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Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Betriebsschließung / Gewerbeuntersagungen im Handwerk

Seit Sommer 2007 erhalten Unternehmer im handwerklichen Umfeld immer wieder Schreiben von Handwerkskammern in denen diese Schließung des Gewerbebetriebs nach § 16 Handwerksordnung androhen. Es wird darin behauptet, der Betroffene würde ein zulassungspflichtiges Handwerk im stehenden Gewerbe ausüben.

Immer wieder wird in solchen Schreiben folgende Textpassage verwendet:

Nach § 1 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks ist es den natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften nur dann gestattet, ein Handwerk als stehendes Gewerbe auszuüben, wenn diese in die Handwerksrolle eingetragen sind. Werden handwerkliche Leistungen im Sinne des § 1 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks ohne Handwerksrolleneintragung durchgeführt, liegt in der Regel Schwarzarbeit in Form der unerlaubten Handwerksausübung und damit eine Ordnungswidrigkeit vor. Für einen Verstoß ist es grundsätzlich unerheblich, wie lange, in welchem Umfang und mit welchem Erfolg die unzulässige Tätigkeit ausgeübt wird bzw. ausgeübt worden ist.

Diese Passage enthält mehrere Fehler.

Minderhandwerk

Auch ohne Eintragung in die Handwerksrolle dürfen handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden wenn diese nicht wesentlich sind. Dies ist in § 1 Abs. 2 normiert. Keine wesentlichen Tätigkeiten sind insbesondere solche, die

  • 1. in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können,
  • 2. zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist, oder
  • 3. nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind.
  • Für Details haben wir Informationen zu einfachen handwerklichen Tätigkeiten zusammengestellt.

    Unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb

    Ohne Eintragung in die Handwerksrolle dürfen alle handwerklichen Tätigkeiten im so genannten unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb ausgeführt werden.

    Reisegewerbe

    Die Textpassage der Handwerkskammern schränkt zwar zunächst auf das stehenden Gewerbe ein, aber im weitere Text wird so getan als seien handwerklichen Tätigkeiten immer verboten, wenn sie ohne Handwerksrollen Eintragung ausgeübt werden. Im Reisegewerbe kann jedoch ohne Eintragung in die Handwerksrolle die volle Kunstfertigkeit fast jeden Handwerks ausgeübt werden.

    Nach unserer Auffassung handelt es sich bei solchen Schreiben der Handwerkskammern um ein rechtswidriges Auskunftsverlangen. Dafür spricht insbesondere, dass die Kammern solche Schreiben verschicken, seit dem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass die Handwerkskammern kein Auskunftsrecht nach § 17 HwO hat, wenn von vornherein feststeht, dass der Betroffene nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden kann, weil er die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.

    Im weiteren Verlauf der Schreiben drohen die Kammern dann mit Bußgeldverfahren wegen angeblich unberechtigter Handwerksausübung bzw. einer ordnungsbehördlichen Betriebsuntersagung und -schließung (§ 117 und § 16 Abs. 3 und 9 HwO).

    Bußgeldverfahren und Betriebsschließungen können von der Kammer nur betrieben werden, wenn die Kammer konkret benennen kann, dass Sie wesentliche Tätigkeiten in erheblichem Umfang im stehenden Gewerbe (also nicht im Reisegewerbe) ausüben und außerdem kein unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb vorliegt. Deswegen sollten Sie sich von dieser leeren Drohung der Kammer nicht verunsichern lassen - selbständige Arbeit ist ihr Gutes (Grund)-Recht. Sie sollten das Schreiben der Kammer aber auf jeden Fall ernst nehmen. Solch ein Schreiben ist ein deutliches Anzeichen, dass sie mit weiteren Schreiben der Kammer rechnen müssen. Wir empfehlen, dass Sie sich umfassend über Ihre Rechte zur Handwerksausübung ohne Meisterbrief informieren. Auf dieser Homepage finden Sie viele entsprechende Informationen. Prüfen Sie diese Informationen selber kritisch. Informieren Sie sich bei einem auf Handwerksrecht spezialisierten Anwalt. Möglicherweise kann Ihnen die IHK einige Hinweise geben. Um Zeit zu gewinnen können Sie die Kammer auch ganz unbedarft fragen, warum Sie meint, dass Sie ein zulassungspflichtiges Handwerk ausüben. Geben Sie dabei möglichst keine Informationen, sondern lassen Sie die Kammer ihre Informationen offen legen. Seien Sie sich bewusst, dass die Kammer jede Information, die sie bekommt gegen Sie verwenden kann.

