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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Skizze für die mündliche Stellungnahme bei der öffentlichen Anhörung im Landtag von Nordrhein-Westfalen: "Transparenz schafft Vertrauen - Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie erfordert konsequente Vorbereitung und Folgekostenabschätzung"

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich danke für die Möglichkeit, zu der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie Stellung zu nehmen.

Für den BUH steht die Frage im Vordergrund, welche Regeln im Rahmen des Normenscreenings bei der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie angepasst werden müssen.

Hier sehen wir insbesondere die Marktzugangsbeschränkungen der Handwerksordnung (den Meisterzwang) als anpassungsbedürftig.

Gewerbetreibende - insbesondere solche aus anderen EU-Staaten mit anderen Berufsbildern - führen immer wieder Tätigkeiten aus, die nicht eindeutig einem vordefinierten Beruf zugeordnet werden können. Allein aus der Tatsache, dass einzelne Tätigkeiten ausgeführt werden, die ein Handwerksverband für sich reklamiert, kann aber nicht gefolgert werden, dass die betreffende Tätigkeit nur mit Eintragung in die Handwerksrolle für das betreffende Handwerk ausgeübt werden darf. Diese Marktzugangsbeschränkung darf höchstens dann errichtet werden, wenn die Tätigkeit zum Kernbereich des betreffenden Handwerks gehört und im stehenden Gewerbe ausgeführt wird. Außerdem muss für eine Eintragungspflicht ausgeschlossen werden, dass ein unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb (im Sinne von § 3 Abs. 2 HwO) vorliegt. Wenn der Meisterzwang nicht geändert wird, dass die Regelungen praktikable sind, wird dies bei der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie erhebliche Probleme bereiten.

In verschiedenen Studien und Stellungnahmen werden einfache Beispiele von Gewerbetreibenden genannt. In der Studie "Gestaltungsoptionen und Anforderungen an ‚Einheitliche Ansprechpartner' des Vorschlags einer EU-Dienstleistungs-Richtlinie im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland" des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung Speyer werden z.B. "die Verfahren und Formalitäten zusammengestellt, die ein Friseur aus dem EU-Ausland als Beispiel eines zulassungspflichtigen Handwerkers im Zusammenhang mit der Aufnahme einer niedergelassenen Dienstleistungstätigkeit in Deutschland bei den jeweils zuständigen Stellen abzuwickeln hat".

Dies mag zwar ein Anfang sein, aber um Dimensionen schwieriger gestaltet sich das Verfahren, wenn etwa ein (nicht handwerklicher) Trockenbauer seine Tätigkeit in Deutschland aufnehmen will, der hin und wieder auch Putzarbeiten ausführt. Die Handwerkskammern behaupten regelmäßig, dass zumindest manche Putzarbeiten dem Stuckateurhandwerk zuzuordnen seien. Welche Stuckateurarbeiten jedoch als einfache Tätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 HwO angesehen werden müssen, bleibt offen. Für einen Dienstleister aus anderen EU-Staaten muss jedoch bei seiner Gewerbeanmeldung verbindlich geklärt werden, welche Putzarbeiten bei der Verwendung von welche Materialien und welchen Arbeitstechniken ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübt werden dürfen.

Als zweites Beispiel könnte man einen Maler nennen: Es mag sein, dass von einem Anbieter, der das volle Tätigkeitsspektrum des Malerhandwerks ausüben will, die Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle verlangt werden darf. Will der Dienstleister jedoch nur mit Raufaser tapezieren und die Tapeten mit Dispersionsfarbe streichen, so stellt dies eindeutig eine einfache Tätigkeit dar, für die keine Eintragung in die Handwerksrolle verlangt werden darf. Wie verhält es sich nun, wenn der Dienstleister manchmal auch Heizkörper lackieren will? Auch hierzu gibt es eine Gerichtsentscheidung, die dies erlaubt. Dürfen auch Türen und Fenster lackiert werden? Wann führt eine Gesamtbetrachtung im Sinne von § 1 Abs. 2 HwO dazu, dass eine Eintragung in die Handwerksrolle verlangt wird?

Hierfür muss dem Antragsteller eine verbindliche und nachvollziehbare Auskunft erteilt werden. Bei der gegenwärtigen Fassung der Normen zur Klärung der handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen lässt sich diese Auskunft nicht erteilen. Weder gegenüber einheimischen Existenzgründern noch gegenüber Dienstleistern aus anderen EU-Staaten.

Für Details dieser Problematik verweise ich auf unsere schriftliche Stellungnahme.

