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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Meisterzwang abschaffen, Existenzgründungen fördern, Arbeitsplätze schaffen

Stellungnahme zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Bremischen Bürgerschaft "Meisterzwang abschaffen, Existenzgründungen fördern, Arbeitsplätze schaffen" (Drucksache 15/1137)

Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker BUH e.V. begrüßt den Vorstoß der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Meisterzwang abzuschaffen.

Der BUH erwartet nach Abschaffung des Meisterzwangs eine Gründungswelle mit positiver Auswirkung auf den Arbeitsmarkt. Die OECD beklagt seit Jahren, daß in Deutschland die Selbständigenquote zu gering sei. Sie sagt, in Deutschland brauche man entsprechende Rahmenbedingungen, dann könne man 500.000 neue Selbständige bekommen. Nach Schätzung von Professor Hellwig, dem Vorsitzenden der Monopolkommission, könnten bei Abschaffung des Meisterzwangs 1.000.000 (eine Million !) Arbeitsplätze neu entstehen (siehe).

In zahlreichen wissenschaftlichen Studie wurde immer wieder belegt, daß der Meisterzwang in erheblichem Umfang der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland schadet und die Abschaffung des Meisterzwangs zu einer erheblichen Zahl von neuen Arbeitsplätze führen würde.

Der Meisterzwang taugt nicht als Qualitätsgarantie oder als Verbraucherschutz. Für sicherheitsrelevante Tätigkeiten und die Gesundheitshandwerke bestehen außerhalb der HwO Regelungen, die dem Verbraucherschutz dienen und - soweit notwendig - die Qualität sicherstellen.

Die niedrigere Insolvenzquote im Handwerk resultiert aus dem Konkurrenzschutz durch den Meisterzwang. Für die Behauptung, die erzwungene Weiterbildung oder sogar nur die Meisterprüfung würde die niedrigere Insolvenzquote sicherstellen gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg, wohl aber diverse wissenschaftlichen Beleg dafür, daß die niedrigere Insolvenzquote folge der Marktabschottung ist.

Die Ausbildungsleistung des Handwerks ist im Wesentlichen einerseits folge der deutlich niedrigeren Ausbildungskosten im Handwerk, als in anderen Bereichen der Wirtschaft andererseits folge des großen Interesses an billigen Hilfskräften insbesondere in der Bauwirtschaft. Außerdem gäbe es wesentlich Ziel genauere Möglichkeiten die Ausbildungsleistung von Arbeitgebern zu steuern - z.B. ein Ausbildungsplatzabgabe. Die Ausbildung im Handwerk sollte nach dem seit dreißig Jahren bewährten System des Berufsbildungsgesetzes geregelt werden. Als Voraussetzungen für die Berechtigung zur Lehrlingsausbildung reichen dort Fachkenntnisse auf Facharbeiterniveau in Verbindung mit der (nach nur einer Woche Vollzeit-Ausbildung ablegbaren) Ausbildereignungsprüfung (§ 20 f i.V.m. §  6 BBiG). Es könnte erwogen werden, von Betrieben ab einer gewissen Größe (z. B. fünf Mitarbeiter) zu verlangen, daß mindestens ein Mitarbeiter die Ausbildungsberechtigung nach dem Berufsbildungsgesetz besitzt. Man könnte erfolgreiche Betrieben auch ein "Lehrgeld" bezahlen (das durch eine Umlage zu finanzieren wäre) und Berufsausbildung so zu einer Einträglichen Dienstleistung werden lassen. Es gibt viele Möglichkeiten ohne Meisterzwang das System der Dualen Berufsausbildung zu stärken.

Die Behauptung, Gesellen müßten den Meisterbrief machen um nicht wegen mangelnder betriebswirtschaftlicher Kenntnisse als Selbständige zu scheitern ist im Grunde eine Beleidigung für alle Gesellen. In der gesamten restlichen Wirtschaft wird Unternehmern zugetraut, daß sie selber entscheiden können, in welchem Umfang sie sich zusätzliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse aneignen. Eines Zwanges dazu bedarf es weder dort noch im Handwerk. Für den Fall des Einzelhandels ist ein solcher Zwang sogar vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 34, 71) ausdrücklich für verfassungswidrig erklärt worden. Im übrigen macht die Betriebswirtschaftliche Ausbildung nur einen kleinen Teile der gesamten Meisterausbildung aus.

Der Meisterzwang konstituiert eine Inländerdiskriminierung, weil Bewerber mit Erfahrungen aus anderen EU-Staaten ohne sachliche Begründung einen erheblich leichteren Marktzugang haben.

Der Meisterzwang in seiner heutigen Form verstößt gegen EU-Recht, weil entgegen der stand-still-Klausel des EG-Vertrags (Artikel 62 EWG-Vertrag, alte Fassung) die Marktzugangsbeschränkungen der HwO in mehreren Schritten seit 1957 verschärft wurden.

