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Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht

Rechtswidrige Betretung von Firmen und Wohnungen durch die Handwerkskammer gemeinsam mit dem Ordnungsamt

Verfassungsgerichtsentscheidungen zu Hausdurchsuchungen bei Handwerkern ohne Meisterbrief

Amtsgericht Ahaus (Westfalen)
Az: 2 AR 4/02 vom 25.04.02
Beschluß
(Abschrift)

In dem Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Einzelgewerbetreibenden xxx wegen unberechtigter Handwerksausübung u. a. hat das Amtsgericht Ahaus am 25. April 2002 durch den Richter am Amtsgericht xxx beschlossen:
  1. Auf die Beschwerde des Betroffenen hin wird festgestellt, daß die vom Kreis Borken am 14. August 2001 vorgenommen Durchsuchung der Wohnung xxx, rechtswidrig und unzulässig war.
    Die aufgrund der Durchsuchung erfolgten Beschlagnahmen waren unzulässig.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

Das Ordnungsamt des Kreises Borken wurde im März 2001 darüber informiert, daß der Betroffene eine Reisegewerbekarte beantragt hatte, um die Tätigkeiten des Maurerhandwerks auszuführen. Nach den Feststellung des Kreises Borken war der Betroffene lediglich mit dem Fuggewerbe in der Handwerksrolle eingetragen. Nachdem der zuständige Sachbearbeiter des Kreises Borken festgestellt hatte, daß an der Hauswand des Betroffenen ein Schild angebracht war mit der Aufschrift "xxx Fug- u. Klinkertechnik" kam dieser zu dem Ergebnis, daß der Betroffene ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein eine Firma für Klinkertechnik betrieb.

Am 14. August 2001 begab sich daraufhin der Vertreter des Ordnungsamtes des Kreises Borken zusammen mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Handwerkskammer, dessen Aufgabe es war, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle zu überprüfen, zu dem Wohnhaus des Betroffenen.

Nach dem der zuständige Sachbearbeiter sich Zutritt zur Wohnung des Betroffenen unter Hinweis auf § 17 Abs. 2 Handwerksordnung verschafft hatte, betraten sowohl der zuständige Sachbearbeiter der Handwerkskammer wie auch der Sachbearbeiter des Ordnungsamtes des Kreises Borken die Wohnung des Betroffenen. Dort sichteten beide die Firmenunterlagen und der Mitarbeiter des Ordnungsamtes des Kreises Borken kam zu dem Ergebnis, daß dem Betroffenen eine Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Ziff. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zur Last gelegt werden mußte, da er das Klinkergewerbe betrieb, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. In Anbetracht dieses Tatverdachts stellte der Mitarbeiter des Ordnungsamtes des Kreises Borken einen Durchsuchungs- und Sicherungsprotokoll aus, in dem er dem Betroffenen bestätigte, daß er Firmenunterlagen als Beweismittel sichergestellt hatte. Gleichzeitig legte er in dem Protokoll nieder, daß es sich um eine Durchsuchung aufgrund von Gefahr im Verzuge wegen des Verdachts der unzulässigen Handwerksausübung handele. Die sichergestellten Unterlagen wurden mitgenommen.

Die Durchsuchung der Wohnung des Betroffenen durch den Mitarbeiter des Ordnungsamtes des Kreises Borken gem. §§ 46 OWiG i.V. m. § 102 StPO war rechtswidrig, da die Voraussetzung für die Durchsuchung nicht vorlagen.

Zum einen ist davon auszugehen, daß es sich hier im eine Durchsuchung im Sinne des § 102 StPO handelt. Zwar weist der Oberkreisdirektor des Kreises Borken darauf hin, daß die Initiative, den Betrieb des Betroffenen aufzusuchen letztlich von der Handwerkskammer ausging und der Termin lediglich gemeinsam wahrgenommen worden wäre. Der Stellungnahme des Kreises Borken ist danach zu entnehmen, daß es sich gar nicht um eine Durchsuchung gehandelt haben soll. Hiergegen spricht die Tatsache, daß von dem Sachbearbeiter des Kreises Borken ein Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll ausgefüllt worden war, das bestätigt, daß hier eine Durchsuchung aufgrund von Gefahr im Verzuge vorgelegen hat. Hinzu kommt, daß § 17 Abs. 2 der Handwerksordnung dem Mitarbeiter der Handwerkskammer lediglich ein Betretungsrecht gibt, um das Vorliegen der Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerks- und Handwerksnebenrolle zu überprüfen.

Der Handwerkskammer obliegt es nicht, in eigener Zuständigkeit Ordnungswidrigkeiten nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu verfolgen.