    Grundsätzliches zu handwerksrechtlichen Schließung des Gewerbebetriebs

    Bei der Handwerksnovelle 2003/2004 hat der Gesetzgeber bestimmt, daß Ordnungsbehörden nicht selber entscheiden dürfen, ob sie eine Gewerbe untersagen. Vorher müssen HwK und IHK übereinstimmende Stellungnahmen abgeben.

    § 16 Abs. 3 bis Abs. 9 lauten:

    (3) Wird der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes ausgeübt, so kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die Fortsetzung des Betriebs untersagen. Die Untersagung ist nur zulässig, wenn die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer zuvor angehört worden sind und in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt haben, dass sie die Voraussetzungen einer Untersagung als gegeben ansehen.
    (4) Können sich die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer nicht über eine gemeinsame Erklärung nach Absatz 3 Satz 2 verständigen, entscheidet eine von dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag und dem Deutschen Handwerkskammertag (Trägerorganisationen) gemeinsam für die Dauer von jeweils vier Jahren gebildete Schlichtungskommission. Die Schlichtungskommission ist erstmals zum 1. Juli 2004 zu bilden.
    (5) Der Schlichtungskommission gehören drei Mitglieder an, von denen je ein Mitglied von jeder Trägerorganisation und ein Mitglied von beiden Trägerorganisationen gemeinsam zu benennen sind. Das gemeinsam benannte Mitglied führt den Vorsitz. Hat eine Trägerorganisation ein Mitglied nicht innerhalb von einem Monat nach Benennung des Mitglieds der anderen Trägerorganisation benannt, so erfolgt die Benennung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit benennt auch das vorsitzende Mitglied, wenn sich die Trägerorganisationen nicht innerhalb eines Monats einigen können, nachdem beide ihre Vorschläge für das gemeinsam zu benennende Mitglied unterbreitet haben. Die Schlichtungskommission gibt sich eine Geschäftsordnung.
    (6) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Schlichtungsverfahren zu regeln.
    (7) Hält die zuständige Behörde die Erklärung nach Absatz 3 Satz 2 oder die Entscheidung der Schlichtungskommission für rechtswidrig, kann sie unmittelbar die Entscheidung der obersten Landesbehörde herbeiführen.
    (8) Bei Gefahr im Verzug kann die zuständige Behörde die Fortsetzung des Gewerbes auch ohne Einhaltung des Verfahrens nach Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 vorläufig untersagen.
    (9) Die Ausübung des untersagten Gewerbes durch den Gewerbetreibenden kann durch Schließung der Betriebs- und Geschäftsräume oder durch andere geeignete Maßnahmen verhindert werden.

    Zur Begrüdnung führt der Gesetzgeber in Bundestagsdrucksache 15/1206 aus:

