Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
Nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass die bisherige Praxis der Handwerkskammern von Handwerkern ohne Meisterbrief Auskünfte zu verlangen, rechtswidrig war, haben zumindest einige Kammern ihre Anfragen an Betroffene umgestellt.
Nun verschicken Kammern Anträge zur Eintragung in die Handwerksrolle und behaupten in den Anschreiben, der Handwerkskammer sei zu Kenntnis gekommen, dass der Betroffene ein Handwerk ausübe. Dabei verlangen sie genau die Informationen die sie bisher in den Auskunftsanfragen nach § 17 HwO verlangt haben.
Manchmal ist das Schreiben auch mit dem Betreff: "Verdacht der unbefugten selbstständigen Ausübung eines Betriebes für das xxx Handwerk" oder "Verdacht der unberechtigten Handwerksausübung" überschrieben.
In dem Schreiben stellt die Kammer dann die Behauptung auf, dass der Betroffene ein Handwerk unberechtigt ausübe. Diese Behauptung wird mit keinen Tatsachen begründet. Es wird mit einem Bußgeldverfahren oder einer Betriebsuntersagung und -schließung (§ 117, § 16 Abs. 3 und 9 HwO) gedroht und eine schriftliche Stellungnahme verlangt.
Auch behaupten Kammern manchmal, dass es eine Ordnungswidrigkeit nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 HwO sei, die mit einer Geldbuße bis zu € 1000 geahndet werden könne, wenn der Betroffene auf die Fragen nicht in der gesetzten Frist antworten würde.
Diese Schreiben sind nach unserer Auffassung Bescheide, die keine Rechtsgrundlage haben. Ohne Widerspruchsbelehrung werden solche Bescheide erst nach einem Jahr rechtskräftig. Bußgelder können erst danach verhängt werden.
Insbesondere wenn die Kammer den Verdacht auf eine unbefugte selbstständige Ausübung eines Handwerks ansprechen, müssten Sie die Betroffenen auf ihr Recht auf Aussageverweigerung hinweisen.
Betroffenen raten wir sich mit dem BUH oder einem auf Handwerksrecht spezialisierten Anwalt in Verbindung zu setzen.
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Betretungsrecht der Handwerkskammern haben Handwerkskammern weiterhin Auskünfte von Unternehmen verlangt. Die Kammern argumentieren, dass das Bundesverfassungsgericht lediglich entschieden habe, dass die Kammern kein Betretungsrecht haben, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden kann.
Die Verwaltungsgerichte habe zu diesem Fragen (1. bezieht sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Betretungsrechts auch auf die Auskunftspflicht mit der Verpflichtung Unterlagen vorzulegen und 2. reicht es mitzuteilen, dass der Betrieb wegen fehlendem Meisterbrief bzw. Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden kann) bisher keine einheitliche Rechtsprechung gefunden.
Mittlerweile ist ein entsprechendes Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig (unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 C 49.09).
Zu dieser Fragen führt dass Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung 1 BvR 2138/05 (Absatz 32) aus:
Sie [die angegriffenen Entscheidungen] lassen insbesondere außer Acht, dass Auskunftspflicht und Betretungsrecht bei zweifelsfreiem Fehlen der persönlichen Voraussetzungen einer Eintragung nicht mehr mit der Pflicht der Handwerkskammern zur korrekten Führung der Handwerksrolle begründet werden können.
Wenn schon fest steht, dass ein Betroffener keine Meisterprüfung oder eine gleichwertige Qualifikation besitzt und keinen Antrag auf Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung gestellt hat, kann er nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden. Da helfen dann aber auch keine Erkenntnisse aus einer Betriebsbesichtigung oder aus dem Auskunftsverlangen. Deswegen dürfen dann keine Auskünfte verlangt werden - sie wären zur Führung der Handwerksrolle nicht von belang.
Diese Auffassung wurde im Juli 2008 auch vom Verwaltungsgericht Hannover bestätigt.
Die Handwerkskammern verlangen häufig Auskünfte und Betriebsbesichtigungen, um zu überprüfen, ob ein Unternehmen in die Handwerksrolle eingetragen werden müßte. Hierbei berufen sie sich auf § 17 oder manchmal auch auf § 111 HwO. Häufig werden auch Auskünfte auf einem so genannten Betriebsfragebogen verlangt.
