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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Unzulässige Mitgliedschaft der Kammern im ZDH


FREIBRIEF 1/2009, S. 24

Kammern und Innungen haben vom Gesetzgeber die Wahrnehmung wichtiger öffentlicher Aufgaben, wie das Meisterprüfungswesen, übertragen bekommen. Nichts anderes drückt sich in ihrem Status als Körperschaften öffentlichen Rechts aus.

Dass die Geschichte der Kammern und Innungen gerade auch eine des Missbrauchs dieser privilegierten Stellung ist, wird von der Politik geflissentlich übersehen. In Peter Johns Beitrag geht es primär um die ungleiche Interessenvertretung der Unselbstständigen im Handwerk. Dass auch wir als Selbständige in den Standesvertretungen des Handwerks nicht vertreten werden, obwohl wir oftmals Zwangsmitglied sind, wissen FreibriefleserInnen schon lange.

Immer wieder zeigt John auf, dass sich die Handwerkskammern und Innungen über ihren gesetzlichen Auftrag als Körperschaften des Öffentlichen Rechts hinweg setzen und sich als Interessenvertretung der privilegierten Mitglieder ihrer Organisation verstehen.

Detlev Perner, Sekretariatsleiter Hand werk beim DGB schreibt hierzu:

„Die Vertretung der Interessen der Unselbstständigen auch durch Selbstständige, ist weder durch das Gesetz gedeckt, noch wäre eine solche gesetzliche Regelung mit dem Kooperationsgedanken der Handwerksordnung in Einklang zu bringen.“ Viele der bei John aufgeführten Beispiele sind zwar aus dem letzten Jahrhundert, haben aber nicht an Aktualität eingebüßt. Handwerkspolitik ist weiterhin pure Lobbyarbeit geblieben. Sie war und ist bestrebt, zünftige Wirtschaftspolitik mit allen Mitteln durchzusetzen, seien sie nun unzulässig, illegitim oder gar verboten. Auch die Mitgliedschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in einem privatrechtlich organisierten Unternehmerspitzenverband, sowie dessen Finanzierung stehen nicht im Einklang mit dem Gedanken der Kooperation. Das geht auch aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervor (BverwG 5 C 5679 o.O. 1981 S. 11).

So verurteilte der dortige 5. Senat im Dezember 1981 eine beklagte öffentlich-rechtliche Ärztekammer, künftig Stellungnahmen, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs liegen, zu unterlassen und sich der Wahrnehmung und Unterstützung von Aufgaben, die nicht in ihrem Aufgabenbereich liegen, zu enthalten. Dies berührt nicht zuletzt auch die Mitgliedschaft der verurteilten Ärztekammer in der privatrechtlich organisierten Bundesärztekammer, deren Politik sie mitfinanziert.

Schon über Jahrhunderte ringen Vertreter der Handwerksunternehmer um den Ausschluss der ebenfalls dem Handwerk zugehörigen Arbeitnehmer aus den Selbstverwaltungsorganen des Handwerks. Was den Bereich der Berufsausbildung betrifft, so lassen die Spitzenorganisationen der Betriebsinhaber im Handwerk keine Gelegenheit ungenützt, gegenüber dem Gesetzgeber und der breiten Öffentlichkeit die großartigen Leistungen „der Handwerksmeister“ auf diesem Gebiet herauszustellen. Für sie erweist sich das Ausbildungsmonopol als brauchbares Mittel, um vom Gesetzgeber mit besonderem Wohlwollen und Fürsorgemaßnahmen bedacht zu werden.

Es dient aber auch als wirksames Mittel, um unliebsame Gesetzesvorhaben zu Fall zu bringen. In der letzten Phase der Beratungen zur Novellierung des Handwerksrechtes wurde der Politik massiv mit der Ausbildungsleistung des verkammerten Handwerks „gedroht“. Ohne diese lobbyistische Einflussnahme unterlägen heute nur noch 29 statt 41 Berufe der Meisterpflicht. Sehr viel diskreter ist die Öffentlichkeitsarbeit des ZDH, wenn es um Darstellung der Erfolge im Bereich der staatlichen Wirtschaftsförderung und derhierfür errungenen öffentlichen Finanzmittel geht. Jährlich erhält „das Handwerk“ staatliche Zuschüsse in Milliardenhöhe. Allein die Kammern und Innungen erhielten im Jahre 1980 z. B. über eine halbe Milliarde für den Bau und die Unterhaltung von überbetrieblichen Aus- und Fortbildungsstätten, für Maßnahmen zur Unternehmensberatung, für Unternehmensführungsseminare, Forschung und Innovation, Absatzsteigerung, Messen und Ausstellungen und vieles mehr. Daher ist die Gewerbeförderung so ein beliebtes Betätgungsfeld der Kammern. Sie lassen nichts unversucht, um staatliche Wirtschaftsförderung zur Unternehmerförderung zu missbrauchen.

