BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
Meisterzwang abschaffen: Jede Änderung der HwO ist ein Anlass, den Meisterzwang vollständig abzuschaffen.
Inländerdiskriminierung: Der Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung verstärkt die Inländerdiskriminierung durch den Meisterzwang und verachtet so die Qualifikation mehrerer Millionen Bundesbürger mit Gesellen- oder Facharbeiterberufsabschluss!
Meistertitel: Im Gesetzentwurf fehlen Regelungen, wie Anbieter aus anderen EU-Staaten einen Meistertitel entsprechend Artikel 52 der Richtlinie führen können, ohne gegen § 117 Abs. 1 Nr. 2 HwO zu verstoßen.
Installateurverzeichnis: Im Gesetzentwurf fehlen Regelungen, die es Anbietern aus anderen EU-Staaten ermöglichen, Anschlussarbeiten an Versorgungsnetzen ohne zusätzliche Prüfungen durchzuführen.
Abgrenzungsfragen: Der Gesetzentwurf verkennt, dass nicht für alle Tätigkeiten, die als wesentlich für die Berufe der Anlage A der Handwerksordnung gelten, die Qualifikation nach dem Anhang IV Verzeichnis I der Richtlinie gefordert werden können.
Verhältnismäßigkeit: Die Richtlinie erlaubt nur verhältnismäßige Einschränkungen der Dienst- und Niederlassungsfreiheit wegen fehlender Berufsqualifikationen. Woran sich die Verhältnismäßigkeit messen kann, bleibt unklar, solange es keine detaillierte Kosten-Nutzenabschätzung für den Meisterzwang gibt. Der Regierung ist aufzugeben, eine solche Kosten-Nutzenabschätzung regelmäßig vorzulegen.
Schornsteinfeger und Gesundheitshandwerke: Die Sonderregeln für Schornsteinfeger und Gesundheitshandwerke finden in der Richtlinie keine Begründung. Sie müssen aufgehoben werden.
Verpasste Chance: Die Bundesregierung verpasst die Chance, einheimischen Handwerkern eine Existenzgründung zu ermöglichen, bevor Handwerker aus den EU-Aufnahmestaaten nach Ablauf der Übergangsfristen ungehinderten Zugang zu dem deutschen Handwerksmarkt erhalten. Auch die etablierten Betriebe würden davon profitieren, wenn sie schon jetzt mit stärkerem Wettbewerb konfrontiert würden und so die notwendigen Anpassungsprozesse in Gang kämen.
Der Meisterzwang verachtet die berufliche Qualifikation von mehreren Millionen Gesellen und Facharbeitern.
Auf Anfragen bei Ordnungsbehörden und Aufsichtsbehörden bekommen Betroffene zwar keine Antworten zu handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen, aber trotzdem wird ihnen in Bußgeldverfahren vorgeworfen, dass sie sich hätte erkundigen müssen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus mehreren Entscheidungen zum Handwerksrecht werden von den Behörden zu Lasten der Selbstständigen nicht berücksichtigt. Dies zeigt, dass im Bereich des Handwerks kein Gesetzes-, sondern ein erhebliches Vollzugsdefizit, das den Staat als Ganzes unglaubwürdig macht.
Die wirtschaftliche Entwicklung wird durch den Meisterzwang zum Schaden für Verbraucher und existenzgründungswillige Handwerker eingeschränkt.
Insbesondere Frauen werden während der Familienphase an einer selbstständigen Berufstätigkeit gehindert. Insofern wirkt der Meisterzwang auch familienfeindlich.
Vor diesem Hintergrund sind die Einschränkungen der Berufsfreiheit durch den Meisterzwang unverhältnismäßig. Die Freiheitsbeschränkung ist auch nicht notwendig - weder für den Schutz von Leben und Gesundheit von Dritten noch für die Ausbildungsleistung oder für andere Ziele.
Wer die Diskussion verfolgt - insbesondere Äußerungen der vom Meisterzwang begünstigten Handwerksmeistern - kann feststellen, dass es lediglich um Konkurrenzschutz für Meister geht. Weder dies noch die Verhältnismäßigkeitsrhetorik aus den entsprechenden Gesetzentwürfen liefern fundierte und legitime Begründungen für den Meisterzwang.
