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Oberlandesgericht Hamm 4 Ss OW 887/05 - Handwerksausübung ohne Meisterbrief

Abschrift

OBERLANDESGERICHT HAMM
BESCHLUSS

OW 887/05 OLG Hamm
Ss OWi 887/05 GStA Hamm
23 a OWi 120/05 AG Paderborn
272 J5 221/05 StA Paderborn

Bußgeldsache

xxx
gegen
xxx
Verteidigerin: Rechtsanwältin Böttcher in Hamburg
w e g e n
vorsätzlichen Verstoßes gegen das SchwarzArbG u a

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 20. September 2005 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 27. Januar 2006 durch

auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Gründe:

I. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen zweier vorsätzlicher Verstöße gegen die §§ 8 Abs. 1 Nr. 1 d SchwarzArbG, 14 Abs. 1 GewO - jeweils in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen die § 8 Abs. 1 Nr. 1 e SchwarzArbG, 1 HwO - Geldbußen in Höhe von 2.500,- € und 1.500,- € festgesetzt.

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Betroffene im Dezember 2Q03 am Bauvorhaben des Zeugen Münster in Paderborn ohne Gewerbeanmeldung und ohne Eintragung in die Handwerksrolle Innenputzarbeiten mit seinem Mitarbeiter xxx durchgeführt. Hierbei sei er gegenüber dem Bauherrn als Baugeschäft aufgetreten. Auch habe er dem Bauherrn erklärt, dass er seine Tätigkeit gerne "inoffiziell" erbringen würde. Zur Bezahlung der geleisteten Innenputzarbeiten habe der Zeuge Münster dem xxx 4.010,- € in bar zur Weiterleitung an den Betroffenen übergeben. Eine Rechnung habe der Zeuge dafür nicht bekommen.

Im Januar 2005 habe der Betroffenen bei dem Bauvorhaben des Zeugen xxx in xxx Klinkerarbeiten wiederum ohne Gewerbeanmeldung und Eintragung in die Handwerksrolle ausgeführt. Dabei sei er als Firma xxx aufgetreten. Für seine Tätigkeiten habe er dem Zeugen einen Betrag von 3.480,- € berechnet, den er wiederum in bar kassiert habe. Die Rechnung des Zeugen Schmidt vom 23.03.2005 weise als Adresse des Betroffenen dessen Wohnanschrift aus. Der Rechnung sei weiterhin ein Stempel mit der weiteren Anschrift "xxx" beigedrückt.

Dem Betroffenen sei jeweils bekannt gewesen, dass er zur Ausübung der vorstehend beschriebenen Tätigkeiten sowohl der Gewerbeanmeldung, als auch der Eintragung in die Handwerksrolle beduft habe.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Amtsgericht sodann weiter ausgeführt:

Der Betroffene hat durch die von ihm ausgeübten Innenputzarbeiten einen vorsätzlichen Verstoß gegen die §§ Abs. l Nr. 1 d SchwarzArbG, 14 Abs. 1 GewO in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen die § 8 Abs. 1 Nr. 1 e SchwarzArbG, 1 HwO begangen.

Durch die weiterhin von ihm ausgeübten Klinkerarbeiten hat er einen weiteren vorsätzlichen Verstoß gegen die § 8 Abs. 1 Nr. 1 d SchwarzArbG, 14 Abs. 1 GewO in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen die §§ 8 Abs. 1 Nr. 1 e SchwarzArbG, 1 HwO begangen. Soweit der Betroffene im Vorfeld der Hauptverhandlung hinsichtlich des zweiten Verstoßes ein Tätigwerden für eine englische Limited geltend gemacht hat, hat die Hauptverhandlung hierfür, abgesehen von der Beistempelung der englischen Anschrift, keine Anhaltspunkte ergeben. Dieser Umstand wäre jedoch auch unerheblich, da der Betroffene insoweit nicht von seiner Pflicht zur Gewerbeanmeldung bzw. Eintragung in die Handwerksrolle entbunden wäre."

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Rüge der Verletzung materiellen und formellen Rechts.

II. Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Bereits die erhobene Sachrüge greift durch, so dass die Rechtsbeschwerde einen jedenfalls vorläufigen Erfolg hat. Die Verfahrensrügen bedürfen daher keiner Erörterung.

1. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht beanstandet, tragen die bisher getroffenen Feststellungen nicht die Verurteilung des Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Nach § 46 OWiG, § 267 Abs. 1 S. 1 StPO müssen die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit die für erwiesen erachteten Tatachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit gefunden werden. Diesen Anforderungen genügt das Urteil nicht. Die Urteilsgründe ermöglichen dem Beschwerdegericht nicht die Überprüfung, ob die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der für einschlägig erachteten Vorschriften gegeben sind.

a) Nach § 8 Abs. 1 Nr  d bzw. e SchwarzArbG handelt derjenige ordnungswidrig, der Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringt und dabei seinen im weiteren normierten Anzeige- oder Erntragungspflichten nicht nachgekommen ist.

Der Umfang solcher Dienst- und Werkleistungen ist nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Maßgeblich sind insbesondere die Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Leistungen sowie der Grad der für ihre Ausführung erforderlichen Ausbildung bzw. Vorbildung. Bei Werkleistungen ist in erster Linie auf den Umfang des erstellen Werks oder dessen Wert abzustellen. Durch die Beschränkung auf den Umfang der Leistungen soll nach der Absicht des Gesetzgebers sichergestellt werden, dass untergeordnete und/oder kleinere Leistungen nicht erfasst werden (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2000, 54, 55, mit weiteren Nachweisen).

b) Die oben dargestellten Feststellungen des angefochtenen Urteils sind insoweit unvollständig und bilden keine ausreichende Grundlage für eine Nachprüfung. Die bloße Erwähnung der jeweiligen Auftragssummen, bei denen nicht mitgeteilt wird, ob es sich dabei um Brutto- oder Nettobeträge handelt, ist unzureichend. Sie lassen keinen sicheren Schluss auf den tatsächlichen Umfang der dem Betroffenen zuzurechnenden Leistungen zu. Es fehlt an Feststellungen zur zeitlichen Dauer der Arbeiten, zu der Anzahl der hinzugezogenen Hilfskräfte sowie zu den Aufwendungen für Steuern, Abgaben Material und Mitarbeiter. Auch bleibt ungeklärt, welche Ausbildung bzw. fachliche Qualifikation die fachgerechte Ausführung der Arbeiten erforderte. Die Innenputz- bzw. Klinkerarbeiten werden nicht weiter beschrieben, so dass offen bleibt, ob es sich dabei im Hinblick auf die jeweiligen Bauvorhaben der Zeugen um untergeordnete Leistungen handelte.

2 Auch im Hinblick auf die angewandten Vorschriften der Handwerksordnung sind die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen worden.

Fraglich ist bereits, ob die von dem Betroffenen und seinen Mitarbeitern ausgeführten Arbeiten dem Kernbereich eines der Gewerke zuzurechnen sind, die gemäß § 1 Abs. 2 HwO handwerksmäßig betrieben werden, also in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführt werden, oder für dieses Gewerbe wesentlich sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2005 - 3 Ss OWi 85/05 - mit weiteren Nachweisen). Insofern ist es u. a. auch von Belang, ob die fraglichen Tätigkeiten in einem Zeitraum von drei Monaten zu erlernen sind. Wäre dies der Fall, so läge schon keine wesentliche Tätigkeit im Sinne der genannten Vorschrift vor.

Hier lässt das angefochtene Urteil Ausführungen vermissen, welchem zulassungspflichtigen Handwerk die Arbeiten des Betroffenen zuzurechnen sind. Die bloße Mitteilung, der Betroffene habe Klinker- und Innenputzarbeiten durchgeführt, lassen keine Rückschlüsse darauf zu, dass er ein zulassungspflichtiges Handwerk betrieben hat. Hierbei könnte es sich auch um Arbeitsvorgänge handeln, die aus der Sicht eines vollhandwerklich arbeitenden Betriebes einer noch durch den Tatrichter zu bestimmenden Handwerkssparte lediglich als unwesentlich und untergeordnet erscheinen, mithin gar nicht der Eintragungspflicht in die Handwerksrolle unterliegen.

Das angefochtene Urteil konnte folglich keinen Bestand haben, Es war daher mit den Feststellungen aufzuheben. Die Sache war an die Vorinstanz zurückzuverweisen; Eine eigene Entscheidung des Senats kam aufgrund der bislang unzureichend geklärten Sachlage nicht in Betracht, da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass in der neuen Hauptverhandlung Tatsachen festgestellt werden, die eine Verurteilung des Betroffenen rechtfertigen.

Diese Entscheidung entspricht dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft.

Der Senat hat es für zweckdienlich erachtet, das sich im Weiteren eine andere Abteilung des Amtsgerichts Paderborn mit dem Verfahren befasst.

Bei der erneuten Entscheidung wird dass Amtsgericht auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben.

Heithoff

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