Der Meisterzwang schränkt die freie Berufsausübung unverhältnismäßig und unnötig ein und ist schon deswegen verfassungswidrig.

Eine Änderung von § 7 HwO könnte zwar den Meisterzwang aufheben, würde aber die Abgrenzungsstreitigkeiten, ob und wann ein Betrieb in die Handwerksrolle einzutragen ist, nicht heilen. Um an dieser Seite Rechtsfrieden zu schaffen, sollte die Notwendigkeit der Eintragung in die Handwerksrolle aufgehoben werden. D. h. der § 1 HwO sollte entsprechen geändert werden.

Der Meisterzwang ist ökonomisch schädlich und juristisch äußerst fragwürdig. Es ist höchste Zeit, allen Menschen die Arbeiten wollen, dies auch zu erlauben.

Sofern eine Bundesratsinitiative keinen schnellen Erfolg bringt, sollte der Senat aufgefordert werden in einem Organstreitverfahren die Verfassungsmäßigkeit des Meisterzwangs vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen.

Im Einzelnen

Die Wissenschaft zum Meisterzwang

Zahlreiche Wissenschaftliche Studien bestätigen die negative Wirkung des Meisterzwangs auf Beschäftigung, Service und Preise für den Verbraucher. Im Anhang ist eine Sammlung von Zitaten aus Wissenschaftlichen Gutachten enthalten, die allesamt aus unterschiedlichen Gründen die Abschaffung des Meisterzwangs empfehlen. Auf unserer Homepage unter finden sich für viele dieser Zitate Links zu den entsprechenden Studien.

Einzig die Studie "Der Große Befähigungsnachweis im deutschen Handwerk" vom RWI-Essen kam 1999 - offensichtlich als Reaktion auf das Zwölfte Hauptgutachten der Monopolkommission - zu dem Schluß, dass der Meisterzwang "Vorteile beinhalte" (mehr aber auch nicht!). Zu beachten ist hier jedoch : Das Handwerk vergibt an das RWI-Essen seit längerem in erheblichem Umfang Forschungsaufträge. Deswegen kann dieses Gutachten des RWI-Essen nicht als unabhängiges Gutachten gewertet werden. Es handelt sich vielmehr - wie auch seine Vereinzelung unter den vielen wissenschaftlichen Stellungnahmen über Jahrzehnte hinweg deutlich macht - um eine bezahlte Partei-Stellungnahme, bestenfalls um ein "Gefälligkeits-Attest".

Dieses Gutachten ist auch inhaltlich äußerst fragwürdig. Z.B. betrachtet die RWI-Studie ausgiebig das Verhältnis von abgelegten Meisterprüfungen zu bestehenden Betrieben. Aus der Tatsache, daß diese Verhältnis von 4,1% in 1949 auf 5,8% in 1997 gestiegen ist, wird geschlossen, daß ausreichend Betriebsgründungen im Handwerk möglich seien. Ignoriert wird die einfach Tatsache, daß dieses Verhältnis nur deswegen gestiegen ist, weil die Zahl der Betriebe zum Schaden für den Arbeitsmarkt und die Verbraucher so stark abgenommen hat. Auch die Anzahl der abgelegten Meisterprüfungen ist gesunken. Seit 1949 ist die Anzahl der Vollhandwerksbetriebe von 951.886 auf 546.695 in 1997 gesunken. Dieser Verlust an Handwerksbetrieben ist um so erstaunlicher, weil typischerweise im Verlauf der Entwicklung einer Volkswirtschaft der Dienstleistungssektor - zu dem das Handwerk zum großen Teil gehört - stärker wächst als die übrigen Teile der Volkswirtschaft.

Qualität - Verbraucherschutz

In ihrer Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2176/98 hat die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AgV) ausgeführt:

"Die AgV teilt die Auffassung des Beschwerdeführers, dass das Erfordernis der Meisterprüfung bzw. des Großen Befähigungsnachweises für das selbständige Führen eines Handwerksbetriebs weder aus Gründen der Qualitätssicherung und damit des Verbraucherschutzes notwendig ist, noch einer wettbewerbsbegünstigenden Angebotsentwicklung dienlich ist. Die derzeitigen Regelungen lassen auf die Auffassung des Gesetzgebers schließen, dass die Gesellenausbildung in Deutschland nicht hinreichend sei, um den Kunden ausreichend qualitätsgerechte Handwerksleistungen anzubieten. Dies vermögen wir nicht nachzuvollziehen. Unseres Erachtens werden damit überspannte Anforderungen aufgestellt. In der Praxis sind es ohnehin gerade die Gesellen, die die handwerklichen Arbeiten verrichten, während sich die Meister häufig auf verwaltende Tätigkeiten beschränken".