Es ist an der Zeit, dieses Relikt aus der Nazi-Zeit abzuschaffen und insbesondere Arbeitslosen die Chance zur selbstständigen Arbeit zu geben. Ohne das bleibt die Formel vom "Fördern und Fordern" ein leeres Geschwätz aus Sonntagsreden. Diese Gesetzesänderung sollte dafür ein Anlass sein.
Schon der Wortlaut des § 7b HwO lässt erkennen, dass Inländer gegenüber Bewerbern aus anderen EU-Staaten schlechter gestellt werden. Einheimischen Bewerber sollen nach einer dreijährigen Ausbildung sechs Jahre Tätigkeit - davon vier Jahre in leitender Stellung -nachweisen, um Anlage A-Berufe selbständig ausüben zu dürfen. EU-Bewerbern wird nach einer dreijährigen Ausbildung lediglich der Nachweis einer dreijährigen Selbstständigkeit oder Anstellung als Betriebsleiter abverlangt. Der Wortlaut des § 7b HwO ist - wie so häufig in dem Gesetz - unklar, so dass die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit für Inländer die Lehrzeit bei dem Nachweis der sechsjährigen Beschäftigung nicht anrechnet.
Jeder einzelne Buchstabe des Artikels 17 Abs. 1 enthält eine Inländerdiskriminierung, solange nicht die entsprechende Regelung auch für in Deutschland erworbene Berufserfahrung anwendbar gemacht wird!
Auch die Ausnahmebewilligungen nach § 8 HwO helfen diesem Misstand nicht ab. An der Grundrechte verachtenden Praxis der Ausnahmegenehmigungen und Ausübungsberechtigungen genehmigenden Behörden und Handwerkskammern hat sich auch seit der Entscheidung 1 BvR 1730/02 vom 05.12.2005 kaum etwas geändert. Auch die Praxis der Gerichte, die über Beschwerden über die Versagung von Ausnahmebewilligungen und Ausübungsberechtigungen entscheiden, hat sich nichts geändert. Es bleibt dabei, wie es das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung festgestellt hat: Es ist einem Betroffenen "nicht zuzumuten, die von ihm beantragte Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO a.F. durch gerichtliche Anfechtung der ablehnenden Entscheidung weiterzuverfolgen." (1 BvR 1730/02 vom 05.12.2005, Abs. 13)!
Artikel 52 der Richtlinie erlaubte es den Begünstigten aus anderen EU-Staaten einen Meistertitel zu führen. Dem steht nach geltendem Recht § 117 Abs. 1 Nr. 2 HwO entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass Artikel 52 mit dem Gesetzentwurf umgesetzt wird - weder eins zu eins noch grundrechtskonform, indem Einheimischen, die z.B. über § 7b oder § 8 HwO einen Zugang zum Handwerksmarkt zugestanden bekommen haben, auch dieses "Privileg" gewährt wird.
Um die Kundenerwartung, dass ein Meister die Meisterprüfung absolviert hat, zu erfüllen, wäre es notwendig den Meisterzwang aufzuheben. Dann würden die Anlage A Berufe nicht mehr zu den reglementierten Berufen gehören und § 117 Abs. 1 Nr. 2 HwO bräuchte nicht angepasst zu werden.
Am 1.11.2006 ist die "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung" in Kraft getreten. Diese Verordnung verlangt, dass Netzanschlussarbeiten nur von Betrieben getätigt werden dürfen, die in ein Installateurverzeichnis eingetragen sind. Im Gesetzentwurf fehlen Bestimmungen, die regeln, wie Bewerber aus anderen EU-Staaten in das Installateurverzeichnis eingetragen werden.
Es ist nicht ersichtlich, dass alle wesentlichen Tätigkeiten der Handwerke aus der Anlage A HwO unter die im Anhang IV, Verzeichnis I aufgeführten Berufe fallen.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Handwerke:
in der Richtlinie erwähnt werden. Es ist nicht ersichtlich, wie Bewerbern aus anderen EU-Staaten Zugang zum deutschen Handwerksmarkt gewährt werden soll.
Das Kriterium einer Gesamtbetrachtung (§ 1 Abs. 2 HwO) zur Begrenzung des Marktzugangs wegen angeblich fehlender Qualifikation ist in der Richtlinie nicht enthalten. Ein Marktzugang kann Bewerbern aus anderen EU-Staaten nicht verwehrt werden. Eine entsprechende Regelung fehlt in dem Gesetzentwurf.
