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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Bremen - Bürgerschaftswahlen 2019 - Unabhängige Handwerkerinnen haben die Wahl

Wir haben Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament und zur Landtagswahl in Bremen (Bremische Bürgerschaft) Fragen an die Parteien gerichtet. Hier gehts zu den Anworten.

Die Fragen:

CDU, Carsten Meyer-Heder, Spitzenkandidat bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft

BUH: Sie sprachen kürzlich im Bremer Weser Kurier von Crowdworking im Handwerk. Kännen Sie uns Ihre Vorstellungen erläutern?

Neben der ausreichenden Bereitstellung von kleinteiligen Gewerbeflächen, die für Handwerksbetriebe geeignet sind, sehen wir als CDU Bremen großes Potenzial in der Errichtung von dezentralen Gewerbe- und Handwerkerhäfen, um Handwerksbetrieben und Existenzgründern günstige, stadtnahe und flexibel nutzbare Gewerberäume anbieten zu kännen. Dort kännten Handwerksbetriebe bei Interesse Werkstätten bzw. teure Geräte gemeinsam nutzen. Auch gemeinsam genutzte Büros für Existenzgründer wären denkbar. In der IT und der Kreativszene bereits erfolgreiche Modelle des ãCrowdworkingÒ ließen sich so auf das Handwerk übertragen.

BUH: Das Handwerk genießt das Privileg einer hohen Berufszugangsschranke: Den Meisterzwang. Das jüngste Gutachten der Monopolkommission stellt den Meisterzwang in Frage. Welche Position haben Sie dazu und halten Sie solche Hürden auch in Ihrem unternehmerischen Bereich für sinnvoll?

Die Meisterpflicht gilt nach der Handwerksnovelle aus dem Jahr 2004 noch für 41 der 94 Handwerksberufe. Das Gutachten der Monopolkommission steht der Meisterpflicht kritisch bis ablehnend gegenüber. Wir halten sie dennoch nicht für eine ungerechtfertigte ãBerufsbeschränkungÒ. Nach Ansicht der EU-Kommission und der OECD ist die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland in großen Teilen auf das erfolgreiche System der dualen Berufsausbildung zurückzuführen. Dieses kann jedoch nur funktionieren, wenn sich dauerhaft eine ausreichende Zahl von Betrieben daran beteiligt. Die Zahl der Ausbildungsplätze im Handwerk ist in den vergangenen Jahren auch deswegen gesunken, weil die Zahl der Ausbildungsbetriebe seit der Handwerksnovelle rückläufig ist. In den zulassungsfreien Gewerken haben prekäre Geschäftsmodelle, wie Ein-Mann-Betriebe und Subunternehmer am Rande der Scheinselbständigkeit zugenommen, die eine geringere †berlebensrate aufweisen. Auch wenn dies selbstverständlich nicht auf alle Betriebe zutrifft, ist diese Entwicklung dem dualen Ausbildungssystem dennoch nicht zuträglich. Daher lehnen wir als CDU eine Herausnahme weiterer Berufe aus der Meisterplicht ab.

BUH: Die engherzige Auslegung des Meisterzwangs führt zu unverhältnismäßigen Behärdenmaßnahmen (z.B. Hausdurchsuchungen), jahrelangen Ermittlungen und Rechtsstreitigkeiten. Welche Impulse kännten von der CDU in Bremen für das Prinzip der Berufsfreiheit auch im Handwerk ausgehen?

Als CDU Bremen lehnen wir die Herausnahme weiterer Berufe aus der Meisterpflicht ab. Gleichzeitig kännen wir die Interessen des Reisegewerbes nachvollziehen. Die Handwerkskammer und -innungen müssen davon absehen, Reisegewerbetreibenden pauschal fehlende Qualifizierung bzw. Illegalität zu unterstellen. Für die Bekämpfung von Schwarzarbeit ist der Staat zuständig; bei allen behärdlichen Maßnahmen ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Regelungen zum Datenschutz - etwa bei der vom BUH kritisierten Weitergabe von Daten der Gewerbeämter an die Handwerkskammern- müssen eingehalten werden. Gleichwohl wird es immer Zweifels- und Streitfälle geben, denn Reisegewerbetreibende sind in ihrer Berufsausübung bestimmten Einschränkungen unterworfen. Diese Fälle müssen in einem Rechtsstaat unter Umständen vor Gerichten geklärt werden, wenn eine Einigung auf anderem Weg nicht mäglich ist.