Für die Bereiche, die sicherheitsrelevant sind, werden die Verbraucher bereits durch andere Gesetze geschützt, z.B. :

Viele wirtschaftswissenschaftliche Studien von renommierten Stellen (Monopolkommission, Deregulierungs-kommission, DIW, IfW, IWH, Ifo, Sachverständigenrat) erwarten besseren Service und niedrigere Preise bei Abschaffung des Meisterzwangs. Die Qualität wird durch den Wettbewerb und bei Nichterfüllung von Qualitätsanforderungen von Gerichten durchgesetzt. Auch bei Meisterbetrieben werden dafür häufig die Gerichte bemüht.

Der Verbraucher muß entscheiden dürfen, welchen Qualitätsstandard er haben möchte. Nur weil es Spitzenprodukte der Automobilindustrie mit besten Leistungen und höchster Sicherheit gibt darf man noch nicht die Benutzung von Wagen der Mittel- und Kleinwagen-Klassen verbieten und alle Leute zwingen, die großen Daimler oder BMW zu fahren. Für viele Menschen würde dies bedeuten, dass sie zu Fuß gehen müssen, weil sie sich solche Autos nicht leisten können. Man muss auch Golf oder Trabi fahren dürfen - d.h. für den Bereich handwerklicher Leistungen : sich mit Arbeit auf Gesellen-Niveau oder nach "do-it-yourself-Art" zufrieden geben können.

Interssant ist im übrigen:
Nach einer Untersuchung von 1997 der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung beurteilten in einer bundesweiten Umfrage fast 30 Prozent der Befragten die Qualität der Arbeit von illegal Beschäftigten besser als die von offiziell beauftragten Handwerkern. Fast die Hälfte meinte, dass Schwarzarbeiter ihre Aufträge schneller erledigten. - Die "illegal Beschäftigten" sind häufig die Gesellen, die Ihr Gewerbe nicht anmelden dürfen.

Insolvenzen im Handwerk

Die Behauptung, daß der Meisterzwang für die höhere Unternehmenskontinuität im Handwerk verantwortlich ist, ist in zweifacher Hinsicht falsch. Bei der gegenwärtigen Rechtslage ist die Wettbewerbsintensität wegen der Marktzugangsbeschränkungen geringer als sonst in der Wirtschaft. Außerdem werden Äpfel mit Birnen verglichen. Besonders hohe Insolvenzquoten gibt es z.B. bei Solarstudiobetreibern, Kioskbetreibern oder Videotheken, also in Bereichen, die ohne jegliche Vorbildung betrieben werden. Diese Bereiche treiben die Insolvenzstatistiken in die Höhe. Daß es in diesen Bereichen hohe Insolvenzquoten gibt, kann nicht als Begründung dafür heran--gezogen werden, Gesellen mit jahrelanger oder gar jahrzehntelanger Berufserfahrung von der Selbständigkeit auszuschließen.

Bei einer Literaturanalyse des Institutes für Mittelstandsökonomie an der Universität Trier e.V. war das Hauptergebnis, daß eine kausaler Zusammenhang zwischen den Kenntnissen und Fähigkeiten, die bei der Meisterausbildung vermittelt bzw. erworben werden, und der im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen niedrigeren Insolvenzquote im Handwerk nicht belegt ist.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, daß sich die Insolvenzquote von jungen Handwerksunternehmen nicht von der der Gesamtwirtschaft abhebt.

Somit führt der Meisterbrief zu keiner niedrigeren Insolvenzquote bei Betrieben in der kritischen Aufbauphase. Eine niedrigere Insolvenzquote von Altbetrieben kann schwerlich auf eine angeblich bessere Ausbildung zurückgeführt werden. Dies hängt vielmehr mit der geringeren Wettbewerbsintensität zusammen.

Von vielen Mitgliedern wissen wir, daß deren Betriebe durch behördliche Betriebsschließungen oder durch gezielte Rufschädigung durch Ordnungsbehörden, aber nicht durch Insolvenzen wegen Mißwirtschaft gefährdet sind.

Eine ganze Reihe von Wissenschaftlichen Studien widerlegen das Argument, daß ohne den Meisterzwangs eine ruinöse Konkurrenz diesen Wirtschaftsbereich schädigen würde. (Siehe Anlage)

Ausbildungsleistung des Handwerks

Seit Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes 1969, seit mehr als dreißig Jahren, werden alle Lehrlinge in allen Wirtschaftszweigen einheitlich nach den inhaltlich gleichen Vorschriften ausgebildet und erreichen gleichwertiges Gesellen-(Facharbeiter-) Niveau :

Gerade auch die Diskussion um den Meisterzwang für den Trockenbau hat ergeben, dass im meisterfreien Trockenbau auch ohne Meisterzwang auf hohem Niveau ausgebildet wurde. MdB Christian Lange hat in der Bundestagsdebatte am 25.02.2000 ausgeführt:

"Das Ausbildungsniveau des deutschen Trockenbaus, das auch auf die Ausbildungsleistung industrieller Trockenbauer zurückzuführen ist, ist anerkanntermaßen hoch. Dies wird durch die jeweiligen Richtzeiten für die Lehre trockenbauspezifischer Arbeiten bestätigt. Daraus folgt auch, dass der Trockenbaumonteur als praxisrelevanter, berufsspezifischer Bildungsweg neben dem Handwerk gelten kann".