Stellen die zuständigen Mitarbeiter der Handwerkskammer fest, daß eine unzulässige Handwerksausübung erfolgt, so haben sie bei der zuständigen Ordnungsbehörde Anzeige zu erstatten.

Aus dem Betretungsrecht gem. § 17 Abs. 2 der Handwerksordnung ergibt sich kein Anwesenheitsrecht des zuständigen Sachbearbeiters der Ordnungsbehörde.

Liegt ein Tatverdacht zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit vor, stehen ihm lediglich zur Durchführung seiner Ermittlungen die nach der Strafprozeßordnung zulässigen Maßnahmen zur Verfügung.

Ergibt sich die Notwendigkeit, eine Wohnung zu betreten, so hat er gem. § 102 ff StPO einen Durchsuchungsbeschluß bei Gericht zu beantragen, der ihm die Möglichkeit gibt, die Wohnung gegen den Willen des Betroffenen zu betreten. Ein solcher Durchsuchungsbeschluß lag im vorliegenden Fall nicht vor. Danach war der Mitarbeiter des Ordnungsamtes nicht berechtigt, die Wohnung ohne Zustimmung des Inhabers zu betreten. Auch ergibt sich ein solches Betretungsrecht nicht aus § 105, 102 StPO, wonach bei Gefahr im Verzuge eine Durchsuchung ohne Durchsuchungsbeschluß durchgeführt werden kann. Gefahr im Verzuge lag im vorliegenden Fall nicht vor. Das Ordnungsamt war seit März 2001 darüber informiert, daß der Betroffene beabsichtigte, Tätigkeiten des Maurerhandwerks auszuführen. Erste Anhaltspunkte dafür, daß möglicherweise ein Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vorlag, ergeben sich weit vor der vorgenommen Durchsuchung.

Dem Ordnungsamt wäre es dann auch ohne weiteres Möglich gewesen, rechtzeitig einen Durchsuchungsbefehl durch das zuständige Gericht zu erhalten.

Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Gefahr im Verzuge im Sinne des § 45 StPO sind nicht ersichtlich.

Darüber hinaus ergeben sich gegen die Auffassung des Kreises Borken, eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume habe nicht stattgefunden, auch grundsätzliche Bedenken. Den Mitarbeitern der Handwerkskammer ist es gem. § 17 Abs. 2 der Handwerksordnung unter Einhaltung der Grundrechte erlaubt, im Rahmen seiner Überprüfungsbefugnisse Wohnräume zu betreten. Bei einer Weigerung des betroffenen Firmeninhabers besteht die Möglichkeit, gegen ihn Bußgeldbescheide zu erlassen, wenn er dies Betreten der Räume nicht gestattet bzw. keine Einsicht in die Unterlagen gibt.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Betroffene, der hierüber informiert ist, ohne weiters bereit ist, einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes in seine Wohnung zu lassen, dem diese Zwangsmittel im Rahmen der Handwerksordnung nicht zustehen.

Hierüber muß sich der Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Klaren sein. Bei Betreten einer Wohnung zusammen mit einem Mitarbeiter der Handwerkskammer hat er danach deutlich zu machen, daß er sich in seiner Eigenschaft als Sachbearbeiter des Ordnungsamtes des Kreises Borken in die Wohnung begeben hat, um dort Ermittlungen zu tätigen. Hierüber muß sich der Betroffene im Klaren sein, um notfalls von seine ihm zustehenden rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, wie z.B. sich vorher anwaltlichen Beistands zu bediene oder sich zu informieren.

Es kann nicht angehen, daß der Mitarbeiter des Ordnungsamtes ein aufgrund von § 17 Abs. 2 der HwO durchzusetzendes Betretungsrecht nutzt, um Vorschriften der Strafprozeßordnung, die Anforderungen an das Betretungsrecht stellen, zu umgehen.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß ein Betroffener, der sich über die Konsequenzen einer Nichtbefolgung der Aufforderung der Mitarbeiter der Handwerkskammer bewußt ist, gleichzeitig damit einverstanden ist, einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu erlauben seine Wohnung zu Durchsuchungszwecken zu betreten.

Die Durchsuchung war somit rechtswidrig und unzulässig und damit auch die aufgrund dieser Durchsuchung gewonnenen Beweismittel, die somit einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Insgesamt war damit festzustellen, daß sowohl die durchgeführte Durchsuchung wie auch die aufgrund der Durchsuchung erfolgte Sicherstellung bzw. Beschlagnahme unzulässig war.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 464, 467 StPO.

Scheunemann

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