Die LINKE, Claudia Bernhard, arbeitsmarktpolitische Sprecherin, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft (MdBB)

Vorbemerkung:

Wir sind uns als Linke der Bedeutung der freien Berufsausübung sehr bewusst. Viele Linke haben ihr Auskommen in freigewerblichen Berufen gesucht, weil sie konfrontiert waren mit Berufsverboten, Exil, autoritären Zulassungssystemen. Handwerk, Gastronomie, IT-Berufe waren klassische Bereiche, in denen Migrant*innen, Linke, Antiautoritäre und aufstiegsorientierte Proletarier*innen davon profitierten, dass ihnen der Zugang nicht von berufsständischen Organisationen und formalisierten Abschlüssen verwehrt werden konnte. Das spricht nicht gegen formale Qualifikationen, aber gegen ihre Rolle als absolute Zulassungs- und Berufsbeschränkungen und als alternativlose Flaschenhälse, die von ständischen Institutionen kontrolliert werden, um den Zugang zum Berufsmarkt knapp zu halten. Insbesondere dürfen Zusatzqualifikationen nach der eigentlichen Ausbildung nicht die Voraussetzung zur Berufsausbildung sein – das gilt für den Meisterbrief ebenso wie für die deutsche Institution der Habilitation. Ebenso müssen praktische Qualifikationen, wie die langjährige Tätigkeit im Berufsfeld, als gleichwertig zu formalen Qualifikationen gelten können und die Möglichkeit der Selbständigkeit eröffnen.

BUH: Sie sprachen kürzlich im Bremer Weser Kurier von Crowdworking im Handwerk. Kännen Sie uns Ihre Vorstellungen erläutern?

BUH: Noch im letzten Wahlprogramm forderte die Linke keine Verfolgung von freien Handwerkern. In der Bürgerschaft setzte sich Claudia Bernhard enorm für die freie Berufsausübung im Handwerk ein. Weder im neuen wirtschaftspolitischen Programm zur Bürgerschaftswahl am 26.Mai noch im neuen Wahlprogramm finden wir nun Forderungen in diese Richtung. Hat die Bremer Linke sich von der Gewerbefreiheit im Handwerk verabschiedet?

Die LINKE in Bremen unterstützt die europäische Entwicklung zur Gewerbefreiheit im Handwerk. Leitlinie dieser Entwicklungsrichtung ist es, das Anbieten handwerklicher und freiberuflicher Leistungen nicht mehr von ständischen Zulassungssystemen abhängig zu machen. Die Bundesratsinitiative für die Wiedereinführung des verpflichtenden Meisterbriefs unterstützen wir nicht. Wir sind nicht für die Abschaffung des Meisterbriefs, aber wir sind dagegen, dass die selbständige Berufsausübung nur mit Meisterbrief erlaubt sein soll.

BUH: Welche Position vertritt die Linke zur Meisterprämie?

Die Einführung einer allgemeinen Prämie für alle Aufstiegsfortbildungen, einschließlich der Meisterprüfung, begrüßen wir. Das Erwerben einer entsprechenden Aufstiegsqualifikation wird dadurch für viele ermöglicht, die sie sich sonst mangels persönlicher Ressourcen nicht leisten könnten. Dem Bürgerschaftsbeschluss für die Aufstiegsfortbildungsprämie haben wir zugestimmt. Das Erleichtern der Möglichkeit, den Meisterbrief zu erwerben, hat nichts zu tun mit der Frage, dass der Meisterbrief nicht das Monopol zur Berufsausübung sein soll. Darüber hinaus halten wir eine Diskussion für erforderlich, was eigentlich in Zukunft Inhalt und Charakter der Meisterprüfung sein soll.

BUH: Zur Integration von Flüchtlingen engagieren sich insbesondere auch viele freie Handwerkerinnen. Warum ist die Linke bisher nur auf die Handwerkskammer zugegangen? Ist Integration jetzt nur Meistersache?