Für die Ausbildungsleistung des Handwerks bedarf es also nicht des Meisterzwangs, sondern nur der bewährten Regelungen des Berufsbildungsgesetzes !

Weiter stellt sich die Frage, ob die Ausbildungsberechtigung mit der Berechtigung einen Betrieb zu führen gekoppelt werden muß.

Dahinter steht die Vorstellung, dass ohne diese Koppelung zu viele Betriebe entstehen würden, bei denen der Betriebsleiter nicht ausbilden dürfe und die deswegen auch nicht ausbilden. Auch dem könnte begegnet werden, indem - ab einer gewissen Betriebsgröße - vorgeschrieben würde, dass ein Mitarbeiter die Berechtigung zum Ausbilden haben muß - nicht notwendigerweise der Betriebsleiter. Allerdings ist auch diese Regelung abzulehnen, denn auch in Industrie und Handel wird die Berufsfreiheit nicht durch derartige Regelungen beschränkt; sie würden eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen.

Grund für die relativ hohe Ausbildungsbereitschaft im Handwerk sind die im Vergleich zu Industrie und Handel deutlich niedrigeren Kosten der Ausbildung (noch genauer : vor allem der größere Nutzen, den die Handwerksbetriebe von der Arbeitskraft der Auszubildenden haben). Im Handwerk verbleiben bei der Teilkostenrechnung nur Nettokosten von durchschnittlich DM 400,- pro Jahr und Ausbildungsplatz. Die Nettoteilkosten der Ausbildung sind damit im Handwerk wesentlich geringer als in dem Kammerbereich Industrie und Handel. Dort liegen die Nettokosten bei DM 9.193,- (vgl. Richard von Bardeleben, 1994, Kosten und Nutzen der betrieblichen Berufsausbildung, in Bildung Wirtschaft Praxis 23 (3): 3-11). Weiterhin stellt die Studie heraus, dass die Ausbildung in kleineren Betrieben generell im Durchschnitt mit niedrigeren Nettokosten verbunden ist als in größeren Betrieben.

Dieser Kostenunterschied ist der Grund für die unterschiedliche Ausbildungsbereitschaft unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche und nicht etwa der Meisterzwang. Deswegen bedarf es nicht des Meisterzwangs um die Ausbildungsbereitschaft des Handwerks zu erhalten !

Ausbildungsplatzabgabe

Obwohl alle Tatsachen dagegen sprechen, dass der Meisterzwang überhaupt notwendig ist, um die Ausbildungsleistung des Handwerks zu erhalten, ist der Meisterzwang bei weitem nicht das mildeste Mittel um die Ausbildungsleistung der Wirtschaft zu steigern. Mit einer Ausbildungsplatzabgabe könnte der Gesetzgeber eine Instrument schaffen, mit dem die Ausbildungsbereitschaft nicht nur des Handwerks, sondern aller Unternehmen gesteigert werden könnte. Eine Ausbildungsplatzabgabe wäre ein weit milderes Mittel zur Förderung eines Gemeinschaftsinteresses. Tatsächlich hatte der Gesetzgeber sie auch schon im Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 7. September 1976 (BGBl. I S. 2658) vorgesehen. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu - 2 BvF 3/77 - wurde dieses Gesetz aber wieder aufgehoben, weil das Gesetz nicht mit Zustimmung des Bundesrates verabschiedet wurde; diese wäre aber in jenem Falle notwendig gewesen.

Auch in den letzten Jahren wurde immer wieder - insbesondere von Gewerkschaften - eine Ausbildungsplatzabgabe zur Stärkung der Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft gefordert. In der Stellungnahme des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung zum Entwurf des Berufsbildungsberichtes 1999 der Bundesministerin für Bildung und Forschung wurde diese Forderung ebenfalls wie folgt erhoben:

"Da die Wirtschaft und der öffentliche Dienst den zukünftigen Herausforderungen beim Ausbildungsstellenangebot nicht gerecht werden und kein ausreichendes und auswahlfähiges Angebot zur Verfügung stellen, muß mit der bundesweiten Einführung der Ausbildungsplatzabgabe politisch gehandelt werden. Dies käme den Vorstellungen von 55 Prozent der mittelständischen Unternehmen nach, die laut vom BIBB durchgeführter Erhebung im Jahre 1998, einen finanziellen Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Unternehmen für wichtig halten".

