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BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Die Monopolkommission 1998 zur Meisterpflicht

Die Monopolkommission erstellt regelmäßig Gutachten für die Bundesregierung. In ihrem 12. Hauptgutachten vom Juli 1998 hat die Monopolkommission eine deutliche Lockerung des Meisterzwangs empfohlen. Im Folgenden die Passagen zur Handwerksordnung (Abschrift aus der Kurzfassung)

Marktöffnung umfassend verwirklichen

Zwölftes Hauptgutachten
Der
Monopolkommission
gemäß (section) 24b Abs. 5 Satz 1 GWB
1996/1997
eine kürzere Fassung

Veröffentlicht am 7.Juli 1998

Zur Deregulierung des Handwerks

10.* Das gegenwärtig gravierendste wirtschaftspolitische Problem in Deutschland ist die hohe Arbeitslosigkeit. Sie ist Folge einer strukturellen Fehlentwicklung, deren Ursachen vielfältig sind. Ein Ansatzpunkt, diese Fehlentwicklung zu überwinden, ist die Ausschöpfung von innovativem unternehmerischen Potential durch Neugründung von Unternehmen. Ein wesentlicher Beitrag zur Entfaltung von Marktkräften liegt in der Rücknahme staatlicher Regulierungen. Das trifft auch auf den stark regulierten Bereich des Handwerks zu. Aus dem internationalen Vergleich ergeben sich Anzeichen, daß die Gründungsdynamik in Deutschland vergleichsweise wenig ausgeprägt ist.

11.* Rechtliche Grundlage für die Zulassung zu einem Handwerk ist die Handwerksordnung. Der selbständige Betrieb eines Handwerksunternehmens ist nur einer natürlichen oder juristischen Person gestattet, die in die Handwerksrolle eingetragen ist; Voraussetzung dafür ist die bestandene Meisterprüfung im jeweiligen Handwerk. Diese berechtigt zugleich zur Lehrlingsausbildung. In begrenzten Ausnahmefällen kann ein Handwerksmeister in anderen Handwerken tätig werden, für die er nicht eingetragen ist. Weitere Ausnahmen betreffen eine Eintragung ohne abgelegte Meisterprüfung. Einzelne Arten von Handwerksbetrieben benötigen keine Eintragung.

Die Befürworter solcher Regulierung stützen sich im wesentlichen auf die Argumente der Qualitätssicherung von Handwerksleistungen (Verbraucherschutz), Abwehr ruinöser Konkurrenz (Bestandsschutz) sowie Anreizsetzung und Qualifikation für die Lehrlingsausbildung.

12.* Die hohe Regulierungsintensität des Handwerks, die in keinem anderen Staat der Europäischen Union erreicht wird, hat einen massiven Eingriff in individuelle Freiheitsrechte derjenigen zur Folge, die gehindert werden, selbständig ein Gewerbe auszuüben oder ihre betriebliche Tätigkeit in andere Handwerke auszudehnen. Es kommt zu weniger Neugründungen, gleichzeitig aber auch zu weniger umfassender Umstrukturierung von Handwerksbetrieben. Im Ergebnis bedeutet das weniger Arbeitsplätze. Die Argumente der Qualitätssicherung und der Herausbildung einer ruinösen Konkurrenzsituation sind nach Auffassung der Monopolkommission als Begründung für die bestehenden Marktzugangsbeschränkungen nicht aufrecht zu erhalten; die befürchtete Entwicklung ist weder theoretisch stichhaltig begründbar noch ist sie empirisch belegt. Dagegen ist es sinnvoll, den Meisterbrief als fachliche Voraussetzung für die Lehrlingsausbildung beizubehalten.

Die Handwerksregulierung hat darüber hinaus Fehlentwicklungen zur Folge. Im Vergleich zu konkurrierenden Anbietern aus dem Europäischen Ausland ergibt sich für das deutsche Handwerk ein Nachteil, weil Handwerker aus anderen EU-Mitgliedsstaaten keinen Meisterbrief benötigen. Das Preisniveau für handwerkliche Leistungen ist in Deutschland höher, als es sein müßte. Es kommt weitere zu fehlgerichteten Leistungsanreizen, welche eine Expansion der Schattenwirtschaft (Schwarzarbeit, Eigenarbeit/Selbstversorgung) begünstigen. Hinzu treten Einschränkungen der Flexibilität der Gewerbeausübung mit nachteiligen Auswirkungen auf Innovation und Anpassung an den Strukturwandel. Das Ergebnis der Fehlentwicklung zeigt sich in erheblichen negativen Beschäftigungseffekten.