Im Mittelpunkt der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt steht bislang die Vermittlung in Ausbildung. Das ist auch richtig, da ohne Ausbildung die langfristigen Chancen, auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine existenzsichernde Beschäftigung zu finden, gerade für Geflüchtete schlecht sind. Da die Anzahl von ausbildungsberechtigten freien Handwerksbetrieben eher gering ist, spielte das freie Handwerk bei den Bemühungen um Ausbildungsplätze für Geflüchtete bislang keine große Rolle. Richtig ist, dass dies nicht so bleiben muss. Dafür wäre eine entsprechende Ausbildungsberechtigungs-Offensive für freie Handwerksbetriebe notwendig. Richtig ist auch, dass viele Geflüchtete einen Einstieg in den Arbeitsmarkt suchen, der sofortige Beschäftigung mit späterer begleitender Qualifizierung verbindet. Hier sollte tatsächlich geprüft werden, wie freie handwerkliche Betriebe systematischer als bisher unterstützt werden können.

BUH: Eine Rot-Grün-Rote Regierung ist in Bremen bei den diesjährigen Bürgerschaftswahlen zum Greifen nahe. Müssen freie Handwerker in Bremen nach der Wahl mit Verfolgungen und Intensivierung der Bekämpfung der unerlaubten Handwerksausübung rechnen oder wird sich die Linke im Bundesrat für eine Abschaffung der „unerlaubten Handwerksausübung“ einsetzten?

Welche Koalition wirklich zustande kommt, wird sich nach der Wahl entscheiden. Wir setzen uns vehement dagegen ein, die Grauzone der „unerlaubten Handwerksausübung“ für eine verstärkte Kriminalisierung und Behinderung freier handwerklicher Betriebe auszunutzen. Eine Bundesratsinitiative für eine Abschaffung der „unerlaubten Handwerksausübung“ würden wir begrüßen. Sie wäre aber vermutlich weder mit SPD und Grünen zu machen, noch hätte sie im Bundesrat derzeit irgendeine Aussicht auf Erfolg.

BUH: Neben dem Tatbestand der „Unerlaubten Handwerksausübung“ bedroht quasi jeden Existenzgründer der unbestimmte Begriff der Scheinselbständigkeit. In Bremer Behörden prüft man bei einer Gewerbeanmeldung „präventiv“ eine mögliche Scheinselbständigkeit. Schon ein Kriterium (von gut einem Dutzend) führt zur Kontrollmeldung beim Zoll. Geprüft wird zum Beispiel, ob der Antragsteller „kein oder schlechtes Deutsch“ spricht. Diese neue Gewerbeanzeigeverordnung wurde auch mit Stimmen der Linken im Bundestag beschlossen. Welche Position vertritt die Bremer Linke?

Das Problem ist nicht die Gewerbeanzeigeverordnung an sich, sondern der Umgang damit. Die Auslegung des Begriffs „Anhaltspunkte für Verstöße“ darf nicht schrankenlos und willkürlich sein, sondern muss eng ausgelegt werden. Der Zugang zur Gewerbeanmeldung muss diskriminierungsfrei sein. Die Kriterien, nach denen seitens der Finanzämter auf Scheinselbständigkeit geprüft werden, müssen definiert, diskriminierungsfrei, verhältnismäßig und öffentlich sein. Wir sehen das Problem, dass derzeit „auf kaltem Wege“ zurückgedreht wird, was mit der Zulassungsfreiheit und der verstärkten Etablierung freier Handwerksbetriebe erreicht wurde. Hier darf kein Raum der Behördenwillkür und der systematischen Aushöhlung der Gewerbefreiheit entstehen. In ähnlicher Weise sehen wir derzeit auch die Tendenz der Sozialkassen, eigene, weitgehend schrankenlose Definitionen von Scheinselbständigkeit zu entwickeln und anzuwenden. Dies halten wir für falsch und sehen die Notwendigkeit, dass Kriterien und Verfahrensweisen öffentlich gemacht werden und willkürliche Verdächtigungen unterbunden werden.