Nicht ein Meisterzwang für Industrie und Handel, sondern ein milderes und wirkungsvolleres Mittel - die Ausbildungsplatzabgabe - wird zur Steigerung der Ausbildungsleistung von den Experten gefordert !

Angeblich fehlende betriebswirtschaftliche Ausbildung von Gesellen

In Industrie und Handel werden keine Befähigungsnachweise für betriebswirtschaftliche Kenntnisse gefordert. Die tatsächlichen Anforderungen an die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse dürften in Industrie und Handel in der Regel sogar höher sein als im Handwerk. Deswegen läßt sich diese Ungleichbehandlung von Gesellen oder allgemein Handwerkern gegenüber Existenzgründern anderer Wirtschaftsbereiche durch nichts rechtfertigen.

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage nach der Qualität der betriebswirtschaftlichen Ausbildung während der Meisterausbildung. Die Zeitschrift "Handwerk" berichtete in ihrer Ausgabe Nr. 3 März 2002 über eine Studie der Handwerkskammern Dortmund, Düsseldorf und Münster über die Meisterausbildung.
In dem Bericht heißt es:

"Ein besonderes Problem bei der Meisterausbildung ist, dass die ganze wirtschaftliche Seite ausgeschlossen bleibt. Auf die Selbständigkeit sei man da natürlich schlecht vorbereitet. Hauptpunkt der Kritik am kaufmännischen Teil der Ausbildung ist denn auch die eingeschränkte Anwendbarkeit für die Praxis: moderne Entwicklungen in der Ökonomie und Betriebsführung fänden keine Berücksichtigung, das Gleiche gelte für die Arbeitsteilung zwischen Unternehmer und Steuerberater oder Behörden, die EDV-Ausbildung sei nicht zeitgemäß. Zusammenfassend gesagt: Konkrete Angaben zur Betriebsgründung fehlen. ...
Ein anderer gravierender Mangel: das Verkaufen kommt zu kurz. Es fehlten Grundkenntnisse in betrieblichem Marketing, und auch die heutzutage stetig an Bedeutung gewinnenden Themen Öffentlichkeitsarbeit, Selbstdarstellung und Rhetorik bleiben außen vor."

Es mag sich allerdings anbieten in die Ausbildungspläne für die Gesellenausbildung in Zukunft betriebswirtschaftliche Inhalte aufzunehmen bzw. weiter zu vertiefen.

Tatsächlich mangelndes Eigenkapital von Handwerksunternehmen

Es ist allgemein bekannt, daß für viele Unternehmen im handwerklichen Umfeld das Eigenkapital eine sehr knappe Ressource ist.

In einer Meisterbefragung der Handwerkskammer Koblenz - veröffentlicht im April 2000 - wurde auch gefragt, warum sich Jungmeister nicht selbständig machen. Dazu heißt es in der Veröffentlichung:

"Verzicht auf Selbständigkeit
Der in der Vergangenheit meist genannte Grund, sich nicht selbständig zu machen, war das Fehlen einer angemessenen Eigenkapitalbasis. Diesem Argument messen die Jungmeister des Jahrganges 1998/1999, die kein Interesse an einer Existenzgründung zeigen, auch eine entscheidende Rolle bei. 44 Prozent der Meisterprüflinge führen ihr Verbleiben in einer unselbständigen Tätigkeit auf ein zu geringes Eigenkapital zurück.

Bei Kosten von 20.000,- bis 50.000 Euro für den Meisterbrief (Meisterausbildung, Prüfungsgebühren, Fahrt und/oder Unterbringungskosten, Verdienstausfall während der Weiterbildung) entzieht der Erwerb des Meisterbriefs potentiellen Existenzgründern Eigenkapital, das dann zur Existenzgründung fehlt. Unternehmer, die selbständig handeln müssen, sollte der Staat auch zugestehen, daß sie selber darüber entscheiden, wofür sie ihr vorhandenes Kapital investieren. Möglicherweise wollen diese Existenzgründer auch in Weiterbildung investieren, aber eben nicht in die Weiterbildung im Rahmen der Meisterausbildung, sondern in andere Spezialkenntnisse oder in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter und nicht im durch den Meisterzwang vorgeschriebenen Umfang in die eigene Weiterbildung. Dies muß, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken den angehenden Unternehmern überlassen bleiben.

Der Markt erfordert heute z.T. einen anderen Aus- und Weiterbildungsmix als in den Meisterkursen angeboten.

Europarechtliche Aspekte des Meisterzwangs

Der Meisterzwang in seiner heutigen Form verstößt eindeutig gegen EU-Recht.

