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Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht

OVG Rheinland-Pfalz zu Auskunftspflichten gegenüber der Handwerkskammer

OVG Rheinland-Pfalz - 12 A 115/85 vom 16.01.1986 (veröffentlicht auch in GewArch 1986, Seite 136)

Abschrift

Leitsatz: Die in § 17 Abs. 1 HandwO normierte Auskunftspflicht umfasst nicht die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen bei der Handwerkskammer.

OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Auskunftsverlangens nach § 17 Handwerksordnung

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der/Beratung vom 16. Januar 1986, an der teilgenommen haben

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 02. August 1985 -7 K 183/84- wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 350,- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

...

Tatbestand

Der Kläger ist in xxx auf dem Gebiet der Lüftungsmontage selbständig tätig. Sein Gewerbe übt er unter der Bezeichnung "Montage von Lüftungskanälen" aus.

Zur Prüfung der Frage, ob dieser sich unerlaubterweise handwerklich betätigt, bat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober 1983 um Mitteilung darüber, auf welche Art und Weise er Kanäle montiere und welche Hilfsmittel bzw. Werkzeuge hierfür verwendet würden. Dies beantwortete der Kläger unter dem 07- Mai 1984 dahingehend, daß seine Firma als Leihfirma bei verschiedenen Lüftungsbetrieben arbeite. Sie führe unter Aufsiehst eines Obermonteurs des jeweiligen Betriebes Montagearbeiten aus. Dazu werde nicht mehr als eine Werkzeugkiste mit Schlüssel, Hammer, Meißel, Schraubenzieher und anderem benötigt.

Mit Bescheid vom 10. September 1984 forderte die Beklagte den Kläger auf, die von seinem Gewerbebetrieb im Kalenderjahr 1983 und laufend 1984 ausgestellten Rechnungsunterlagen bis zum 01. Oktober 1984 bei der Handwerkskammer vorzulügen und die Vollständigkeit der übergebenen Unterlagen durch einen Steuerberater testieren zu lassen. Pur den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Ordnungsgeld von 1.000,-DM angedroht. Gestützt wurde die Aufforderung auf die §§ 17 und 112 der Handwerksordnung -HandwO-, Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß die Unterlagen vorzulegen seien, um klären zu können, inwieweit er eintragungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausübe.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, daß er keine eintragungspflichtigen Tätigkeiten ausführe" Er beziehe lediglich von der jeweiligen Firma montierungsfertige Kanäle bzw. Rohre, die auf bereits vorhandene Konsolen montiert würden" Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1984 zurück und führte zur Begründung insbesondere aus, daß nur mittels der angeforderten Rechnungsunterlagen der Nachweis geführt werden könne, ob es sich bei dem Gewerbebetrieb des Klägers um ein eintragungspflichtiges Handwerksunternehmen handele oder nicht.

Der Kläger hat daraufhin am 16. November 1984 Klage erhoben und diese vor allem damit begründet: § l7 HandwO sei vorliegend nicht einschlägig, da sein Betrieb weder in der Handwerksrolle eingetragen sei noch darin einzutragen wäre. Im übrigen habe er durch vollständige Darstellung des Tätigkeitsbereichs hinreichende Auskunft darüber gegeben, daß es sich bei den von ihm ausgeübten Tätigkeiten weder um die Ausübung eines Handwerks noch um wesentliche Teiltätigkeiten eines Handwerks handele.

Der Kläger hat Beantragt,

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat beanträgt,

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat der Klage durch Urteil vom 02. August 1935 stattgegeben und. zur Begründung im wesentlicher, ausgeführt: Zwar sei der Kläger gemäß § 17 Abs. l HandwO grundsätzlich verpflichtet, der Beklagten Auskünfte über seinen Betrieb zu erteilen. Dies gelte auch dann, wenn -wie hier- nicht zweifelsfrei feststehe, ob der Betreffende ein Handwerk betreibe. Das konkrete Begehren der Beklagten sei aber von der vorgenannten Bestimmung nicht mehr gedeckt. Denn die Auskunftspflicht in § 17 Abs. l HandwO beziehe sich lediglich auf die für die Beurteilung des Betriebes erforderlichen und zweckdienlichen Angaben, umfasse hingegen nicht auch die Verpflichtung, die entsprechenden Unterlagen und Belege der Handwerkskammer unmittelbar zuzuleiten. Vielmehr könne sich die Beklagte gegebenenfalls durch den Gebrauch den ihr durch § 17 Abs. 2 HandwO eingeräumten Rechts auf Durchführung einer Betriebsbesichtigung und -prüfung Gewißheit über die Richtigkeit der Angaben verschaffen. Daß jedoch eine Verpflichtung des Klägers zur Vorlage von Unterlagen bei der Beklagten nicht bestehe, zeige auch die zu der ähnlich lautenden Vorschrift des § 55 Abs. l des Güterkraftverkehrgesetzes ergangene Rechtsprechung.