BUH: Die Ausbildungszahlen im Handwerk sinken. Andere Parteien machen dafür die HWO-Novelle von 2004 verantwortlich. Freie Handwerker würden ebenso gerne ausbilden. Soll das Handwerk mit dem Meisterzwang das Monopol der Ausbildung im Handwerk behalten?

Theoretisch ist der Meisterbrief bereits jetzt nicht mehr die alleinige Voraussetzung zur Ausbildungsberechtigung. Das gilt sowohl für die zulassungsfreien Gewerke, als auch für die zulassungsbeschränkten. In der Praxis wird von den Möglichkeiten allerdings wenig Gebrauch gemacht. Wir befürworten eine Ausbildungsberechtigungs-Offensive, bei der bislang nicht ausbildungsberechtigte Betriebe, gerade auch freie Handwerksbetriebe, dabei unterstützt werden, die Ausbildungsberechtigung zu erwerben. Hier liegt in der Tat ein wichtiges Potenzial für die Steigerung der Zahl der Ausbildungsplätze und der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungen.

BUH: Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Pläne der jetzigen Regierung den Meisterzwang zu restaurieren auch im Bundestag eine Mehrheit finden. Die Monopolkommission sieht das ganz anders. Die Europäische Union ebenso. Vertritt die Bremer Linke in Zukunft eine Liberalisierung des Binnenmarktes oder eine weitere Stärkung des Ständischen Handwerks?

Weder noch. Beispielsweise haben wir immer die Versuche der EU abgelehnt, in den Häfen Strukturen abzubauen, durch die Lohnniveau und Beschäftigung gesichert und private Leiharbeit verhindert wurde, wie etwa die Gesamthafenbetriebsvereine oder das Verbot des Laschens durch mitgebrachtes Personal an Deck. Auch die Wiedereinführung der Tarifbindung in der Vergabe halten wir für einen wichtigen Erfolg gegen eine schrankenlose Liberalisierung des Binnenmarktes. Völlig unabhängig von der EU halten wir es dagegen für notwendig, ständische Zulassungsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt abzubauen, wie den Meisterzwang oder die Habilitationspflicht. In der derzeitigen Situation hoffen wir darauf, dass die EU keine Wiedereinführung des Meisterzwangs für die zulassungsfreien Gewerke akzeptieren wird, und wenden uns gegen Versuche wie die erwähnte Bundesratsinitiative, den Meisterzwang wieder auszudehnen.

FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft

BUH: Die Gewerbeimmobilie „Meistermeile“ ist ein mit 50 Millionen gefördertes Geschenk an das Handwerk und war an die Bedingung geknüpft eine gewissen Anteil an Vermietungen schon vorab zu garantieren. Wie ist der Stand der Dinge und hat die Handwerkskammer ihre Aufgabe und Versprechen als subventionierte Vermieterin erfüllt?

„Die Handwerkskammer begleitet das Projekt kompetent und hat allein für die Vermarktung 145.000 Euro ausgegeben. Der Senat sollte mehr Unterstützung leisten. Laut Wirtschaftlichkeitsberechnungen der HaGG Gewerbehof Offakamp GmbH & Co. KG und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) wird eine Auslastung von über 80 Prozent erst ab dem dritten Jahr nach Fertigstellung des Gebäudes angenommen.“

BUH: Ist die Vermietung in der Meistermeile nur Meisterbetrieben vorbehalten und entspricht das Konzept der Meistermeile überhaupt den Regeln eines freien Marktes?

„Die Ziele der Vorvermietung und Auslastung sind bisher nicht erreicht worden. Trotz umfangreicher Vorbereitungen ist der rot-grüne Senat nicht in der Lage gewesen, das Projekt eines mehrgeschossigen Handwerker- und Gewerbehofs auf ein finanziell solides Fundament zu stellen. Die mehrfach stark gestiegenen Investitionskosten sowie der hohe durchschnittliche Auslastungsgrad von 92,5 Prozent, den der Handwerker- und Gewerbehof erzielen muss, sind ursächlich dafür, dass dieses Projekt dauerhaft auf städtische Zuschüsse angewiesen sein wird.“

BUH: Meisterbetriebe werden mittlerweile auch mit Meister-Bafög, Meisterprämie und dem Meisterzwang deutlich im Wettbewerb bevorteilt. Was hält die Hamburger FDP von den Plänen nun auch wieder weitere Gewerke zu vermeistern und weiter Berufszugangsschranken zu schaffen. Ist Ihnen bekannt, dass unemisterliche Handwerker als Schwarzarbeiter verfolgt und bestraft werden?

