der Große Befähigungsnachweis wird im wesentlichen mit drei Argumenten begründet: Er diene dem Verbraucherschutz. Nur auf diese Weise werde eine gleichbleibend hohe Qualität von Handwerksleistungen garantiert. Er sichere den Bestand des Handwerks als eigenständige - von Klein. und Mittelbetrieben geprägte- Wirtschaftsgruppe und schütze vor ruinöser Konkurrenz. Er sei Voraussetzung für eine ausreichend große Bereitschaft des Handwerks, Nachwuchskräfte auszubilden. Die Ausbildungsfunktion des Handwerks beschränke sich dabei nicht auf die Heranbildung der von ihm selbst benötigten Kräfte.

61 . Als Mittel der Qualitätssicherung ist der Große Befähigungsnachweis entbehrlich. Zum Teil schützt er die Handwerkskunden dort, wo sie gar nicht schutzbedürftig sind. Zum Teil ist der durch ihn vermittelte Schutz zu gering, so daß der Handwerkskunde sich durch individuelle Maßnahmen zusätzlich schützen muß. In beiden Fällen werden dem Verbraucher durch den Großen Befähigungsnachweis überflüssige Kosten aufgebürdet. Dort schließlich, wo das Gütesiegel der Meisterprüfung nützlich ist, wird dieser Qualitätsnachweis auch spontan angestrebt werden ohne das Erfordernis des Großen Befähigungsnachweises.

62 . Für die Vermutung ruinöser Konkurrenz auf den Handwerksmärkten schlechthin gibt es keinen Grund. Allerdings kann erwartet werden, daß es auf den Märkten für einfache Handwerksleistungen ohne den Großen Befähigungsnachweis lebhaften Preiswettbewerb durch die dort auftretenden Nicht-Meisterbetriebe geben wird. Für eine differenzierte und ausreichende Versorgung mit qualitativ hochwertigen Handwerksleistungen ist dies jedoch keine Bedrohung. Bedroht sind nur Betriebe, die es nicht schaffen., sich in Marktsegmenten mit höheren Qualitätsansprüchen und deshalb schwierigerem Zutritt zu etablieren.

63 . Im Hinblick auf die unbestreitbaren Ausbildungsüberschüsse des Handwerks muß weitgehend bezweifelt werden , ob es sich überhaupt um einen externen Effekt handelt. Denn diese Ausbildungsleistung läßt sich als Ergebnis von Anreizen erklären, die weniger mit dem Großen Befähigungsnachweis zu tun haben als mit den besonderen Vorteilen einer Ausbildung im Handwerksbetrieb. Zwar muß eingeräumt werden, daß der Große Befähigungsnachweis die positiven Anreize für ein hohes Niveau handwerklicher Ausbildungsaktivitäten noch verstärkt. Aber es gibt keinen Grund anzunehmen, daß ohne den Großen Befähigungsnachweis die Ausbildungsleistung im Handwerk beträchtlich sinken müßte. Auch die Handwerksgeschichte liefert keine Anhaltspunkte hierfür.

64 . Aus der verfassungsrechtlichen Diskussion lassen sich keine Argumente für die Beibehaltung des Großen Befähigungsnachweises gewinnen, eher trifft das Gegenteil zu. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner vielzitierten Entscheidung vom 17.7. 1961 den Großen Befähigungsnachweis nur für zulässig erklärt. nicht als geboten.

65 . Während der Nutzen des Großen Befähigungsnachweises zweifelhaft erscheint, sind die Kosten erheblich. An erster Stelle zu nennen sind dabei jene gesellschaftlichen Kosten, die sich aus der Beschränkung der Freiheitsrechte einer Vielzahl von Bürgern durch den Großen Befähigungsnachweis ergeben, weil er ihnen ein breites Spektrum selbständiger wirtschaftlicher Betätigung versperrt oder sie in die Illegalität der Schwarzarbeit drängt. Kosten fallen weiterhin durch hohe Preise oder geminderten Service infolge der Beschränkung des Wettbewerbs an. Kosten entstehen auch durch den Mangel an Flexibilität, der sich aus der viel zu langsamen Anpassung der berufsrechtlichen Handwerksabgrenzungen an den technischen Fortschritt und an die Veränderung von Verbraucherbedürfnissen ergibt. Kostenträchtig sind schließlich die Umgehungspraktiken sowie die vielen Prozesse, in denen darum gestritten wird, ob ein Handwerker die oft wenig klaren Grenzen seines Gewerbes überschritten hat.