    Zu Absatz 3

    Die Änderungen des Absatzes 3 regeln, dass die Industrie und Handelskammer vor der Untersagung eines Betriebs angehört werden muss. Nach geltendem Recht ist die Industrie- und Handelskammer nur im Falle eines Rechtstreites über eine Betriebsschließung zu beteiligen. Dies ist nicht ausreichend. Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass in Fällen des § 16 die IHKs nur sehr unregelmäßig beigeladen werden. Zudem ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Auseinandersetzung regelmäßig auch zu spät, um Abgrenzungsfragen für den betroffenen Betrieb möglichst unbürokratisch und ohne größere Kosten zu klären.
    Da es sich immer um eine Rechtsbehauptung handelt, ob ein Betrieb entgegen der Vorschriften der Handwerksordnung ausgeübt wird, muss von Anfang an die IHK mitwirken. Es ist im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes für ein etwa betroffenes IHK-Mitglied nicht sachgerecht, der Handwerkskammer die Einleitung des Verfahrens ohne Beteiligung der IHK zu überlassen, solange nicht geklärt ist, ob der Betrieb gegen die Handwerksordnung verstößt, und der IHK eine Beteiligung erst dann zu ermöglichen, wenn die Behörde die Betriebsschließung abgelehnt und die Handwerkskammer dagegen den Verwaltungsrechtsweg bestritten hat. Effektiver Rechtsschutz verlangt frühzeitige gleichberechtigte Beteiligung beider Kammern.
    Nach den Erfahrungen der Praxis wird vielfach eine Betriebsschließung auf Antrag der Handwerkskammer verfügt, obwohl bei der gebotenen großzügigen Auslegung der Ausnahmetatbestände der Handwerksordnung keine unerlaubte Handwerksausübung vorliegt. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen eine einfache oder sonst dem Erfordernis der Meisterprüfung nicht unterliegende Tätigkeit ausgeübt wird. In solchen Fällen handelt es sich um ein Unternehmen, das Mitglied der Industrie- und Handelskammer ist. Die Betriebsschließung greift in solchen Fällen unmittelbar in den Mitgliederbestand der Industrie- und Handelskammer ein. Es ist daher geboten, die Behörden zu verpflichten, die Industrie- und Handelskammer vor der Schließung anzuhören. Damit wird vorgebeugt, dass nicht unberechtigt Betriebe geschlossen und Arbeitsplätze vernichtet werden.
    Voraussetzung einer Betriebsuntersagung ist, dass Industrie und Handelskammer und Handwerkskammer in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt haben, dass sie die Voraussetzungen für die Untersagung als gegeben ansehen. Dies ist erforderlich, weil es sich oftmals um schwierige Abgrenzungsfragen handelt, über die sich dieKammernverständigen sollten. So bestehen seit Jahren Abgrenzungsprobleme, die bisher nicht abschließend gelöst werden konnten. Das betrifft zum Beispiel die Montage industriell vorgefertigter Blockhäuser, Gips-, Spritz- und Putzarbeiten, selbständige Wartungsarbeiten an medizinischen Dialysegeräten, Küchenmontagen sowie den Fassadenbau/Wärmedämm-Verbundsysteme.
    Die Behandlung der Fragen in den für den Vollzug der Handwerksordnung und des IHK-Gesetzes zuständigen Bund-Länder-Ausschüssen hat ergeben, dass Schwierigkeiten bei der Ermittlung der relevanten Sachverhalte bestehen und Rechtsbehauptungen betroffener Verbände vorgelegt werden. Eine Auslegung der Handwerksordnung nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung konnte hierbei nicht erreicht werden. Dies soll künftig eine Schlichtungskommission leisten.