Was man sich mitunter die Verhinderung der Mitbestimmung der Arbeitnehmerkosten lässt, belegt ein Fall aus der Handwerkskammer Hannover. Dort verzichtete die Arbeitgeberseite mit ihrer Stimmenmehrheit in der Vollversammlung auf einen staatlichen Zuschuss zur Errichtung einer überbetrieblichen A u s b i l d u n g s s t ä t t e i n Höhe von ca. 2 Millionen.

Warum?

Weil dieser Zuschuss gemäß der vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft herausgegebenen „Richtlinien zur Förderung von überbetrieblichen Ausbildungsstätten“ an die Bildung eines sogenannten 1.3.3. Ausschusses gebunden war, in dem die Arbeitnehmer paritätisch vertreten sind. Dass man auch in der Grauzone des rechtlich noch zulässigen operiert, um den Zünften die Herausbildung eigener wirtschaftspolitischer Kompetenzen wieder zu ermöglichen, beweisen zahlreiche Wirtschaftsbeteiligungen und unternehmerische Aktivitäten der Handwerkskammern. So war beispielsweise die Handwerkskammer Düsseldorf an der „Handwerksbau Niederrhein - Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft“, sowie an der „Düsseldorfer Messegesellschaft mbH – NOWEA“ beteiligt.

Die Handwerkskammer für Oberbayern hielt Beteiligungen an der „ODAV - Terminal GmbH Gesellschaft für Unternehmensführung, Wirtschaftsinformatik und angewandte Datenverarbeitung“, an der „Münchener Messe und Ausstellungsgesellschaft“, an der „WiST Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mbH“, sowie an der „Gesellschaft für Handwerksausstellungen und Messen mbH“ München.

Während man die Beteiligungen der Kammern an Messegesellschaften noch als eine legitime Betätigung im Rahmen der Gewerbeförderung sehen kann, fällt dem kritischen Betrachter ein solches Verständnis nicht mehr so leicht, bei den Beteiligungen an Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaften oder an Wohnungsbaugesellschaften. Betrachten wir hierbei die seit Mitte der 60er Jahre bei mehreren Handwerkskammern gegründeten Generalunternehmen mit Bezeichnungen wie „Handwerksbau“. Diese Wirtschaftsunternehmen wurden von Kammern konzipiert und in Zusammenarbeit mit einigen Innungsverbänden und dem Handwerk nahe steheden Versicherungen, Banken und Sparkassen gegründet.

Zweck dieser Unternehmen ist die Übernahme und Abwicklung von Großaufträgen, mit deren Ausführung dann größtenteils örtliche Handwerksunternehmen beauftragt werden. Da die Kalkulation und die gesamte kaufmännische Abwicklung im Regelfall beim Generalunternehmen à la „Handwerksbau“ verbleibt, lässt sich hierdurch die mit der Zünftezeit verloren gegangene Preisfestsetzungsfunktion und die Funktion der zentralen Auftragsvergabe wenigstens teilweise wieder herstellen.

Das heißt, dass die Handwerkskammern und Innungsverbände in ihrer Eigenschaft als Hauptgesellschafter dieser Generalunternehmen einen Teil der reglementierenden wirtschaftspolitischen Funktion alter Zunftzeit ausüben. Zur rechtspolitischen Problematik der Beteiligung von Handwerkskammern an Unternehmen von der Art der „Handwerksbau“ gibt ein ergangenes Urteil des OVG Rheinland Pfalz gegen die HWK Kaiserslautern Auskunft. Es untersagt der Kammer, weiterhin Gesellschafter der „Handwerksbau Rheinland-Pfalz, einem Generalunternehmen für schlüsselfertiges bauen GmbH, zu bleiben.

Diese GmbH ist nämlich ein Zusammenschluss aus den Handwerkskammern Koblenz, Trier, Kaiserslautern und Mainz, zusammen mit den, dem Handwerk neuerdings nahe stehenden Sparkassen, Versicherungen und Volksbanken. Voraus ging die Klage eines ebenfalls mit schlüsselfertigem Bau befassten Bauunternehmers, der als Pflichtzugehöriger der Handwerkskammer Kaiserslautern nicht einsehen konnte, dass er mit seinen Pflichtbeiträgen von jährlich 3600,- DM seine eigene Konkurrenz finanzieren sollte. Das Oberverwaltungsgericht gab ihm Recht. In seinem Urteil (AZ: 2 A 151/79) erklärte es die Beteiligung der Kammer an der „Handwerksbau Rheinland-Pfalz“ für rechtswidrig, und es stellt darin generell fest:

Den Kammern ist eine eigene wirtschaftliche Betätigung nicht erlaubt. Sie dürfen ein wirtschaftliches Unternehmen weder selbst noch mit Hilfe einer Beteiligung betreiben“

Abgeschrieben und zusammengefasst aus: Peter John, Handwerkskammern im Zwielicht. 700 Jahre Unternehmer-Interessen im Gewande der Zunftidylle. Köln-Frankfurt. 1979


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