Bei diesem Auskunftsersuchen verschweigen die Handwerkskammern regelmäßig, daß die Unternehmer nach § 17 Abs. 3 HwO bzw. § 111 Abs. 3 HwO die Auskunft verweigern kann, wenn er sich selber oder Verwandte möglicherweise mit seiner Auskunft belasten könnte.
Eine Auskunftspflicht nach § 111 HwO besteht nur wenn Lehrlinge ausgebildet werden.
Ein Betretungs- und Prüfrecht besteht für die Handwerkskammern nur, wenn ein Betroffener die persönlichen Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu in seiner Entscheidung 1 BvR 2138/05 (Absatz 40) aus:
"Dem Wortlaut entsprechend darf die "Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen" bei "einzutragenden Gewerbetreibenden" nur unter der Fragestellung erfolgen, ob ein Gewerbetreibender durch die Handwerkskammer tatsächlich in die Handwerksrolle einzutragen ist. Steht von vornherein unzweifelhaft fest, dass dies nicht der Fall ist, weil der Gewerbetreibende etwa die persönlichen Voraussetzungen für eine Eintragung nicht erfüllt und auch keinen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 b oder einer Ausnahmebewilligung nach § 8 oder § 9 HandwO gestellt hat, so bedarf es keiner weiteren Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen, womit auch kein Betretungsrecht nach § 17 Abs. 2 HandwO "zu dem in Absatz 1 bezeichneten Zweck" besteht. "Einzutragende" Gewerbetreibende sind in diesem Sinne nur diejenigen, deren Eintragung in die Handwerksrolle auch tatsächlich in Betracht kommt, weil sie sämtliche Eintragungsvoraussetzungen erfüllen können."
Damit hat das Verfassungsgericht unserer Auffassung bestätigt. Die Handwerkskammern haben nur bei den Unternehmen Betretungs- oder Prüfungsrechte, wenn keine Verfolgung wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung stattfinden kann - d.h. wenn der Betrieb in die Handwerksrolle eingetragen werden könnte. "Die Einrichtung der Selbstorganisation des Handwerks und die dabei verliehen Rechte, dienen nicht der Selbstjustiz gegenüber Konkurrenten."
Trotz der Verfassungsgerichtsentscheidung müssen wir feststellen, dass die Handwerkskammern weiter Handwerker ohne Meisterbrief mit Fragebögen und Anfragen nach Betriebsbesichtigungen belästigen. Teilweise scheinen sogar direkt Drohungen zu drohen, dass sie Bußgeldverfahren einleiten werden, wenn der Verfolgte nicht die von der Kammer gewünschten Auskünfte erteilt oder eine Betriebsbesichtigung zulässt.
Teilen Sie der Handwerkskammer bei Anfragen, einem Auskunftsbegehren oder der Ankündigung einer Betriebsprüfung mit, dass Sie die Voraussetzung zur Eintragung in die Handwerksrolle nicht erfüllen und verweisen sie im Übrigen auf die Entscheidung 1 BvR 2138/05 des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2007.
Das Verwaltungsgericht Würzburg (Urteil: W 6 K 07.553 vom 09.05.2007), das nach der Verfassungsgerichtsentscheidung 1 BvR 2138/05 über den Fall endgültig zu entscheiden hatte, hat dem Betroffenen das Feststellungsinteresse zugestanden. Danach kann er vom Gericht klären lassen, dass sie nicht berechtigt ist, eine Betriebsbesichtigung durchzuführen. In dem Urteil heißt es:
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, eine Hausbesichtigung und/oder Betriebsbesichtigung nach § 17 Abs. 2 HwO beim Kläger durchzuführen, ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Da die Berechtigung insoweit zwischen den Parteien umstritten ist, ist auch das besondere Feststellungsinteresse gegeben. Der begehrte gerichtliche Anspruch ist geeignet, zwischen den Beteiligten Rechtssicherheit herzustellen und Maßregeln für ein künftiges rechtliches und tatsächliches Verhalten zu liefern. Die Feststellungsklage ist auch nicht i.S. des § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär.