Die Brisanz des Problems von handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen lässt sich allerdings mit den falschen und irreführenden Auskünften von Kammern und Behörden verdeutlichen. Schon ohne die Diskussion um die Frage, ob eine Tätigkeit eine wesentliche im Sinne der Handwerksordnung ist, werden falsche Auskünfte erteilt. Es wird verschwiegen, dass die Eintragungspflicht in die Handwerksrolle sich nur auf das stehende Gewerbe, aber nicht auf das Reisegewerbe bezieht. Es wird verschwiegen, dass Handwerksausübung im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs möglich ist, und es wird verschwiegen, dass die Handwerksordnung zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Tätigkeiten unterscheidet.

Ein Blick in das Internetangebot verschiedener Städte und Kreise in NRW zeigt, dass häufig derartige falsche Informationen verbreitet werden.

Schon in der Vergangenheit hat der BUH mit einigen Fachaufsichtsbeschwerden erreicht, dass die Behörden nicht offensichtlich falsche Informationen verbreitet haben. Heute greifen diese faschen und irreführenden Informationen wieder schwerwiegend in den Wettbewerb zu Lasten von Unternehmen ohne Eintragung in die Handwerksrolle ein. Dies kann von Betroffenen auf Dauer nicht hingenommen werden.

Einzelregelungen

Zusätzlich sind einige Einzelregelungen problematisch:

Friedhofsordnungen

Viele Friedhofsordnungen schreiben vor, dass nur Steinmetz-Meisterbetriebe Grabsteine aufstellen dürfen. Solche Friedhofsordnungen dürften für öffentliche Friedhöfe nicht konform mit der Dienstleistungsrichtlinie sein. Auch nach Deutschem Recht halte ich solche Friedhofsordnungen für rechtswidrig, denn das Bundesverwaltungsgericht hatte schon vor über zehn Jahren entschieden, dass das Aufstellen von Grabsteinen nicht zu den wesentlichen Tätigkeiten des Steinmetzhandwerks gehört. Für die Beschränkung der Berufsfreiheit durch solche Friedhofssatzungen fehlt schlicht eine verfassungsgemäße Rechtfertigung.

Eintragung in Installateurverzeichnisse für Gas, Wasser und Strom

Für verschiedene Handwerke bestehen über die Eintragung in die Handwerksrolle hinaus zusätzliche Beschränkungen. Hier sind zuerst zu nennen: die Eintragungen in die Installateurverzeichnisse von Versorgungsunternehmen für Gas, Wasser und Strom.

Meister werden ohne weitere Prüfung in diese Verzeichnisse eingetragen. Von denjenigen, die über eine Ausnahmebewilligung oder eine Ausübungsberechtigung in die Handwerksrolle eingetragen wurden, werden zusätzliche Prüfungen verlangt. Diese Beschränkung, die ja wohl auch auf Anbieter aus anderen EU-Staaten angewendet wird, widerspricht der Europäischen Dienstleistungsfreiheit. Auch dürfte es der Dienstleistungsrichtlinie widersprechen, wenn von Anbietern aus anderen EU-Staaten verlangt wird, dass sie sich bei jedem lokalen Versorgungsunternehmen erneut eintragen lassen.

Hierbei handelt es sich nicht um eine privatrechtliche Beschränkung der Versorgungsunternehmen, die dritten Dienstleistern gestatten, an ihrem Versorgungsnetz Anschlussarbeiten vorzunehmen. Sondern diese Regeln berufen sich auf staatliche Verordnungen, etwa auf die "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung".

Bei einer Anpassung dieser Normen muss darauf geachtet werden, dass einheimische Dienstleister nicht gegenüber Anbietern aus anderen EU-Staaten benachteiligt werden. - Etwa dass die einheimischen Anbieter weiterhin die Eintragung in das Installateurverzeichnis bei jedem Versorgungsunternehmen erneut beantragen müssen.

Auch darf das Erfordernis einer zusätzlichen Prüfung nicht nur für Anbieter aus anderen EU-Staaten aufgehoben werden, sondern muss auch für diejenige abgeschafft werden, die ihre Qualifikation durch die Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung erhalten haben.

Die Eintragungspflicht in die Installateurverzeichnisse bei den Versorgungsunternehmen als zusätzliche Beschränkung zeigt, dass die Handwerksordnung nicht zur Abwehr von Gefahren taugt, sondern zusätzliche Beschränkungen für notwendig erachtet - und auch geschaffen - wurden. Dieses Prinzip wurde aber nur in wenigen Bereichen umgesetzt, etwa bei der Wartung von Airbag-Anlagen in Autos. Hier reicht es nicht, dass ein Betriebsleiter den gesonderten Qualifikationsnachweis hat, sondern der Mitarbeiter, der die Arbeiten an dem Airbag ausführt, muss über den entsprechenden Qualifikationsnachweis verfügen.

So muss man auch fragen, ob die Installateurverzeichnisse tatsächlich dem Ziel der Gefahrenabwehr dienen. Wäre für eine tatsächliche Gefahrenabwehr nicht vielmehr notwendig, dass die Qualifikationsinhaber tatsächlich vor Ort sind oder die Arbeiten sogar in eigener Person ausführen?

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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