„Meister-BaFöG und Meisterprämie sind wichtige Mittel der Unterstützung, insbesondere um Aufstiegschancen zu verbessern. Eine Ausweitung des Meisters auf mehr Berufe muss aus Sicht der FDP mit Augenmaß geschehen. Es geht darum, aus den Fehlern der Novellen von vor etwa 15 Jahren zu lernen. Daher hat die FDP-Bundestagsfraktion den Bundeswirtschaftsminister aufgefordert, bis Mai einen Gesetzentwurf vorzulegen. Die große Koalition in Berlin erwägt eine Ausweitung der Meisterpflicht auf Gewerke, die bei der Novellierung der Handwerksordnung vor rund 15 Jahren zulassungsfrei geworden waren. Wichtig ist, rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten und genau auf die Bedürfnisse des Handwerks zu reagieren.“

BUH: Welche Gründe halten Sie für eine Berufszugangsschranke wie den Meisterzwang für gerechtfertigt, verfassungskonform und EU-kompatibel?

Der Meisterbrief ist eine Qualitätsgarantie für das deutsche Handwerk und unverzichtbarer Bestandteil der beruflichen Bildung. Grundsätzlich sind europäische Grundsätze zu beachten. Wir plädieren dafür flexibel zu bleiben, ohne dadurch das Konzept des Meisterbriefs grundsätzlich in Frage zu stellen. Wir kritisieren aber, dass die EU-Kommission die Meisterpflicht als Hemmschuh für den freien Berufszugang im Europäischen Binnenmarkt betrachtet. Die FDP hat die Bundesregierung im Dezember 2018 aufgefordert, eine Bestandsaufnahme über die Zahl der Gründungen von Handwerksbetrieben mit und ohne Meisterpflicht, ihrer jeweils sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, der Auszubildenden und der Qualifikationsstruktur zu erstellen.“

BUH: Handwerkskammern und IHK en haben sich eher zu ständepolitischen Vertretungen entwickelt, als dass sie ein gesetzlich vorgeschriebenes Gesammtvertretungsintresse realisieren. Die IHK Hamburg verfügt über eine „Geheimtür“ in die Bürgerschaft und das Gebäude der Handwerkskammer wurde damals vom Hamburger Senat als Bollwerk gegen die Sozialdemokratie finanziert und unter Aufstandsbekämpfungs-Aspekten erbaut. In der HWK Hamburg gibt es einen privilegierten Aufzug, der den Meistern vorbehalten war. Heute baut man ganze Meistermeilen. Was muss sich ändern?

„Die Handwerkskammer Hamburg ist die kompetente Vertretung des Handwerks in der Hansestadt. Sie vertritt die Interessen von mehr als 15.000 Hamburger Handwerksbetrieben mit über 120.000 Beschäftigten in Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Weitergehende Aussagen können wir nicht dazu treffen.“

Bündnis 90/ Die Grünen

BUH: Nach der Lektüre des Wahlprogramms für die nächste Bürgerschaftswahl konnten wir nur die Befürwortung von einer Meisterprämie finden, aber keine kritische Befassung mit dem Meisterzwang. Wann haben sich die Bremer Grünen von der Meisterzwang-kritischen Position verabschiedet?