Inzwischen greifen Rechtsvorgänge im Bereich der europäischen Union tief in das bundesdeutsche Wirtschaftsrecht ein, was allein deshalb logisch ist, da die EU ja gegründet wurde und es Kernpunkt sämtlicher EU-Verträge ist, innerhalb der europäischen Union den Wirtschaftsmarkt zu liberalisieren und europaeinheitliche Lebens- und Wirtschaftsbedingungen, insbesondere im Dienstleistungsbereich (hierzu gehört nach EU-Verständnis auch der Werkleistungsbereich) zu schaffen. Dies wird in Deutschland regelmäßig negiert.

Am 25. März 1957 verabschiedeten die damaligen Vertragsparteien (einschl. die Bundesrepublik Deutschland) den "Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft". In der damaligen Fassung war bereits das Ziel in der Präambel festgeschrieben worden, vorhandene Schranken im wirtschaftlichen Verkehr abzubauen, damit ein unbeschränkter Austausch von Waren und Dienstleistungen erfolgen kann. In den Artikeln 62 und 64 des Vertrags wurde ausdrücklich klargestellt, dass die Vertragspartner keine neuen Beschränkungen im freien Dienstleistungsverkehr vornehmen und daß die bis zum Jahre 1957 erlangte Freiheit des Dienstleistungsverkehrs nicht weiter beschränkt werden darf (das sog. "stand-still-Abkommen"). Die Handwerksordnungs-Novellen der Jahre 1965, 1994 und 1998 sowie die Anwendung des "dynamischen Handwerksbegriffs" verstoßen in wesentlichen Punkten gegen diese stand-still-Abkommen.

Wesentliche Änderungen der Handwerksordnung nach 1957 stimmen im übrigen auch nicht der Entscheidung des BVerfG vom 17.07.1961 übereinstimmen, denn die Änderungen führten zu einem anderen, wesentlich engeren Wortlaut des § 1 HwO. Der Wortlaut § 1 Abs. 2 HwO lautete 1953-1964:

"Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und zu einem Gewerbe gehört, das in der Anlage A zu diesem Gesetz aufgeführt ist."

Demnach lag also nur dann ein Handwerksbetrieb vor, wenn das Handwerk vollständig d.h. in allen zum Berufsbild gehörenden Einzeltätigkeiten oder "im Wesentlichen" (d.h. alle wesentlichen Tätigkeiten des Berufsbilds) ausgeübt wurden.

Entsprechend lautete in der 4. Legislaturperiode des Bundestags (1961-1965) der Antrag zur Änderung des § 1 Abs. 2 HwO in BT-DrS IV/2335 noch
"Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn in ihm handwerksmäßig vollständig oder die wesentlichen Tätigkeiten ausgeübt werden, die zu einem in der Anlage A dieses Gesetzes aufgeführten Gewerbe gehören."

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde aus "die wesentlichen" der beschlossene Wortlaut der HwO-Novelle 1965 "vollständig oder in wesentlichen Tätigkeiten".

"Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und vollständig oder in wesentlichen Tätigkeiten ein Gewerbe umfaßt, ..."

Dies aber bedeutete, dass es nunmehr ausreichte, eine einzelne als "wesentlich" erachtete Tätigkeit auszuüben, um dem Verbot des § 1 HwO zu unterliegen, also eine massive Ausweitung des Anwendungsbereichs, die den Darlegungen des BVerfG am Ende seiner o.g. Entscheidung vom 17.07.1961 zur Verhältnismäßigkeit klar widerspricht.

Der Wortlaut des § 1 HwO wurde dann durch die HwO-Novelle 1994 erneut geändert, ohne dass sich gegenüber der 1965 vorgenommenen Ausweitung des Anwendungsbereichs eine wesentliche Änderung ergeben hätte.

Der heutig Wortlaut des § 1 HwO mit seinem weiten Anwendungsbereich, bezogen auf bereits einzelne als "wesentlich" erachtete Gewerbetätigkeiten, wird also nicht von der damaligen Aussage des BVerfG in seiner Entscheidung vom 17.07.1961 umfaßt, der Meisterzwang des § 1 HwO sei grundsätzlich zulässig und (damals) verhältnismäßig.

Schon deshalb liegt ein Verstoß gegen das oben genannte Abkommen vor.

Aber nach Art. 64 haben sich die Mitglieder sogar verpflichtet, über das Ausmaß der Liberalisierung

"hinauszugehen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des betreffenden Wirtschaftszweiges dies zulassen."

