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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Imagekampagne des "Deutschen Handwerks"

Wo poliert wird, fallen auch Späne

Warum das deutsche Handwerk immer unmodern ist und bleibt

Heute, im September 2013 kritisiert "Das Deutsche Handwerk" seine eigene Imagekampagne,

nachzulesen im "meistertipp"

Wir leben in einer Zeit, in der die in der die industrielle Produktion den Großteil des Umsatzes beherrscht.

Schon am Ende des letzten Jahrhunderts ging die Entwicklung mancher Arbeitsbereiche so schnell, dass ein Produkt oder eine Produktionsweise schon fast überholt waren, bevor sie auf den Markt kamen.

Wenn sich etwas in den letzten 500 Jahren nicht weiterentwickelt hat, dann die Sonderwirtschaftszone Handwerk in Deutschland. Ob Zunftgedanke, Böhnhasenjagden (Hausdurchsuchungen bei unzünftigen Handwerkern) oder der Meisterzwang, noch immer vertritt der ZDH die mittelalterliche Ideologie des Zwanges und benötigt Sündenböcke, um den eigenen Stand zu heben und die Privilegien zu sichern.

Tradition und Meistertümelei an die Brust geheftet kommt man bei jedem Politiker vorbei und vernebelt durch geschickte Lobbyarbeit den Politikern und Verbrauchern mal eben mit einer 50 Millionen Euro schweren Imagekampagne den Blick.

Doch unsere wackeren Handwerkslobbyisten haben sich anscheinend von den smarten Werbeprofis der Agentur Scholz & Friends an der Nase herumf führen lassen. "Unser TV-Spot gibt Ihnen die Antwort. Erleben Sie selbst, wie sich die Welt veränderte, wenn das Handwerk plötzlich verschwinden würde."

"Unser Leben ohne Handwerk" ist das Kampagnenmotto. "Alles was von Hand gemacht, das geht grad vorbei", singt im TV-Spot eine Kinderstimme und zu launiger Musik lässt man Frühstücksbrötchen zerbröseln, die Buchstaben der Tageszeitung purzeln (Rollenoffset), Autos auseinanderfallen, Schuhabsätze ab- und moderne Häuserblocks zusammenbrechen. Da taucht gleich eine Reihe Fragen auf: Wurde das Brötchen von Hand gebacken? Beaufsichtigte ein Druckermeister oder ein Druckingenieur die Herstellung der Tageszeitung?

War das Auto kein Industrieprodukt? Konnte sich die Dame im zitronenfarbenen Blazer etwa handgefertigte Schuhe leisten? Welchen Anteil hatte das Handwerk an den modernen Häuserzeilen in Skelettbauweise?

Am Ende des Clips stehen dann alle in einer öden Wüste industrieller Trümmer nackt und ungepflegt da. Es wird dunkel und im Finstern sitzt ein Steinzeitpärchen. Verzweifelt dreht der Mann in seinen Händen ein Holzstäbchen, doch der einzige handwerklich erzeugte Fun.

Funke schlägt kein Feuer. Endlich kann der Zuschauer tief durchatmen und denkt bei sich: "Was wären wir ohne Handwerk!". So funktionierte das allerdings schon vor dem Erdbeben auf Haiti nicht.

Der Clip wurde nicht etwa gestoppt, weil meisterliche Fehlleistungen den Zusammenbruch verursacht hatten, sondern weil das Szenario zu sehr an die Bilder vom schrecklichen Erdbeben erinnerte.

Trotzdem ist eine weitere Auseinandersetzung mit dem Kampagnenmotto erforderlich, denn diese Fragestellung und seine Präsentation durch überwiegend industrielle Produkte muss dem kritischen Betrachter ins Auge fallen. Der Verbraucher fragt sich, warum nicht mehr Wert auf die Darstellung handwerklicher Herstellung und Arbeitsweise gelegt wurde. Ist sie zu unattraktiv? So ein Katastrophenclip lässt sich natürlich spektakulär umsetzen, aber welches Bild vermittelt er?

Man wollte sich als Handwerk also unabdingbar, nicht wegzudenken und unersetzlich machen und möchte die sympathische Wirtschaftsmacht von nebenan sein. Das ging gewaltig in die Designerhose der Agenturleute, welche mit etwas Glück tatsächlich in Italien oder Frankreich unter Aufsicht einer Schneider

meisterin oder eines Schneidermeisters genäht wurde. Weder Aufkleber mit flotten Sprüchen noch bedruckte Taschen werden dem Handwerker helfen, sein Selbstbewusstsein wiederzufinden.

Dafür dürfen wir uns in den nächsten 5 Jahren über Werbeclips im Kino, Großflächenplakate und Anzeigen Serien in den Tageszeitungen ärgern.Wir ziehen auf jeden Fall unseren - vom Modisten gefertigten - Hut vor dem Team von Scholz & Friends. Einen solchen überdrehten Unfug an die vor Selbstüberschätzung besoffenen Zivilisationsretter vom ZDH zu verkaufen, ist unbestritten eine Meisterleistung.

Dafür hält die Kampagne noch einiges bereit. In den favorisierten Entwürfen grinst uns ein Speerträger an: "Ohne Handwerk sähe Deutschland ganz schön alt aus".

In einer Pseudo-Grafitti-Aktion der Agentur werden uns dann Höhlenmalereien im U-Bahnschacht begegnen - so ist das Leben ohne Handwerk - da hat man plötzlich schockierende Malereien an der Wand.

Und der zivilisationsgeschichtliche Größenwahn steigert sich bis ins Religöse:

"Am Anfang war der Himmel und die Erde. Den ganzen Rest haben wir gemacht - das Handwerk..

Und für die ganze Fortbewegung ist das deutsche Handwerk auch zuständig: "Wir halten die Welt am laufen - Wir fahren, fliegen und schwimmen." - fast ein Superhelden Epos.

Die neue "Wirtschaftsmacht von Nebenan" - fraglich, ob die betagte Nachbarin begeistert ist, wenn sie sich für eine Reparatur die Wirtschaftsmacht ins Haus holen soll. Sie denkt da vermutlich eher an schlechte Leistungen und überzogene Rechnungen, welche die Wirtschaftsmacht verlangt. Aber für dieses aktuelle Imageproblem benötigen unsere Zivilisationsbegründer keine Kampagne.

Am Ende muss die gute alte Mondlandung von 1966 herhalten, damit endlich alle begreifen, dass das Handwerk eben nicht hinterm Mond ist, sondern auch schon da war.

Ob eine Mondlandung nun wirklich das Profil des modernen Handwerks poliert oder ob wir froh sein können, wenn der Meister weiß, wie das Handy funktioniert, bleibt offen.

Jugendgerecht und ansprechend soll die Botschaft für die zukünftigen Lehrlinge sein, und Otto Kenzler will jetzt als Superheld einen Starschnitt bei der Bravo.

Wir dürfen auf weitere Peinlichkeiten gespannt sein. (jk/ms

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