    Zu Absatz 4

    Die Schlichtungskommission wird befasst, wenn keine Einigung zwischen der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Untersagung erreicht wird. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Deutsche Handwerkskammertag als Trägerorganisationen werden verpflichtet, eine gemeinsame Schlichtungskommission zur Behandlung von Streitigkeiten über die Eintragung eines Gewerbetreibenden in die Handwerksrolle zu bilden.
    Dies ist sachgerecht und erforderlich. Es ist nicht vertretbar, wenn Betroffene teilweise jahrelange Rechtsunsicherheit hinnehmen müssen, Bußgeldverfahren eingeleitet, Betriebe möglicherweise ungerechtfertigt geschlossen werden, Arbeitsplätze verloren gehen, Existenzgründungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen erschwert werden. Das Schlichtungsverfahren beschleunigt die Schaffung von Rechtssicherheit. Die Regelung nimmt die Kammern in Verantwortung, im Interesse ihrer Mitglieder tätig zu werden. Ein verwaltungsgerichtliches Verfahren zieht sich oftmals über mehrere Jahre hin. Der Betroffene kann erst recht nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, im Bußgeldverfahren klären zu lassen, ob die ausgeübte berufliche Tätigkeit ohne Eintragung in die Handwerksrolle vorgenommen werden darf (vgl. BVerfG Az. 1 BvR 2129/02).
    Der Rechtsschutz für den betroffenen Gewerbetreibenden wird durch die Einführung des Schlichtungsverfahrens nicht verkürzt, da ihm nach § 12 die Beschreitung des Verwaltungsrechtswegs unbenommen bleibt.
    Die Industrie- und Handelskammer hat bereits nach geltendem Recht kein Klagerecht gegen die Entscheidung der Behörde. Bis zur Novelle von 1965 galt, dass die Handwerkskammern keine rechtlichen Möglichkeiten hatten, eine verbindliche gerichtliche Klärung herbeizuführen, wenn die Gewerbebehörde von Maßnahmen gegen den Gewerbetreibenden absah, weil sie in der Beurteilung der Betriebsform eine andere Auffassung als die Handwerkskammer vertrat. Erst die Änderung des § 16 Abs. 3 HwO hat den Handwerkskammern die erforderliche Klagebefugnis (konstitutiv) verschafft. Entfällt diese, wie vorliegend, gilt grundsätzlich wieder die Rechtslage wie vor 1965.
    Eine Klagebefugnis der Handwerkskammern entsteht auch nicht durch das in der Novelle vorgesehene Anhörungsrecht. Anhörungsrechte in einem Verwaltungsverfahren können unterschiedlicher Natur sein. Sie können eine partielle Beteiligtenstellung begründen, die auch eine unbeschränkte Klagebefugnis gegen die Sachentscheidung verschafft oder zumindest eine Klagebefugnis, die auf die Geltendmachung der Verletzung des Verfahrensrechts beschränkt ist. In Fällen, in denen es sich bei einem Anhörungsrecht jedoch nur um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, begründet das Anhörungsrecht kein Klagerecht (so etwa bei § 22 Abs. 2 Satz 1 HwO). Das in der Neufassung begründete Anhörungsrecht beider Kammern stellt eine solche Ordnungsvorschrift dar, da es nach der Neufassung keinen Anspruch der Handwerkskammer auf Untersagung gibt, der durch eine Anhörung gewahrt werden kann. Die Anhörung dient der Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde.

    Zu den Absätzen 5 und 6

    Die Absätze 5 und 6 regeln die Zusammensetzung der Schlichtungskommission und ermächtigen das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, eine Rechtsverordnung über das Schlichtungsverfahren zu erlassen.

    Zu Absatz 7

    Absatz 7 ermöglicht der zuständigen Behörde, unmittelbar die Entscheidung der obersten Landesbehörde herbeizuführen, wenn sie die Entscheidung der Schlichtungskommission für rechtswidrig hält oder die Entscheidung nicht fristgerecht erfolgt. Damit wird klargestellt, dass die Zuständigkeit für die Entscheidung bei der staatlichen Behörde verbleibt. Die Fristen werden durch Rechtsverordnung geregelt.

    Bestimmtheit einer Gewerbeuntersagung

    In der Entscheidung 1 C 36.89 vom 29.09.1992 vom Bundesverwaltungsgericht wird in einem handwerksrechtlichen Verfahren ausgeführt:

    "Inhaltlich hinreichende Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann."

    Eine Gewerbeuntersagung in der lediglich ein oder mehrere Handwerke umfaßt dürfte der Forderung an einen hinreichend Bestimmten Verwaltungsakt nicht genügen. Ohne gegen die Handwerksordnung zu verstoßen darf nämlich jeder zumindest einfache Tätigkeiten (vergliche § 1 Abs. 1 HwO) ausführen.

    In der Entscheidung BVerwG 6 C 20-02 führt das Gericht aus:

    Inhaltlich hinreichende Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann (vgl. Urteil vom 29. September 1992 - BVerwG 1 C 36.89 - Buchholz 451.45 § 16 HwO Nr. 8 5. 5). Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umstände unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 164). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. Urteil vom 15. Februar 1990- BVerwG 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338>).

    Vorläufiger Rechtsschutz bei Gewerbeuntersagungsverfahren

    Gegen ein eingeleitetes Schließung des Betriebs kann Widerspruch eingelegt werden. Es kommt immer wieder vor, dass die Ordnungsbehörden die Gewerbeuntersagung sofort vollziehen wollen, obwohl das Verfahren ja noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

    Im Zweifelsfall kommt es zu einem Eilverfahren, ob die Betriebsschließung sofort vollzogen werden darf. Dabei kommt es wesentlich auf eine Abwägung an, ob durch die eine oder andere Entscheidung vollendete Tatsachen geschaffen werden.