Nach diesem Urteil rät der BUH Betroffenen mit einem auf Handwerksrecht spezialisierten Anwalt vor Gericht klären zu lassen, dass die Kammer nicht berechtigt ist eine Betriebsbesichtigung oder sonstige Prüfungen vorzunehmen oder auf die Beantwortung von Fragen zur Geschäftstätigkeit zu bestehen. Wenn andere Gerichte dem Beispiel des Verwaltungsgericht Würzburg folgen - wovon wir ausgehen - muss die Handwerkskammer die Kosten einer solchen Feststellung tragen.
Wir raten solche Anfrage der Handwerkskammern sehr ernst zu nehmen. Die Kammer machen diese Anfragen nach unserer Beobachtung immer wieder um Handwerker ohne Meisterbrief vom Markt zu drängen. Auch wenn man sich nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung gut gegen die Betriebsbesichtigung wehren kann, versuchen die Kammer weiter Betroffenen vom Markt zu drängen.
Der Gesetzestext spricht (in § 17 Abs. 2 HwO) von den "Beauftragten der Handwerkskammer". Hier sind grundsätzlich die Mitarbeiter der Handwerkskammer gemeint. Derartige Prüfrechte greifen schwerwiegend in das Grundrecht auf das Unverletzlichkeit der Wohnung (damit sind auch Betriebsräume gemeint) ein. Es ist schon äußert fraglich und nach unserer Auffassung verfassungswidrig, diese Recht einer Interessenvertretung von Konkurrenten zuzugestehen. Keinesfalls braucht hier hingenommen zu werden, dass dieser Personenkreis weit gefasst wird.
Zum einen brauchen Personen, denen zugestanden werden kann eine Betriebsbesichtigung durchzuführen, eine öffentliches Amt. Die Tätigkeit müß öffentlich kontrolliert werden. Zum anderen dürfen mit dem Betretungsrecht keinesfalls die strengen Vorschriften der Strafprozessordnung für Durchsuchungen aufgeweicht und unterlaufen werden.
Keinesfalls dürfen Mitarbeiter der Handwerkskammer sich aufgrund von § 17 HwO Zutritt zu den Betriebsräumen - oder gar der Wohnung - verlangen und einen Mitarbeiter eines Ordnungsamtes mitbringen. Damit würden rechtswidrig die Vorschriften der Strafprozessordnung für Durchsuchungen umgangen. Siehe Beschluß Az. 2 AR 4/02 vom 25.04.02 vom Amtsgericht Ahaus (Westfalen). Dies bedeutet insbesondere auch, daß Ordnungsbehörden nicht durch § 17 HwO berechtigt sind Betriebsprüfungen durchzuführen.
Höchsten dürfen sich Mitarbeiter der Handwerkskammer während der Geschäftszeiten, in denen der Betrieb der Öffentlichkeit zugänglich ist, im Betrieb umschauen - wie ein neugieriger Kunde. Dies ist sinngemäß der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1 BvR 280/66 vom 13.10.71 (siehe unten) zu entnehmen.
Die Handwerksordnung unterscheidet selber zwischen dem Auskunft erteilen in § 17 Abs. 1 und dem "Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen" in § 111 Abs. 1. Daraus muss geschlossen werden, dass der Gesetzgeber mit § 17 HwO keine Vorlagepflicht von Unterlagen schaffen wollte. (siehe auch OVG Lüneburg 8. Senat, Beschluß vom 17. August 1995, Az: 8 M 2926/95 (GewArch 1996/2, S 75), OVG Rheinland-Pfalz Az. 12 A 115/85 vom 16.01.1986, GewArch 1986, 136,137; BayObLG, Beschl. v. 08.08.1983, GewArch 1983, 387)
Wenn behauptet wird, dass Geschäftsunterlagen (Verträge, Leistungsverzeichnisse, Rechnungen und dergleichen) vorgelegt werden müssen oder der Zugang hierzu nicht verhindert werden darf, wird das Betretungsrecht zu einem Recht einer Durchsuchung. Eine Durchsuchung muss jedoch (außer bei Gefahr in Verzug) immer von einem Richter nach einem erheblichen Anfangsverdacht für einen schuldhaften Gesetzesverstoß angeordnet werden.
