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Bremer Dachdeckerinnung bekommt Schmähbrief

4. April 2013

Hamburg 18./19. Jh.: "Man nennt sie Störer, weil sie die gemeine Handwerksordnung stören; Pfuscher, weil sie heimlich arbeiten; Böhnhasen,weil sie sich gewöhnlich mit ihrer Arbeit auf den Boden des Hauses, oder in Niederdeutscher Sprache, auf dem "Böhn", oder der Bühne, verstecken, und von den rechten Amtsmeistern aus einem Winkel in den andern gejagt werden." So erklärt Johann Georg Krünitz 1775 die gängige Schmähung von Handwerkern, die sich bemühen, ihren Lebensunterhalt mit handwerklicher Arbeit, jedoch außerhalb der Zwänge und Zulassungshürden der Zunftordnung zu bestreiten. Damals wie heute scheuten sich Handwerksmeister nicht, für ihren eigenen Bedarf preiswerte Freimeister und Böhnhasen zu engagieren. Aber wie immer, wenn die privilegierte Schicht einer Gesellschaft ihren Wohlstand bedroht sieht, verstanden sie es, den Staat für sich einzuspannen. Die unbarmherzige Verfolgung von Böhnhasen gehört eindeutig zur dunklen Seite der Handwerksgeschichte.

In seinem 1805 erschienen drittenBand über die Geschichte der freien Stadt Lübeck beschrieb Johann Rudolf Becker Ausschreitungen des Jahres 1665. Opfer waren die außerhalb der Lübecker Stadtmauern arbeitenden Handwerker, insbesondere Mälzer und Brauer. 600 bis 700 Brauer, Schmiede, Becker, Schuster, Schneider und weitere Ämter der Stadt Lübeck zogen in Begleitung von Gerichts-, Wette- und Stadtdienern mit Flinten, Degen, Äxten, Beilen bewaffnet hinaus. Sie zerschlugen alle Braupfannen, Fässer und Tonnen, die sie fanden. Sie beschlagnahmten und vernichteten Malz und Bier. Webstühle wurden zerstört, fertiges Leinen geplündert. Alle Höfe wurden durchsucht und was nach Werkzeug aussah vernichtet. Selbst Häuser und Gebäude wurden nicht verschont.

Zweimal innerhalb eines Monats wurde dieser Pogrom gegen Böhnhasen und vermeintliche Böhnhasen wiederholt. Otto Rüdiger berichtet in einem Sammelband über den gleichen Zeitraum aus Hamburg: "Wußte man, daß ein Freimeister mit Gesellen oder verbotene Dinge arbeitete, oder ein ganz offenbarer Heimlicher irgendwo arbeite, dann bat der Ältermann den Bürgermeister um einen Stadtdiener und nahm die vier Meister von der Jagerei mit sich und schlich sich so heimlich wie möglich an die Wohnung des betreffenden Störers heran. Da aber die Meister und ihr Vorhaben allen bekannt waren, so schloss sich bald viel neugieriges Volk an, um den Verlauf der Sache mit anzusehen. Da heißt es: "Die Schneider jagen! Wen mögen Sie wohl jagen?" Da es nun viele Gönner und Kunden der Böhnhasen gab, lief wohl einer voraus und sagte die Jägerei an. Dann wurden Gesellen und die verbotenen Dinge versteckt, oder die Thür so lange verrammelt, bis alles verdächtige beseitigt war. Das hinaus türmen auf die Sahltreppe, das Schlagen und Brechen an der Thür lockte natürlich eine immer größere Volksmenge herbei,die johlend und pfeifend oder auch Partei ergreifend auf der Strasse stand. Wohl dem armen Böhnhasen, wenn er bei Zeiten über den Boden (Böhn) oder das Dach in ein Nachbarhaus entkam. Dann jauchzte ihm die untenstehende Menge laut zu, und die Meister von der Jägerei wurden unten mit Hohn empfangen. Hatte man ihn aber auf der That mit verbotener Arbeit und mit verbotenem Werkzeuge ertappt, dann wurde ihm alles genommen, er selber aber, wenn er sich widersetzte und das Gut seiner Kunden verteidigte, gestoßen geschlagen, gerauft, die Treppe hinunter geworfen, undauch wohl verwundet, und die Frau wurde mitunter in ähnlicher Weise behandelt."