13.* Die Novellierungen der Handwerksordnung in den Jahren 1994 und 1998 waren ohne greifbaren Erfolg. Sie haben lediglich eine begrenzte Insider - Liberalisierung hervorgebracht. Am Kern der Regulierung, der Meisterprüfung als Zulassungsvoraussetzung für die selbständige Ausübung eines Handwerks, hat sich dagegen nichts geändert.

14.* Im Ergebnis ist die für das Handwerk in Anspruch genommene Ausnahmesituation nicht begründbar. Vergleiche mit stärker wettbewerblich organisierten Wirtschaftsbereichen, aber auch ausländische Erfahrungen, legen vielmehr die Vermutung nahe, daß die Handwerksregulierung im Hinblick auf die anstehenden Ziele unverhältnismäßig ist und darüber hinaus Fehlentwicklungen generiert. Ein Abbau der Regulierung ist notwendig, um die Handwerksmärkte für Neugründungen zu öffnen und das vorhandene Wachstums- und Beschäftigungspotential zu nutzen.

15.* Die Monopolkommission empfiehlt die Abschaffung des Großen Befähigungsnachweises, der die Meisterqualifikation als Berechtigung zur Gewerbeausübung voraussetzt. Die Meisterprüfung kann aber freiwillig abgelegt werden; nur für die Lehrlingsausbildung sollte sie zwingend vorgeschrieben sein.

Für das sog. Gefahrenhandwerk könnten ergänzende Vorschriften zur Gefahrenabwehr vorgesehen werden. Die Monopolkommission hält dies jedoch nicht für zwingend erforderlich, da die allgemeine Gewerbeaufsicht, das gegenwärtig Haftungsrecht und bestehende präventive Schutzvorschriften als Verbraucherschutz ausreichen.

Die Meisterprüfung sollte in jedem Falle als Ergebnis abgestufter Qualifikationsschritte organisiert werden. Weiterhin sollte die Abgrenzung der Berufsbilder gelockert werden, damit in stärkeren Maße Leistungen aus einer Hand angeboten werden können. Gleichzeitig könnte die Liste verwandter Handwerke erweitert werden, um das Angebot des einzelnen Handwerksunternehmens flexibler und umfangreicher zu gestalten.

16.* Ausländische Erfahrungen belegen, daß auch ein noch stärkerer Einschnitt in die Regulierungsdichte möglich wäre: Zur Verwirklichung echter Gewerbefreiheit wäre demnach (im Rahmen der fortgeltenden Gewerbeordnung) der Marktzutritt ohne handwerksspezifische Einschränkungen jedem Interessenten möglich.

17.* Am Beispiel der Handwerksregulierung wird deutlich, daß sich innerhalb der Wirtschaftspolitik die Problemlösungskapazität des Wettbewerbs nicht hinreichend niederschlägt. Dies mag auf Erkenntnislücken beruhen oder fehlende ordnungspolitische Durchsetzungsfähigkeit reflektieren. Die absehbare Entwicklung, insbesondere die Ost- Erweiterung der Europäischen Union, wird die wirtschaftliche Situation des Handwerksstandortes Deutschland (weiter) verschlechtern. Die gegenwärtigen Bedingungen verhindern das Entstehen eines wachstumsfördernden Innovationsklimas: Neue gewerbliche Initiativen werden behindert; damit wird zugleich kreatives unternehmerisches Potential unterdrückt, das sich positiv auf das Angebot im volkswirtschaftlich wichtigen Dienstleistungssektor auswirken könnte. Die Politik ist aufgefordert, den wirtschaftlichen Ordnungsrahmen für eine freie, selbständige Gewerbetätigkeit antizipierend zu gestalten, und das Handwerk selbst sollte die Deregulierung mehr als Chance denn als Bedrohung begreifen.

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