Wenn keine Betriebsräume unterhalten werden, die öffentlich zugänglich sind, braucht man niemand - auch nicht die Vertreter der Handwerkskammer - in den Betrieb zu lassen. Bei Unternehmen, die öffentlich zugängliche Verkaufsräume unterhalten, kann einem Vertreter der Handwerkskammern allerdings wohl nicht verwehrt werden, dass er sich in dem öffentlich zugänglichen Verkaufsraum umschaut. Es gibt keinen Grund den Interessenvertretern von Konkurrenten, Einblick in die Betriebsunterlagen zu gewähren.
Der neu ins Gesetz aufgenommene Verweis auf § 29 Abs. 2 Gewerbeordnung (siehe unten) erweckt den Eindruck, die Handwerkskammer hätte das Recht in Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen. Die Aufnahme solcher Rechte steht jedoch in eindeutigem Widerspruch zu der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1 BvR 280/66 (Auszug siehe unten). Nicht nur einer staatlichen - neutralen - Behörde, sondern der Interessenvertretung ihrer Konkurrenten derartig weit reichende Rechte zuzugestehen ist vor dem Hintergrund dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Sicherheit verfassungswidrig.
Auch bei Reisegewerbetreibenden wollen Handwerkskammern immer wieder Betriebsprüfungen durchführen. Bei Reisegewerbetreibenden sprechen weitere Argumente gegen eine Berechtigung der Handwerkskammern eine Betriebsprüfung durchzuführen:
Immer wieder behaupten die Handwerkskammern gegen ihre Verlangen Auskünfte erhalten zu wollen und einen Betrieb prüfen zu wollen, hätte der Betroffene kein Widerspruchsrecht. Dies ist falsch! Dies stellt z.B. der Beschluss vom OLG Hamm vom 22.10.1992 - 3 Ss OWi 539/92, Gewerbearchiv 93, 28 eindeutig fest. Bei dem Auskunftsverlangen handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den ein Betroffener ein Rechtsmittel einlegen kann.
Nach § 17 Abs. 3 (siehe unten) steht Betroffenen ein Aussageverweigerungsrecht zu. Zunächst können wir feststellen, daß Handwerkskammern und andere Institutionen, die sich fälschlicher Wiese auf diese Auskunftspflicht berufen, nicht auf dieses Aussageverweigerungsrecht hinweisen.
Bei der Frage, ob ein Betrieb in die Handwerksrolle eingetragen werden müsste, sind alle handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen zu klären. Welches sind die freien Tätigkeiten, die in anderen Berufen ausgeübt werden dürfen und deswegen nicht ausschließlich einem Handwerk vorbehalten sind? Welches sind keine wesentlichen Tätigkeiten? Werden die Tätigkeiten handwerklich oder industriell ausgeübt? ...
Hier könnte es sich anbieten die Handwerkskammer, auf das Auskunftsverweigerungsrecht hinzuweisen und sie zu bitten, einem eine Negativliste der verbotenen Tätigkeiten zukommen zu lassen. Nur so könne man entscheiden, ob man sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen will.
Uns liegen mehrere Ankündigungen von Betriebsbesichtigungen aus Schleswig-Holstein vor. Bei diesen Briefen wurde das Briefpapier der Handwerkskammer Lübeck verwendet. Als Kontaktadresse sind allerdings die Adressen von Kreishandwerkerschaften angegeben. Offensichtlich versuchen die Kreishandwerkerschaften sich so rechtswidrig Informationen über Unternehmen zu besorgen. Sie täuschen ein Auskunftsrecht unter falschem Namen vor, das sie nicht haben. Auf das Aussageverweigerungsrecht nach § 17 Abs. 3 wird nicht hingewiesen. Außerdem wird der Eindruck erweckt, als sei der Betroffene verpflichtet, Geschäftsunterlagen vorzulegen.