Das bedeutet für die BRD mit ihrer guten wirtschaftlichen Gesamtlage, dass die bisher erlangte Dienstleistungsfreiheit nicht ausreichend ist. Nach Art. 64 des EG-Vertrags und den Stellungnahmen der Monopolkommission und der Deregulierungskommision ist der Meisterzwang daher sachlich nicht mehr gerechtfertigt und die Handwerksordnung verstößt insgesamt gegen das bestehende EG-Recht. Insbesondere sind die nach 1957 eingeführten weiteren Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit in der Handwerksordnung europarechtswidrig.
(Übernommen mit freundlicher Genehmigung von Rechtsanwältin Hilke Böttcher, Osterstr. 141, 20255 Hamburg)

Die Ungleichbehandlung von Erfahrungen, die in Deutschland erworben wurden, im Gegensatz zu Erfahrungen, die im EU-Ausland erworben wurden, beinhaltet eine unzumutbare Inländerdiskriminierung einheimischer Gesellen. Dies wird auch von dem Bundespräsidenten kritisiert.

Bundespräsident Johannes Rau hat mehrmals, u.a. bei der Eröffnungsveranstaltung des Fachkongresses des Bundesinstituts für Berufsbildung am Mittwoch den 23.10.2002 in Berlin festgestellt:

"Meine Damen und Herren, wer Reformbedarf im Ausbildungssystem sieht, der muss ihn konkret definieren und konsensorientiert an einer gemeinsamen Lösung mitzuwirken versuchen. Allgemein gehaltene Kritik reicht nicht aus, und sie führt auch nicht wirklich weiter. Ein ganz konkretes Problem, das in den nächsten Jahren gelöst werden muss, auch das haben wir schon gehört, sehe ich zum Beispiel darin, dass sich Handwerker aus einigen EU-Staaten mit den in ihren Heimatländern geltenden Qualifikationsanforderungen in Deutschland selbständig machen und niederlassen können - und das auch ohne Meisterbrief. Ein gut ausgebildeter deutscher Handwerker dagegen braucht den Meisterbrief, um einen eigenen Betrieb gründen zu können. Dass das vernünftig sein soll, das ist nicht nur den Betroffenen schwer zu erklären. Ich will mich jetzt nicht beteiligen an der Diskussion um den Meisterbrief, um den großen Befähigungsnachweis als eine notwendige Grundlage für eine selbständige Existenz. Nur so viel: In dieser Frage, die auch mit der Attraktivität einer Handwerkslehre zu tun hat, erwarte ich von den Unternehmen und ihren Verbänden mehr Flexibilität und die Bereitschaft, ausgetretene Pfade zu verlassen."

Nicht nur der amtierende Bundespräsident, sondern auch ein ehemaliger Bundespräsident hat sich kritisch zum Meisterzwang geäußert. Am 27.5.02 im Karlsruher Verfassungsgespräche auf Phoenix äußerte sich Prof. Dr. Roman Herzog zur Meisterzwang wie folgt:

"Problematisch ist immer noch der Große Befähigungsnachweis in seinem Verhältnis zu den europäischen Gesetzgebungsorganen bzw. umgekehrt sage ich den Repräsentanten des Deutschen Handwerks seit etwa 20 Jahren, sie müßten eigentlich zweierlei tun, ähnlich wie bei der als ähnlich schrecklich empfundenen Rechtsprechung zum Reinheitsgebot bei der Bierproduktion, die gelaufen ist. Man müßte nur die Rechtsbestimmungen, die Ausschlußformeln sausen lassen, und das ganze, den Großen Befähigungsnachweis, wie das Reinheitsgebot bei unserem deutschen Bier, als Reklamegesichtspunkt ins Feld führen. Man käme sehr viel weiter, was beim Deutschen Befähigungsnachweis den weiteren Vorteil hätte, daß die Handwerksorganisationen endlich gezwungen wären, die schwarzen Schafe im deutschen Handwerk beim Namen zu nennen, anzuprangern und rauszuschmeißen."

Der ehemalige Bundespräsident und ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Roman Herzog weist hier den Weg. In diesem Sinne ist es schon lange an der Zeit den Meisterzwang aufzuheben.

Der Meisterzwang ist verfassungswidrig

In der juristischen Literatur, wird vielfach von der Verfassungswidrigkeit des Meisterzwangs ausgegangen (vgl. Hamann-Lenz, GG, 3. Aufl., Art 12 Anm. 5 c; Manssen in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, 4. Aufl., Art 12 Rdnr. 243; Wieland in Dreier [Hrsg.], GG I, Art. 12 Rdnr. 138; Arndt in Steiner [Hrsg.], Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl, VII Rdnr. 290; Reuß, DVBl. 1961, 865, 967 ff.; Czybulka NVwZ 1991, 145, 148; Horst Mirbach, Ihr Recht auf Selbständige Arbeit - Unternehmensgründung und Handwerksrecht, Rentrop Verlag; Horst Mirbach, Die neue Handwerksordnung, Loseblattsammlung, Forumverlag; Merching 1998).