Ziel der Richtlinie ist es sicherzustellen, dass die Berufsausübung von Migranten in anderen EU-Staaten nur verwehrt werden kann, wenn Beschränkungen objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.
Nach welchen Kriterien für alle einzelnen wesentlichen Tätigkeiten der Handwerke aus der Anlage A HwO bestimmt werden kann, ob eine Beschränkung objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, bleibt unklar.
Eine unmittelbare Gefahr für Gesundheit und Leben von Dritten geht zumindest von den allermeisten Tätigkeiten nicht aus. Bei Tätigkeiten, von denen überhaupt eine Gefahr ausgeht, muss bezweifelt werden, ob mit den herrschenden Marktzugangsbeschränkungen einer möglichen Gefahr abgeholfen wird. In der Regel ist für die Abwendung der Gefahren die Zuverlässigkeit und Konzentration der Ausführenden notwendig und nicht ein einmal erworbener Qualifikationsnachweis eines häufig nicht persönlich anwesenden Betriebsleiters.
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluierung der Handwerksnovelle hat bisher nicht stattgefunden. Eine Kosten-Nutzenanalyse für die bestehenden Marktzugangsbeschränkungen fehlt vollständig. Dies hat auch die Monopolkommission in ihrem letzten Hauptgutachten angemahnt. Zu einigen Fragen, die in einer solchen Kosten-Nutzenanalyse geklärt werden müssen, verweisen wir auf unsere Stellungnahme zu dem Hauptgutachten der Monopolkommission.
Die Sonderregeln für Schornsteinfeger (§ 7b HwO oder § 1 EU/EWR-Handwerk-Verordnung) finden in der Richtlinie keine Begründung. Sie müssen aufgehoben werden.
Für Gesundheitshandwerke besteht kein ersichtlicher Grund, warum für sie überhaupt zusätzliche Beschränkungen des Marktzugangs bestehen. Das Gesetz über Medizinprodukte regelt die Haftung und fordert regelmäßige Nachweise über die Qualifikation der Anbieter. Eine zusätzliche Marktzugangsbeschränkung ist nicht erforderlich und geht an der Wirklichkeit des Wirtschaftslebens vorbei. Aufträge für Zahntechnikerarbeiten werden nicht selten in andere EU-Staaten oder auch außerhalb der EU vergeben, ohne dass dort irgendwelche Qualifikationsanforderungen für Betriebsleiter überprüft werden (Auch die Bundeswehr hat eine Zeitlang Zahnersatz aus Polen für Soldaten verwendet. Dieser Versuch wurde soweit ersichtlich nicht aus Qualitätsgründen sonder aus Opportunität beendet). Der Patientenschutz bleibt auch ohne Meisterzwang erhalten, weil die Ärzte auch bezüglich der Arbeiten des Zahntechnikers haften.
In absehbarer Zeit laufen die Übergangsbestimmungen der Einschränkung der Dienst- und Niederlassungsfreiheit für die neuen EU-Mitgliedsstaaten aus.
Es ist abzusehen, dass danach deutlich mehr Wettbewerber aus den Aufnahmestaaten auf den deutschen Handwerksmarkt drängen werden.
Gerade Existenzgründer werden es nach der Marktöffnung deutlich schwerer haben, einen Betrieb aufzubauen. Anstatt den hochqualifizierten Handwerksgesellen und Facharbeitern jetzt noch die Möglichkeit des Markteintritts ohne die Konkurrenz aus anderen EU-Staaten zu ermöglichen und damit die Übergangsfrist zur Anpassung des Wettbewerbs zu nutzen, wird weiter von Bewerbern ein Qualifikationsnachweis verlangt, der von vielen Bewerbern nicht akzeptiert wird. Den Existenzgründern wird Kapital und Lebenszeit durch die Meisterkurse und Prüfungen entzogen und ihre wirtschaftliche Ausgangsposition verschlechtert. Wenn die Meisterprüfung nun tatsächlich so gut wäre, wie ihre Verfechter behaupten, sollte es den Betroffenen selber anheim gestellt werden, welche Kenntnisse für die Selbstständigkeit sie wie erwerben.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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