Der Mitarbeiter der Kreishandwerkerschaft vom Kreis Lauenburg wird von der Handwerkskammer Lübeck regelmäßig als Beauftragter benannt, der solche Betretungen durchführt. Außerdem hat die Kreishandwerkerschaft ein Kooperationsabkommen mit dem Landkreis Herzogtum Lauenburg, nach dem der Mitarbeiter der Kreishandwerkerschaft auch zum Mitarbeiter beim Landkreis gemacht wurde. In Fällen, in denen nicht einmal der Handwerkskammer ein Betretungsrecht zusteht schlüpft der Mitarbeiter der Kreishandwerkerschaft in seine Rolle als Mitarbeiter des Landkreises und macht zum Beispiel Baustellenbesichtigungen. Durch dieses Abkommen hat der Kreis Herzogtum Lauenburg einer Interessenvertretung Kontrollrechte über Dritte übertragen, die sonst nur zur Wahrnehmung von öffentlichen Interessen und unter Kontrolle der Allgemeinheit zulässig ausgeübt werden dürfen.
Die Vermischung der verschiedenen Aufgaben, die der Gesetzgeber mit Absicht getrennt hat ist rechtswidrig.
Zu dieser Problematik hat der BUH eine Petition an den Landtag von Schleswig-Holstein geschickt. Der Landtag hat immerhin behauptet, dass die Beauftragten der Handwerkskammern darauf hingewiesen wurden auf das Auskunftsverweigerungsrecht hinzuweisen. Nach uns vorliegenden Informationen halten es die Kammern trotzdem nicht nötig Betroffene über ihr Auskunftsverweigerungsrecht zu informieren. siehe Drucksache 16/859 des Landtags von Schleswig-Holstein, Seite 58
Das Bundesverfassungsgericht hat sich 1971 mit den § 17 HwO auseinander gesetzt. Zwar wurde die damalige Verfassungsbeschwerde gegen das Betretungsrecht der Handwerkskammer abgewiesen, aber in der Begründung hat das Gericht deutlich ausgeführt, daß das Betretungsrecht sehr eng ausgelegt werden muß. Dort heißt es:
Es kann in der Tat als fraglich erscheinen, ob bei Einbeziehung der Geschäftsräume in den Geltungsbereich des Art. 13 Abs. 3 GG das in einer Reihe von Gesetzen den Verwaltungsbehörden eingeräumte Recht, zu Kontrollzwecken Betriebsräume zu betreten und darin Besichtigungen und Prüfungen verschiedener Art vorzunehmen, eine zureichende verfassungsrechtliche Grundlage hat. Zwar wird in manchen Fällen der Zweck der "Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" den Eingriff rechtfertigen, zumal bei der weiten, die mittelbare Gefahrenverhütung einschließenden Auslegung dieser Klausel, wie sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 1964 (BVerfGE 17, 232 [251 f.]) zugrunde liegt. Soweit aber den mit der Wirtschafts-, Arbeits- und Steueraufsicht betrauten Behörden das Recht eingeräumt wird, Betriebs- und Geschäftsräume zu betreten, um dort im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Betriebsinhabers zur Auskunftserteilung Geschäftsbücher und Akten zu prüfen oder Waren und Einrichtungen zu besichtigen, wäre eine verfassungsrechtliche Grundlage für diese Maßnahmen nach herkömmlicher Auslegung nur durch eine nicht mehr vertretbare Überdehnung des Anwendungsbereichs des Abs. 3 zu gewinnen.