    Die Rechtsprechung legt hohe Anforderungen an die Begründung für eine Gewerbeuntersagung im Eilverfahren.

    Berufsverbote dürfen während des Gerichtsverfahrens nach der Verfassungsrechtsprechung nicht allein deshalb vollzogen werden, weil der Bescheid im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Bestand haben wird, sondern nur zur Abwehr konkreter Gefahren (siehe Oberverwaltungsgericht des Saarlands 3 V 8/00 vom 30. Mai 2000).

    Bei konkreten Verfahren kann nicht der alleinige Verweis darauf genügen, dass die Handwerke der Anlage A als Gefahrengeneigt gelten. In der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht BVerfG, 1 BvR 254/99 vom 7.8.2000, Randnummer 19

    "Wird der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit in Gestalt eines Tätigkeitsverbots nur mit mittelbaren Gefahren für die Volksgesundheit begründet, entfernen sich Verbot und Schutzgut so weit voneinander (vgl. hierzu BVerfGE 85, 248 <261>), dass bei der Abwägung besondere Sorgfalt geboten ist."

    Sofortvollzug bei Gewerbeuntersagungen

    Immer wieder ordnen Behörden den Sofortvollzug bei handwerksrechtlichen Betriebsuntersagungen an. Insbesondere gegen diesen Sofortvollzug sollte man sich zur Wehr setzen. An den Sofortvollzug stellt das Bundesverfassungsgericht hohe Anforderungen. Zum Beispiel in der Entscheidung 1 BvR 1594/03 vom 24.10.2003 Abs. 15 heißt es:

    "Die von den Gerichten bestätigte Abweichung von der im Gesetz grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (§ 80 Abs. 1 VwGO) stellt einen selbständigen Eingriff dar, der in seinen Wirkungen über diejenigen des noch im Klageverfahren zu überprüfenden Widerrufs hinausgeht. Dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Er genügt nicht den strengen Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an einen präventiven Eingriff in die Berufsfreiheit schon vor Rechtskraft des Hauptverfahrens zu stellen sind. Danach können es überwiegende Belange zwar ausnahmsweise rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Wegen der gesteigerten Eingriffsintensität beim Sofortvollzug einer Approbationsentziehung sind hierfür jedoch nur solche Gründe ausreichend, die in angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen und die ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptverfahrens ausschließen."

    Und weiter

    Es fehlt in den angegriffenen Entscheidungen an einer Auseinandersetzung mit der grundlegenden Frage, ob und welche konkreten Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter für den Fall drohen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung bis zur Entscheidung in der Hauptsache aufgehoben wird.

    Anhörung der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer bei Gefahr im Verzug

    VG Stuttgart, Beschluss vom 20.07.2005 - 4 K 2096/05
    1. Geht vom Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, das nach Auffassung der zuständigen Behörde entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung betrieben wird, eine konkrete Gefahr aus und ist deshalb die Einholung einer gemeinsamen Erklärung der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer nicht mehr möglich, so ist die zuständige Behörde im Interesse einer möglichst umfassenden Sachverhaltsaufklärung gehalten, zu prüfen, ob nicht gleichwohl jeweils getrennte Stellungnahmen eingeholt werden können. Angesichts der heute zur Verfügung stehenden modernen Telekommunikationsmittel dürfte dies in der Regel nicht verneint werden können.
    2. Hat die zuständige Behörde ohne vorherige Beteiligung der Kammern nach § 16 Abs. 8 HwO eine vorläufige Fortführung des Betriebs untersagt, so hat sie das Beteiligungsverfahren unverzüglich nachzuholen, damit die Erklärung nach § 16 Abs. 3 S. 2 HwO zumindest im Abhilfe- und Widerspruchsverfahren sowie ggf. in einem anhängigen Verfahren des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes berücksichtigt und verwertet werden kann.
    Das Urteil wurde vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 16. Dezember 2005 bestätigt Az. 6 S 1601/05

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