Die Bremer GRüNEN stehen, genau wie die GRüNEN auf Bundesebene, der umfassenden Meisterpflicht nach wie vor kritisch gegenüber. Wir erkennen an, dass es gute Gründe dafür gibt, den Meisterbrief nicht einfach abzuschaffen, denn er stellt ein besonderes Qualitätsmerkmal des deutschen Handwerks dar, er ero¨ffnet Chancen für einen Bildungsaufstieg. Allerdings sind die GRüNEN nicht gewillt, die Handwerksnovelle von 2004 wieder rückgängig zu machen. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht für die jetzt ausgenommenen Berufe ko¨nnte nach der heutigen Datenlage kontraproduktiv sein, sie würde den Fachkräftemangel vermutlich sogar verschärfen. Wir setzen nicht auf die Abschottung von Märkten und das Fernhalten von Konkurrenz, sondern auf Anreize für das Handwerk, so wie beispielsweise durch die Initiative „Besser ein Meister“ in Mecklenburg- Vorpommern der Anstieg der Anzahl von freiwilligen Meisterinnen und Meistern gezeigt hat, dass Zwang und Berufsverbote im Handwerk nicht notwendig sind. Die Betriebsgro¨ße hat eine viel gro¨ßere Auswirkung auf Ausbildungsplätze als die Meisterpflicht. Deshalb ist die Steigerung der Ausbildungsrate in kleineren Betrieben viel wichtiger als die Meisterpflicht. Wir wollen die Bedingungen für kleine Betriebe so verbessern, dass sie gut ausbilden ko¨nnen. Nur wegen der kritischen Haltung der Bremer GRüNEN hat sich das Land Bremen in der Februar-Sitzung des Bundesrats zum Antrag Bayerns enthalten. Die GRüNE Bundestagsfraktion hat jetzt gerade (5.3.2019 - Drs. 19/8132) eine umfassende Anfrage zu diesem Thema gestellt, um die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien SPD und CDU/CSU nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Insbesondere fordert sie von der Bundesregierung Beweise für die von ihr und den sie tragenden Parteien aufgestellten Behauptungen vorzulegen, z. B. dass ohne Meisterbrief nicht mehr ausgebildet werde und dass Betriebe ohne Meister eine kürzere Lebensdauer hätten. Wir sind gespannt auf die Antwort!

BUH: Die Bremer Grünen bekennen sich deutlich zu Europa, der EU und wollen die Kommissionen stärken. Wie verhalten sich die Bremer Grünen gegenüber den Plänen weitere Gewerke im Handwerk zu vermeistern und mo¨gliche Vertragsverletzungen der EU zu riskieren? Welche Position hatten die Grünen/ Bremen in der Abstimmung im Bundestag, der diese Restauration des Meisterzwangs befürwortet?

Jegliche Neuregelungen in Deutschland und in Bremen müssen europarechts-konform sein, das ist für uns selbstverständlich. Es ist von Deutschland sicherzustellen, dass die Verhältnismäßigkeitsrichtlinie vom Juni 2018 eingehalten wird. Im Bundestag haben die GRüNEN selbstverständlich gegen den Antrag der AfD gestimmt. Zur Abstimmung im Bundesrat siehe Antwort zu Frage 1.

BUH: Das Handwerk beansprucht nicht nur ein Monopol auf die vermeisterten Gewerke sondern auch auf die Ausbildung. Welche Initiativen der Grünen gab es in der Vergangenheit auch freie Handwerker in die Integration von Flüchtlingen mit einzubinden?

Besonderer Initiativen der GRüNEN in dieser Hinsicht bedurfte es nicht, da für die Ausbildung von geflüchteten Menschen, ebenso wie für die Integration aller Menschen in Ausbildungsstellen, keine Unterscheidung der Ausbildungsbetriebe dahingehend stattfindet, ob es sich um einen sog. Meisterbetrieb handelt oder nicht.

BUH: Welche Regelungszwecke für die Berufszugangsschranke Meisterbrief halten die Grünen für geeignet?

Die Regelungszwecke und -erfordernisse müssten eine Einschränkung des Grundrechts der Berufs- und der Berufsausübungsfreiheit nach Artikel 12 des Grundgesetzes rechtfertigen. Und auch EU-Recht ist zwingend zu beachten: Wie das europäische Parlament und der europäische Rat in der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie nochmals betonen, geho¨rt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts; und aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass nationale Maßnahmen, die die im AEUV garantierte Ausübung der Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen ko¨nnen, vier Bedingungen erfüllen sollten, sie sollten nämlich: in nichtdiskriminierender Weise angewendet werden, durch Ziele des o¨ffentlichen Interesses gerechtfertigt sein, geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

Antwort der SPD-Bremen

Das Handwerk in Deutschland ist über nationale Grenzen hinweg für seine guten Leistungen, Qualität und Qualifizierung bekannt. Das müssen wir stärken und weiter ausbauen. Um die Sicherheit und Qualität in der Ausbildung zu gewährleisten, brauchen wir das System der zulassungspflichtigen Handwerksberufe und grundsätzlich auch den Meisterbrief.