und weiter
Bei dieser Sachlage erscheint eine Auslegung geboten und zulässig, die bereits bei dem Begriff der "Eingriffe und Beschränkungen" ansetzt und ihn in einer Weise interpretiert, die dem Schutzzweck des Grundrechts gerecht wird, dem erkennbaren Willen des Verfassungsgebers entspricht, aber auch auf die sachlichen Notwendigkeiten der Verwaltung des modernen Staates angemessen Bedacht nimmt. Diese Auslegung geht davon aus, daß - bei prinzipieller Einbeziehung auch der Geschäfts- und Betriebsräume in den Schutzbereich des Art. 13 GG - doch das Schutzbedürfnis bei den insgesamt der "räumlichen Privatsphäre" zuzuordnenden Räumen verschieden groß ist. Den Geschäfts- und Betriebsräumen eignet nach ihrer Zweckbestimmung eine größere Offenheit "nach außen"; sie sind zur Aufnahme sozialer Kontakte bestimmt, der Inhaber entläßt sie damit in gewissem Umfang aus der privaten Intimsphäre, zu der die Wohnung im engeren Sinn gehört. Dem stärkeren Bedürfnis nach Fernhaltung von Störungen des privaten Lebens und der räumlichen Sphäre, in der es sich entfaltet, entspricht es, daß die Begriffe "Eingriffe und Beschränkungen", soweit sie sich auf die Wohnung im engeren Sinn beziehen, streng ausgelegt werden. Das bedeutet, daß ein Betretungs- und Besichtigungsrecht der hier geregelten Art bei Wohnräumen ausgeschlossen ist. Denn hier greift der Schutzzweck des Grundrechts voll durch, dem Einzelnen das Recht, "in Ruhe gelassen zu werden" (BVerfGE 27, 1 [6]), zu sichern. Das gilt auch, soweit in diesen Räumen zugleich eine berufliche oder geschäftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Bei reinen Geschäfts- und Betriebsräumen wird dieses Schutzbedürfnis durch den Zweck, den sie nach dem Willen des Inhabers selbst erfüllen sollen, gemindert. Die Tätigkeiten, die der Inhaber in diesen Räumen vornimmt, wirken notwendig nach außen und können deshalb auch die Interessen anderer und die der Allgemeinheit berühren. Dann ist es folgerichtig, daß die mit dem Schutz dieser Interessen beauftragten Behörden in gewissem Rahmen diese Tätigkeiten auch an Ort und Stelle kontrollieren und zu diesem Zweck die Räume betreten dürfen. Dieser zweckbestimmte Vorgang ist nicht eigentlich eine Störung des Hausfriedens. Der Betriebsinhaber wird demgemäß in aller Regel das Betreten der Räume durch Behördenbeauftragte nicht als einen Eingriff in sein Hausrecht empfinden. Sein psychischer Widerstand mag sich gegen die Besichtigung und Prüfung selbst richten, die er etwa als unnötig, belästigend und deshalb unzumutbar ansieht; in dem bloßen Betreten der Räume, die er durch ihre Zweckwidmung selbst nach außen geöffnet hat, wird er im allgemeinen eine Beeinträchtigung seiner Grundrechtssphäre nicht erblicken.
Geht man im Hinblick auf die Lückenhaftigkeit der Regelung mit dem Bundesminister der Justiz davon aus, daß Art. 13 Abs. 3 GG "von vornherein" nicht die üblichen Betretungs- und Besichtigungsrechte bei Betriebsgrundstücken und Geschäftsräumen erfassen sollte, so erscheint die Annahme nicht unberechtigt, daß auch der Parlamentarische Rat von dieser "unbefangenen" Betrachtungsweise ausgegangen ist. Es muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben zu prüfen, ob Anlaß besteht, zu gegebener Zeit diesen Willen durch eine Neuformulierung des Verfassungstextes eindeutig zum Ausdruck zu bringen.
5. Grenzt man den Kreis der hiernach nicht mehr als "Eingriffe und Beschränkungen" zu qualifizierenden Betretungs- und Besichtigungsrechte für Geschäfts- und Betriebsräume sachgemäß - d. h. unter Beachtung namentlich des Art. 2 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit - ab, so ergibt sich, daß insbesondere folgende Voraussetzungen zu fordern sind:
a) eine besondere gesetzliche Vorschrift muß zum Betreten der Räume ermächtigen;
b) das Betreten der Räume, die Vornahme der Besichtigungen und Prüfungen müssen einem erlaubten Zweck dienen und für dessen Erreichung erforderlich sein;
c) das Gesetz muß den Zweck des Betretens, den Gegenstand und den Umfang der zugelassenen Besichtigung und Prüfung deutlich erkennen lassen;
d) das Betreten der Räume und die Vornahme der Besichtigung und Prüfung ist nur in den Zeiten statthaft, zu denen die Räume normalerweise für die jeweilige geschäftliche oder betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen.