Der Meisterzwang an sich ist eine verfassungswidrige Einschränkung der Berufsfreiheit (Artikel 12 GG), denn :

Weiter ist unbestimmt, welche Tätigkeiten unter den Meisterzwang fallen. Der Bürger weiss nicht, "was er nicht darf". Somit verstößt der Meisterzwang gegen Artikel 20 III und 103 II GG.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat uns kürzlich mitgeteilt:

"Zur Lösung jedes Abgrenzungsproblems ist zunächst eine korrekte und ausführliche Ermittlung des jeweils zugrunde liegenden Sachverhalts erforderlich. Der Bund ist jedoch zu einer solchen Ermittlung nicht befugt, auch den Landesministerien ist dies faktisch in der Regel nicht möglich."

Wenn es Wirtschaftsministerien der Länder faktisch nicht möglich ist, handwerksrechtliche Abgrenzungsprobleme korrekt und ausführlich zu ermitteln, dann kann man den juristische unbedarften Handwerkern nicht vorwerfen, daß sie vorsätzlich gegen diese Bestimmungen verstoßen. Sie könnten ja selbst bei Nachfragen bei den Wirtschaftsministerien kein Antwort erhalten. Dies ist auch unsere Erfahrung, daß derartige Anfragen immer ausweichend beantwortet werden. Der Verweis auf die Handwerkskammern scheint uns zumindest für die Unternehmer, die nicht bei dieser Organisation Zwangsmitglied sind, eine Aufforderung zu einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz zu sein, denn die Handwerkskammern sind nicht zuständig für die Verfolgung von unerlaubter Handwerksausübung und dürfen deswegen dazu auch keine Rechtsauskünfte an dritte erteilen. Derartige Rechtsberatung muß von dazu Befähigten in neutraler Weise ausgeführt werden! Gerade eine Organisation, die so sehr diese Prinzip hoch hält, sollte sich selber an diese Beschränkungen unseres Rechtssystems halten. Das Rechtsberatungsgesetz dient, im Gegensatz zum Meisterzwang, ausdrücklich dem Schutz der Rechtssuchenden. Deswegen dürfen Rechtssuchende zum Thema Meisterzwang und Berufsfreiheit nicht an unqualifizierte Interessenvertreter verwiesen werden.

Der Bürger weiss nicht welche Tätigkeiten er nicht ausführen darf.

§ 7 Abs. 1 Satz 1 im Verhältnis zu § 1 HwO

Zur Abschaffung des Meisterzwangs könnte der § 7 Abs. 1 Satz 1 dahingehend geändert werden, daß jeder in die Handwerksrolle eingetragen wird. So könnte die Gewerbefreiheit in weiten Teilen des Handwerks (der medizinische- und der sicherheitsrelevante Bereich wäre weiterhin reglementiert) eingeführt werden.

Zu bevorzugen ist aber die Alternative, bei der § 1 Abs. 1 HwO dahingehend geändert wird, daß zur Ausübung handwerklicher Tätigkeiten nicht die Eintragung in die Handwerksrolle vorgeschrieben bleibt. Wenn nur die Voraussetzung zur Eintragung in die Handwerksrolle (§ 7 Abs. 1 Satz 1), nicht aber die Eintragungspflicht in die Handwerksrolle (§ 1 Abs. 1 HwO) gelockert wird, bleibt die Rechtsunsicherheit, was unter den Eintragungszwang fällt weiter bestehen. Auch die Inländerdiskriminierung gegenüber Anbietern aus anderen EU-Staaten bleibt bestehen, die nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden müssen (vgl. EuGH C-58/98 Corsten).

In wissenschaftlichen Gutachten zum Meisterzwang wird immer wieder darauf hingewiesen, daß die Abgrenzung von Vorbehaltsbereichen die Flexibilität von Unternehmen stark behindert. Diese Behinderung würde auch dann bestehen bleiben, wenn weiterhin Betriebe sich in die Handwerksrolle eintragen müssen, die eine wesentliche Teiltätigkeit eines Handwerks ausüben.

Die Fassung von § 1 Abs. 2 HwO in der zwischen 1953 und 1964 gültigen Fassung hatte hier mehr Flexibilität erlaubt.

"Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und zu einem Gewerbe gehört, das in der Anlage A zu diesem Gesetz aufgeführt ist."

Auch aus europarechtlicher Sicht ist eine Änderung von § 1 HwO dringend geboten (siehe oben).

Der BUH hält die Änderung des § 1 Abs. 1 HwO für eindeutig die bessere Alternative.

Verfassungsklage des Landes gegen den Meisterzwang

Der Meisterzwang schädigt die Gemeinschaft erheblich durch die Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung. Er schränkt die Grundrechte vom Tausenden von Bürgern empfindlich ein. Deswegen sollte er so schnell wie möglich abgeschafft werden. Die Landesregierung hat nach Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 GG die Möglichkeit, vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen, ob der Meisterzwang noch verfassungsgemäß ist. Wenn ein Vorstoß nicht schnell erfolgreich ist, sollte der Senat aufgefordert werden, den Meisterzwang vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen.

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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