Das Handwerk in Bremen ächzt unter dem Diktat der Innungen. Freie Handwerker sind besonders der Dachdeckerinnung ein Dorn im Auge. Die Innung wird nicht müde, meisterfreie Dachdeckerbetriebe zu verunglimpfen. Als Betroffene haben wir uns nun zu den "Bremer Böhnhasen" zusammengeschlossen und diesen "Schmäh" verfasst. Bremen 4.4.2013

Nicht zum ersten Mal müssen wir Bremer Böhnhasen (S. 4) verleumderische Behauptungen und Unterstellungen seitens des organisierten Handwerks über uns ergehen lassen! Die örtliche Handwerkskammer meinte, auf eine außergerichtliche Klärung verzichten zu können und musste vor Gericht prompt eine Niederlage einstecken. Die Handwerkskammer musste erklären, dass man keine Marktteilnehmer schlecht machen dürfe, um eigene Mitgliedsbetriebe zu bewerben. Wir haben sie dann sogar dabei unterstützt, einen Ratgeber zu Betrügereien sogenannter "Dachhaie" zu erstellen. Doch kaum waren wir wieder auf unserem Böhn, erlosch das kleine Licht der Erkenntnis unter dem Dach der Innung. Sie wurde rückfällig und der niederträchtige Impuls kam wieder zum Vorschein. Erneut wurde in der Öffentlichkeit pauschal und undifferenziert Angst vor reisenden Handwerkern und Haustürgeschäften geschürt, wiederum verbunden mit der Empfehlung der Innungsbetriebe. Misstrauen und Argwohn sollte das Vertrauen der Kunden in uns untergraben.

Beispiele:

- "ACHTUNG: Hände weg von Haustürgeschäften. Vertrauen Sie den Mitgliedern der Dachdeckerinnung Bremen."

- "Die Dachdeckerinnung warnt ausdrücklich vor ominösen Haustürgeschäften. Lassen Sie sich nur von Fachbetrieben beraten.

- "Aus aktuellem Anlass: Warnung vor Haustürgeschäften. Nehmen Sie dringend Abstand von solchen Angeboten." Selbstverständlich macht sich die Innung nicht vor betrügerischen Geschäften in die Hose, sondern vor der fachlichen Kompetenz und Konkurrenz durch reisende Dachdecker. Es macht ja wenig Sinn, vor Haustürgeschäften, Web-Shops, Kellerläden oder Telefonmarketing zu warnen, wenn es dabei nicht um betrügerische Praktiken geht.

Doch es geht noch weiter:

- "Deshalb: Finger weg von Haustür-Dachdeckern. Gehen Sie lieber zum Betrieb vor Ort. Der steht auch im Gewährleistungsfall gerade. Im Zweifel hilft ein Anruf bei der lokalen Innung, unseriöse Anbieter zu entlarven."

Aha, denkt sich der Verbraucher, diese Dachdecker im Reisegewerbe sind ein gefährliches Volk, bieten nicht mal Gewährleistung. Da rufe ich doch meine Super-Innung an oder besser gleich die Polizei? Und dann nur noch zum "Betrieb vor Ort", also zum ansässigen Innungsbetrieb, denn da gibt es keine überhöhten Rechnungen, unnötige Reparaturen oder schlechtes Handwerk?

Die Innung traut sich was!