Gegen das ihr am 23. August 1985 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05. September 1985 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt: Das Verwaltungsgericht habe die Systematik und die Tragweite des § 17 HandwO verkannt. Dessen Absätze l und 2 seien völlig eigenständige Anspruchsnormen. Absatz l habe den Regelungsinhalt, die "erforderliche Auskunft" zu geben. Durch diese Formulierung habe der Gesetzgeber der Handwerkskammer bewußt einen Entscheidungsspielraum offengelassen. Die Befugnisse des Abs. 2 seien demgegenüber erst als ultima ratio auszuüben. Die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderliche Auskunft umfasse vorliegend auch die Vorlage der Rechnungsunterlagen. Denn nur anhand dieser Unterlagen könnten die Überprüfung und Entscheidung hinsichtlich der Eintragungspflicht der Betätigung getroffen werden. Dabei sei die Vollständigkeit der Unterlagen unerläßlich. Deshalb werde das Testat des Steuerberaters verlangt, um dies sicherzustellen. Im übrigen könne es dem Kläger durchaus zugemutet werden, ihr die Unterlagen kurzfristig zu überlassen.

Die Beklagte beantragt,

Der Kläger beantragt,

Er ist der Auffassung, daß er seiner Auskunftspflicht hinreichend nachgekommen sei. Außerdem sehe das Gesetz darüber hinaus nur vor, daß die Beklagte im Betrieb des Auskunftspflichtigen überprüfe, ob die gegebenen Auskünfte richtig seien. Andere Befugnisse stünden der Beklagten nicht zu. Im übrigen beziehe er sich auf sein Vorbringen in erster Instanz.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (s. Schriftsatz des Klägers vom 04. November 1985 GA Bl. 66- und der Beklagten vom 06. November 1985 -OA Bl. 68-).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltung- und Widerspruchsakten der Handwerkskammer der Pfalz. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

Die Berufung, über die der Senat nach §§ 125 Abs. l und 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. September 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 1984 ist fehlerhaft. Die Beklagte kann von dem Kläger nicht die Vorlage der angeforderten Rechnungsunterlagen und ein Testat über deren Vollständigkeit verlangen. Ebensowenig ist in diesem Zusammenhang Raum für die Androhung eines Ordnungsgelds für den Fall der Zuwiderhandlung. Denn es liegen bereits die Voraussetzungen für das Vorlageverlangen der Beklagten nicht vor.

Als Rechtsgrundlage für dieses Vorlagebegehren kommt allein die Bestimmung des § 17 Abs. l der Handwerksordnung -HandwO-i.d.F. vom 28. Dezember 1965 (BGBl 1966 I S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25- Juli 1984 (BGB1 I S. 1008), in Betracht. Nach dieser Bestimmung sind die in der Handwerksrolle eingetragenen oder in diese einzutragenden Gewerbetreibenden verpflichtet, der Handwerkskammer die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderliche Auskunft über Art und Umfang ihres Betriebes, über die Zahl der im Betrieb beschäftigten gelernten und ungelernten Personen und über handwerkliche Prüfungen des Betriebsinhabers und des Betriebsleiters zu geben. In diesem Zusammenhang ist der Kreis der Auskunftspflichtigen im Sinne dieser Vorschrift -wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat- weit auszulegen. Diese Auskunftspflicht umfaßt alle Betriebe, die nicht offensichtlich nichthandwerksmäßig geführt werden, deren Zuordnung aber zweifelhaft ist (vgl. Siegert-Muslelak, Das Recht des Handwerks, 2. Auflage, § 17 Rdnr. 3 ; Eyermann-Fröhler-Honig, HandwO, § 17 Rdnr. 2 ; Kübler-Aberle-Schubert, Die deutsche Handwerksordnung, § 17 Rdnr. 3; OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1968, 62; VG Augsburg GewArch 1974, 343). Hiernach fällt auch der Kläger unter diesen Kreis, da nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß sein Betrieb in die Handwerksrolle einzutragen ist. Die vorgenannte Auslegung hebt jedoch nur einen, nämlich den sachlichen Gesichtspunkt hervor. Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz hat hingegen in seiner Entscheidung von. 21. Dezember 1966 (GewArch 1968, 62) dargelegt, daß in den Begriff der in die Handwerksrolle "einzutragenden Gewerbetreibenden" auch persönliche Merkmale einzubeziehen sind. Dazu hat der 2. Senat ausgeführt:

"Denn als Hilfsmittel ... bezweckt das Auskunftsrecht, den Handwerkskammern die Prüfung der Eintragungspflichtigkeit der Gewerbetreibenden zur ermöglichen. Eintragungspflichtig ist ein Gewerbetreibender aber nur, wenn er auch eintragungsfähig ist. Seine Eintragungsfähigkeit hängt aber sowohl von sachlichen (selbständiger Handwerksbetrieb) als auch von persönlichen Voraussetzungen (Meisterprüfung, gleichwertige Prüfung oder Ausnahmebewilligung) ab. Fehlt offensichtlich eine dieser Eintragungsvoraussetzungen und ist deshalb die Eintragung eines Gewerbetreibenden unzweifelhaft nicht zulässig, so ist auch ein Auskunftsbegehren der Handwerkskammer mit dem Ziel der Klärung der Eintragungsgrundlagen, weil diese nicht mehr klärungsbedürftig sind, gegenstandslos und unzulässig."

Des weiteren hat der 2. Senat in diesem Urteil darauf Hingewiesen, daß angesichts einer solchen Eintragungsunfähigkeit die Beklagte mit ihrem Auskunftsbegehren nur den Zweck verfolgen könne, die zuständige Behörde zu einem Einschreiten gegen den Gewerbetreibenden zu veranlassen, falls die Auskunft ergeben sollte, daß dieser ein Handwerk betreibe. Zu diesem Zweck stehe aber das Auskunftsrecht der Handwerkskammer nicht zur Verfügung (vgl. Urteil vom 21. Dezember 1966, aaO). Bei Anwendung dieser Rechtsprechung müßte der hier von der Beklagten geltend gemachte Auskunftsanspruch bereits verneint werden. Andererseits bleibt zu sehen, daß die vorgenannte Rechtsauffassung in der Literatur nicht unumstritten ist (vgl. u.a. Siegert-Musielak, § 17 Rdnr. 4; Froehler in einer Anmerkung zu dem vorgenannten Urteil in GewArch 68, 63). Vorliegend bedarf es jedoch keiner Entscheidung des erkennenden Senats darüber, ob er sich der vorgenannten Rechtsprechung des 2. Senats anschließt. Denn das von der Beklagten verfolgte Auskunftsverlangen ist Jedenfalls in seinem konkreten Umfang nicht mehr von der in Abs. i HandwO normierten Auskunftspflicht gedeckt. Insoweit ist den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu folgen.

Ausgehend von dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 bleibt nämlich zu sehen, daß darin nur von der "erforderlichen Auskunft" die Rede ist. Die Vorlage von Unterlagen wird dort mit keinem Wort erwähnt. Wenn der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift auch die Vorlage von Unterlagen hätte regeln wollen, so hätte er dies sicherlich ausdrücklich in den Wortlaut der Norm aufgenommen. Denn im gleichen Gesetz hat er in § 111 Abs. 1 HandwO zwischen Auskunftserteilung und Vorlage von Unterlagen unterschieden. Dort heißt es nämlich: "Die...Betriebe...haben...die...erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen." Daraus ist im Umkehrschluß zu folgern, daß aufgrund der Nichtbenutzung dieser Formulierung in § 17 Abs. l HandwO eine Vorlage von Unterlagen in diesem Zusammenhang nicht erfolgen sollte. Daß zwischen der Auskunftserteilung einerseits und der Vorlage von Unterlagen andererseits durchaus zu unterscheiden ist, zeigt auch ein Blick auf andere Gesetze, wie zum Beispiel auf die Abgabenordnung -AO-. Dort werden die Begriffe "Auskunftserteilung" und "Vorlage von Unterlagen" getrennt nebeneinander verwendet (vgl. §§ 93, 97, 200 Abs. 3 AO), woraus ebenfalls zu schließen ist, daß nach Auffassung des Gesetzgebers die Vorlage von Unterlagen im Begriff der "Auskunftserteilung" nicht enthalten ist. Im übrigen ergibt sich pine Vorlageverpflichtung auch nicht nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes -VwVfG-. In § 26 VwVfG ist nämlich die Vorlage von Unterlagen 'an die Behörde ebenfalls nicht vorgesehen.

Besteht mithin kein Anspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger auf Vorlage von Unterlagen, so kann die Beklagte auch nicht das geforderte Testat verlangen. Aus dem gleichen Grunde scheidet ebenfalls die vorgenommene Ordnungsgeldandrohung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO I.V.m. §§ 700 Ziffer 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht, zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht ersichtlich sind.

gez. Dr. Schunk
gez.- Denk
gez. Kappes-Olzien

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