66 . Die HWO schafft administrative Zutrittsschranken zum Markt für Handwerksleistungen, weil ohne den Großen Befähigungsnachweis niemand ein Handwerk als selbständiges Gewerbe ausüben darf. Als Barriere wirkt dabei schon die lange Ausbildungszeit bis zur Erlangung des Meistertitels: sie beträgt zwischen sechs und neun Jahren, einschließlich der zur Meisterprüfung nötigen Gesellenzeit. Abschreckend wirken auch die Anforderungen der Meisterprüfung, die teils erheblich über das reine Fachwissen hinausreichen. Betroffen von der Meisterprüfung als Zugangsschranke zum Markt für Handwerksleistungen sind viele :Gesellen und Facharbeiter, aber auch talentierte oder qualifizierte Erwerbslose empfinden sie als Hürde auf dem Weg zu besseren Erwerbschancen. Sie behindert unternehmerische und handwerkliche Naturtalente ebenso wie alle, die ihr Können in langjähriger Praxis erworben haben. Überflüssig erscheint der Große Befähigungsnachweis besonders im Fall von Industriemeistern, die aufgrund ihrer Tätigkeit sicher hinreichend qualifiziert sind, sich aber als selbständige Handwerker nur niederlassen dürfen, wenn sie innerhalb von zwei Jahren die Meisterprüfung nachholen.
Die Marktzutrittsbeschränkung durch den Großen Befähigungsnachweis führt zu Verzerrungen bei den Preisen und der Qualität von Handwerksleistungen. Da Konkurrenz durch Außenseiter nicht droht, setzen sich Kalkulationspraktiken und Servicequalitäten durch, die zum Vorteil der Anbieter, jedoch nicht im Interesse der Verbraucher sind. Der selbständige Handwerker darf nur in dem Handwerkszweig tätig werden, .....(durch Novelierung 1993) erledigt.
Wo der Zugang zum offiziellen Markt für Handwerksleistungen beschränkt wird, nehmen die Versuche zu die Regulierungen zu umgehen oder gar völlig zu mißachten. Es gibt viel handwerkliche Tätigkeit in der Schattenwirschaft. von der illegalen Handwerkertätigkeit einmal abgesehen, ist es heutzutage durchaus üblich, dort, wo ein Handwerksmeister als Inhaber oder Betriebsleiter erforderlich ist, Handwerker mit Meistertitel anzustellen, ohne daß diese im Betrieb immer präsent sind. Die hwo beschäftigt seit ihrem Bestehen immer wieder die Gerichte, weil die Bestimmungen zur Berufsausübung im Handwerk zu viele Interpretationsmöglichkeiten bieten. Weitere Streitigkeiten betreffen die sogenannte Ausnahmebewilligung für die Eintragung in die Handwerksrolle, bei der weder für den Laien noch für den Sachkundigen der Handwerksordnung objektive Kriterien erkennbar sind. Immer unsicherer wird auch die Grenzziehung zwischen dem Handwerk und der Industrie. Wiederholt hat es Vorstöße gegen, den sogenannten dynamischen Handwerksbegriff zu weiteren Beschränkungen der Gewerbefreiheit zu mißbrauchen, indem man strukturschwache Handwerkszweige durch die Einbeziehung aufstrebender, bislang nicht -handwerklicher Tätigkeiten neu zu beleben versuchte.

67 . Zwischen dem Handwerk in den alten und den neuen Bundesländern gab es mehr formale als materielle Gemeinsamkeiten. Auch in der ehemaligen DDR war die Meisterprüfung oder ein gleichgestellter Abschluß die formale fachliche Voraussetzung für die selbständige Ausübung eines Handwerks. Für die Berufszulassung und Berufsausübung wichtiger war allerdings die Gewerbeanmeldung, über die der Staat die Anzahl der privaten Handwerksbetriebe steuerte. Seit dem 1.7. 1990 gilt die HWO der Bundesrepublik auch in der ehemaligen DDR. Industriemeister werden in die Handwerksrolle eingetragen unter der Auflage, daß sie innerhalb von drei Jahren die Meisterprüfung ablegen. Anpassungsbedarf gibt es noch bei den Anlagen zur HWO.

68 . In der EG ist den Staatsangehörigen anderer EG-Staaten die Niederlassungsfreiheit verbürgt. Zur Ausführung dieses Grundsatzes hat die EG mehrere Richtlinien erlassen... Im deutschen Handwerksrecht wurden sie durch die VO Handwerk /EWG umgesetzt. Danach können Staatsangehörige aus anderen EG-Ländern in die Handwerksrolle eingetragen werden, wenn sie das betreffende Handwerk über mehrere Jahre im Ausland in leitender Position ausgeübt haben... Neben der Niederlassungsfreiheit gewährt der EWG-Vertrag in den Art. 59 ff. auch die Dienstleistungsfreiheit. Ihre Bedeutung ist in der Rechtsprechung des EuGH beträchtlich gesteigert worden. Dem neuen Verständnis der Dienstleistungsfreiheit wird das deutsche Handwerksrecht einschließlich der VO Handwerk EWG nicht mehr gerecht. Danach werden Beschränkungen im Aufnahmestaat nur noch durch das Allgemeinwohl gerechtfertigt. Die Eintragung in die Handwerksrolle kann, wenn überhaupt, so doch keineswegs für alle 125 Handwerksberufe unterschiedslos durch das Allgemeinwohl gefordert sein. Die Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit lockert den Zugang zum Handwerk für ausländische Handwerker. Sie wirft damit die Frage auf, ob die Einhaltung der Handwerksordnung für deutsche Gewerbetreibende eigentlich noch zumutbar ist. Die Diskriminierung von Inländern wirft sowohl in verfassungsrechtlicher wie in europarechtlicher Sicht schwierige Fragen auf. Anstöße zur Deregulierung des Handwerks sind am ehesten vom EuGH zu erwarten.

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