Denn Sie behauptet, dass sie im Zweifel Auskunft über unseriöse Anbieter leisten kann! Das ist aber weder ihre Aufgabe, noch hat sie die nötige Befugnis und schon gar nicht die erforderlichen Informationen, um "unseriöse Anbieter" identifizieren zu können. Sie unterstellt weiter, der "Haustürdachdecker" würde keine Gewährleistung bieten. Eine weitere Verunglimpfung und zudem rechtlicher Unfug, denn das Reisegewerbe bietet nicht nur volle Gewährleistung sondern mit dem 14-tägigen Rücktrittsrecht auch wirksamen Schutz vor Überrumpelung. Wenn Sie sich einen Handwerksmeister ins Haus bestellen, haben sie den nicht! Aber an dieser Stelle macht die Hybris der Innung noch lange nicht Halt:

- "Erkennen können Sie einen unseriösen Dachdecker, wenn ein netter Vertreter an der Haustür eine Inspektion des Daches oder eine kleine Reparatur besonders billig anbietet."

Ein preiswertes Angebot, eine Inspektion und freundlicher Umgang mit Kunden mag der Dachdeckerinnung fremd sein, aber sollen diese kruden Vorstellungen auch im übrigen Geschäftsleben gelten? Wir Bremer Böhnhasen empfehlen: Fragen Sie beim Haustürgeschäft unbedingt nach der Reisegewerbekarte, denn die ist Pflicht im Haustürgeschäft. Und eine Reisegewerbekarte bekommt nur, wer bei der Gewerbeanmeldung seine per sönliche Zuverlässigkeit mit einem polizeilichen Führungszeugnis, und seine Steuerehrlichkeit mit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes nachgewiesen hat. Das ist tatsächlich ein echter Wettbewerbsvorteil und Vertrauensbonus reisender Handwerker. Vollends absurd wird es jedoch, wenn die Innung versucht, den gesetzlich festgelegten Rahmen für reisende Handwerker, gegen diese zu wenden: "Seriöse Dachdecker kommen nicht ohne Aufforderung von Ihnen, an die Haustür, um Ihre Dienste anzubieten."

Ein besonders hinterhältiger Ratschlag, denn nach § 55 der Gewerbeordnung dürfen wir gar nicht auf vorhergehende Bestellung tätig werden. Wir sind mobile Dienstleister, wir kommen zu Ihnen. Nun brauchen Sie nicht meinen, im Oberstübchen unserer Innung sei etwas leck und es regnet rein. Selbstverständlich weiß auch die Innung inzwischen, dass sie damit einen kompletten Berufsstand in Verruf bringt. Sie schränkt damit uns und alle rechtmäßig arbeitenden und Steuern zahlenden Handwerker-Kollegen ganz konkret in unserer Berufsfreiheit ein. Immerhin ein in Artikel 12 des Grundgesetzes niedergelegtes Grundrecht. Lassen Sie sich als Kunden und Verbraucher nicht aufs Glatteis führen! Es geht um Ihre Recht und ein vielfältiges Angebot.

Wir empfehlen:

- Glauben Sie nicht alles, was dieInnungen schreiben, denn es geht um den schnöden Mammon. Allein in Niedersachsen macht das organisierte Handwerk einen jähr lichen Umsatz von 80 Milliarden.

- Wenn Handwerker bei Ihnen vorsprechen, lassen sie sich deren Reisegewerbekarte zeigen. Seriöse Handwerker tun dies gern!

- Bemühen Sie den gesunden Menschenverstand und schauen Siemal in die Gewerbeordnung : "Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungenchränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind." (§ 1, Abs. 1 GewO) Und bei diesen Ausnahmen/Beschränkungen sollte es auch bleiben. Niemand braucht einen exklusiven Club von Handwerksmeistern, der darüber urteilt, ob seine Konkurrenz seriös ist oder nicht!

Das gilt für Verbraucher mindestens so wie für Handwerker.

Ihre Bremer Böhnhasen

Aus: II. Bönhasenkurier

Zur Bedeutung des Begriffes "Bönhase" in der Wikipedia


Weitere Informationen


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Der Berufsverband unabhaengiger Handwerkerinnen und Handwerker (BUH e.V.) tritt fuer die Gewerbefreiheit im Handwerk ein, beraet Handwerker im Reisegewerbe und bietet Seminare fuer Existenzgruender - mit und ohne Meisterbrief - im Handwerk an.

Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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