Ist unter diesen Voraussetzungen das Betreten der Geschäfts- und Betriebsräume durch Beauftragte von Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit nicht als eine Beeinträchtigung des Rechts der Unverletzlichkeit der Wohnung anzusehen, so wird dadurch naturgemäß nicht ausgeschlossen, daß das Verwaltungshandeln, dessen Durchführung es dient, als solches unter anderen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten beanstandet werden kann.
(1) Die in der Handwerksrolle eingetragenen oder in diese einzutragenden Gewerbetreibenden sind verpflichtet, der Handwerkskammer die für die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen erforderliche Auskunft über Art und Umfang ihres Betriebs, über die Zahl der im Betrieb beschäftigten gelernten und ungelernten Personen und über handwerkliche Prüfungen des Betriebsinhabers und des Betriebsleiters sowie über die vertragliche und praktische Ausgestaltung des Betriebsleiterverhältnisses zu erteilen. Die Handwerkskammer kann für die Erteilung der Auskunft eine Frist setzen. Auskünfte und Informationen, die für die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen nach Satz 1 nicht erforderlich sind, dürfen von der Handwerkskammer nicht, auch nicht für Zwecke der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, verwertet werden.
(2) Die Beauftragten der Handwerkskammer sind nach Maßgabe des § 29 Abs. 2 der Gewerbeordnung befugt, zu dem in Absatz 1 bezeichneten Zweck Grundstücke und Geschäftsräume des Auskunftspflichtigen zu betreten und dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen. Der Auskunftspflichtige hat diese Maßnahmen zu dulden. Das Grundrecht der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(3) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.
(4) Sofern ein Gewerbetreibender ohne Angabe von Name und Anschrift unter einem Telekommunikationsanschluss Handwerksleistungen anbietet und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes ausübt, ist der Anbieter der Telekommunikationsdienstleistung verpflichtet, den Handwerkskammern auf Verlangen Namen und Anschrift des Anschlussinhabers unentgeltlich mitzuteilen.
Der fett markierte Teil wurde bei der Handwerksnovelle 2003/2004 in den Gesetzestext eingefügt. In der Begründung zu dem Gesetzestext heißt es:
Zu Nummer 16 (§ 17)
Zu Buchstabe a
Nach den Erfahrungen der Praxis ist es erforderlich, die Auskunftspflicht gegenüber der Handwerkskammer auf das erforderliche Maß zu beschränken und insbesondere mit einem Verwertungsverbot für „Zufallserkenntnisse“ zu verbinden. Es soll insbesondere ausgeschlossen werden, dass die Betretung eines Betriebes im Ergebnis auch der Verfolgung von Schwarzarbeit gemäß § 117 oder der §§ 1, 2 oder 4 SchwArbG dient. Eine solche Verfolgung ist den unabhängigen staatlichen Behörden (Ordnungsbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft) vorbehalten und darf im Übrigen nur nach Maßgabe der strengen Vorschriften der StPO und des OWiG erfolgen. Das Betretungsrecht der Kammern darf nicht einer Durchsuchung gleichkommen, an die der Gesetzgeber aus gutem Grunde hohe Anforderungen gestellt hat, und für die insbesondere eine gerichtliche Kontrolle vorgeschrieben ist. Dem BVerfG liegt im Zusammenhang mit der Handhabung des § 17 durch die Handwerkskammern eine Reihe von Verfassungsbeschwerden vor.
Zu Buchstabe b
Die Regelung über die Zeiten des Betretungsrechts in Absatz 2 wird präzisiert durch die Bezugnahme auf die generelle Norm des § 29 Abs. 2 GewO.
Zitat: "Die Beauftragten sind befugt, zum Zwecke der Überwachung Grundstücke und Geschäftsräume des Betroffenen während der üblichen Geschäftszeit zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen, sich die geschäftlichen Unterlagen vorlegen zu lassen und in diese Einsicht zu nehmen. Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung können die Grundstücke und Geschäftsräume tagsüber auch außerhalb der in Satz 1 genannten Zeit sowie tagsüber auch dann betreten werden, wenn sie zugleich Wohnzwecken des Betroffenen dienen; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt."
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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