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Bundestagsdebatte zu den Vorschlägen der Hartzkommission

In der Debatte ging es auch um eine Lockerung des Meisterzwangs. Folgende Zitate sind dem Plenarprotokoll 15/8 von der 8. Sitzung des Deutschen Bundestags am Donnerstag, den 7. November 2002 entnommen.

Bundesminister Wolfgang Clement (SPD)

Ich habe schon in unserer letzten Debatte darauf hingewiesen, dass die Einführung dieser Ich-AGs auch Einfluss auf das Handwerksrecht haben wird, was nicht zu unterschätzen sein wird. Mir ist klar, dass dies von verschiedenen Seiten kritisch gesehen wird. Auch hierzu darf ich - und zwar im positiven Sinne - Herrn Schleyer in Anspruch nehmen, der in der Hartz-Kommission diesen Weg ebenfalls mitgetragen hat. Es soll so sein, dass man keinen Meister braucht, wenn man mit der Ich-AG ins Handwerk oder in einen handwerksähnlichen Bereich kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht darum, hier allererste Schritte zur Verwaltungsvereinfachung zu machen. Es wird faktisch unterstellt - so ist es im Gesetzentwurf angelegt -, dass für eine solche Tätigkeit eine Genehmigung nach dem Handwerksrecht vorliegt. Dies ist ein erster Schritt, um das auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als jemand, der in den Jahren, in denen er in der Politik mit Wirtschaft zu tun hatte, die Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern als Institutionen immer verteidigt und gerechtfertigt hat - ich halte sie im Hinblick auf den wirtschaftspolitischen Dialog für wichtig -, appelliere ich von hier aus an das Handwerk, dies nicht als einen Pauschalangriff anzusehen, sondern als Aufforderung, auch im eigenen Sektor zu deregulieren, die Aufforderung zur Deregulierung also nicht nur an andere zu schicken, sondern auch im eigenen Sektor für Deregulierung und für mehr Flexibilität zu sorgen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Karl-Josef Laumann (CDU)

Ich war deshalb erstaunt, warum Sie diese Jobs auf den Haushalt begrenzen wollen. Warum sollen Minijobs nicht auch in anderen Branchen zulässig sein? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ist denn der Minijob im Haushalt schlechter, besser, anders als anderswo in der Gesellschaft?

(Hubertus Heil [SPD]: Ja!)

Jetzt erwägen Sie, diese Jobs in "haushaltsnahen Dienstleistungen" zuzulassen. Ich wette, dass wir bald den ersten Prozess in Deutschland über die Frage "Was ist eine haushaltsnahe Dienstleistung?" haben werden. Dann werden sich Menschen, die viel mehr verdienen, als man je mit Minijobs verdienen könnte, mit der schönen Frage beschäftigen: Ist das Streichen einer Haustür haushaltsnah? - Wollen Sie vielleicht, dass das Gericht dann sagt: Das Streichen einer Haustür von innen ist haushaltsnah; aber wenn die Außenseite gestrichen wird, ist es haus-haltsfern? Solche Gesetze passen nicht in die Landschaft, wenn Sie Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich komme aus dem Münsterland und kenne die Familienbetriebe in der Gastronomie. Wie wollen Sie kontrollieren, ob eine Frau, die bei einer Gastwirtsfamilie arbeitet, im Haushalt das Frühstück für den Gastwirt oder vorne in der Kneipe das Frühstück für den Urlauber richtet? Wie wollen Sie das kontrollieren?

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deswegen geht es um neue Instrumente rundum und darum, Bürokratien abzubauen. Es geht, weil die Dauer der Arbeitslosigkeit viel zu hoch ist, eben nicht nur um eine schnelle Vermittlung, sondern auch darum, die Eigenaktivität der Menschen zu stärken, damit sie selbstständig wieder aus der Arbeitslosigkeit herauskommen können. Herr Laumann, ich muss Ihnen sagen, dass ich mir die Augen gerieben habe, als ich mir in den letzten Tagen die Presse angeschaut habe. Die Menschen erhalten mit der Ich-AG eine Chance, aus der Arbeitslosigkeit und gleichzeitig auch aus der Schwarzarbeit herauszukommen. Mit dieser Diskussion spielen Sie die Arbeitslosen und das Handwerk gegeneinander aus. Damit zerstören Sie die Perspektiven für diese Menschen; Sie reden sie klein.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Quatsch! -
Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Blödsinn!)

Meine Damen und Herren von der Union, Sie führen den Bürokratieabbau im Munde und machen sich mit Zähnen und Klauen auf, gerade in diesem Bereich den Meisterbrief zu verteidigen. Sie müssen sich beispielsweise jemanden vorstellen, der am Morgen selbstständig Büros putzen will. Viele Frauen wollen dies tun. Diese müssen den Meister in der Gebäudereinigung gemacht haben. Stellen Sie sich jemanden vor, der seinen Bekannten oder den Menschen im Umfeld seines Wohnbereichs die Haare schneiden will. Dieser braucht den Friseur-Meisterbrief. Stellen Sie sich auch andere vor, die Fahrräder oder Autos reparieren wollen. Diese werden systematisch daran gehindert.
Ich denke, dass es gut ist, dass wir mit der Ich-AG endlich einen Ansatz gefunden haben, wenigstens in einem kleinen Bereich, in dem sich aber viele Menschen aufhalten, dieses mittelalterliche Zunftdenken zu überwinden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mit der Ich-AG und den Minijobs holen wir die Arbeit aus der gesellschaftlichen Grauzone heraus in eine individuelle Gewinnzone.

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