Auf europäischer Ebene werden wir uns dafür einsetzen, den Standard und die hohe Qualität im Handwerk zu erhalten. Die SPD hat sich bei der EU-Kommission stets für den Erhalt von Berufsregelungen und Honorarordnungen eingesetzt – ohne den Binnenmarkt grundsätzlich in Frage zu stellen. Diesen Weg setzen wir fort.

Der hohe unternehmerische Standard ist im Interesse der Kundinnen und Kunden. Für uns steht fest, dass diese die Sicherheit haben müssen, dass der bestellte Handwerker und die bestellte Handwerkerin auch wirklich eine gut ausgebildete Fachkraft ist. Es ist deshalb wichtig, einen konkreten Vorschlag zu entwickeln, wie man die Handwerksordnung ändern kann, ohne vor dem Bundesverfassungsgericht und bei der Europäischen Kommission zu scheitern. Klar ist für uns, dass eine eventuelle erneute Reform der Handwerksordnung vorab mit den betroffenen Gewerken ebenso wie mit den Sozialpartnern ero¨rtert werden muss.

Für die SPD steht Sicherheit und Qualität in der Ausbildung im Vordergrund. Daher werden wir unter anderem die Ausbildungs- und Berufsorientierung verbessern, in die Ausstattung der Berufsschulen investieren, ein Recht auf Weiterbildung einführen, Gebühren für Techniker- und Meisterkurse abbauen und ein modernes Einwanderungsrecht schaffen. Das dient auch der Fachkräftesicherung.

Die Bremer SPD spricht sich auch dafür aus, sogenannte Aufstiegsfortbildungen zu fo¨rdern. Dies ist nicht nur deshalb angezeigt, weil Niedersachsen diesen, wenn auch auf das Handwerk beschränkten, Schritt gegangen ist und man im Wettbewerb um Fachkräfte gegenüber dem Nachbarn nicht zurück- bleiben darf. Vor allem ist es im Interesse der jeweiligen Handwerkerinnen und Handwerker, aber auch anderen Fachkräften, wichtig, Aus- und Fortbildung zu ermo¨glichen und zu unterstützen.

Die stellvertretene Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion Sybille Bo¨schen hat sich darüber hinausgehend für eine Lockerung der Beschränkung der Meisterprämie nur auf Handwerksmeisterinnen und -meister stark gemacht. Warum soll beispielsweise ein angehender Handwerksmeister eine zusätzliche Prämie erhalten, ein Industriemeister aber nicht? Wie steht es um Aufstiegsfortbildungen in Bereichen, in denen – im Gegenteil zum klassischen Handwerk – immer noch in erster Linie Frauen arbeiten, wie etwa in der Pflege? Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit, diese Fortbildungen gleichermaßen zu fo¨rdern.

Wir wollen das Thema daher umfassend angehen. Unser Ziel ist es Aufstiegsfortbildungen generell attraktiver zu machen, statt mit einer Handwerksmeister-Prämie nur eine Branchen-Gruppe herauszugreifen. Wir wollen Aufstiegsfortbildungen fo¨rdern – aber in allen Bereichen und nicht nur im Handwerk wie CDU und FDP.

Jenseits der Unterstützung von Aufstiegsfortbildungen wird die SPD selbstverständlich auch weiterhin die erfolgreiche Existenzgründungsfo¨rderung in Bremen und Bremerhaven fortsetzen und da wo no¨tig passgenau verbessern.

Zu guter Letzt: In dem von Ihnen mitversandten FREIBRIEF fanden wir den Beitrag zur Geschichte des Beschäftigungsverbots für Frauen im Baugewerbe und seinen Nachwirkungen besonders interessant.

Das zeigt: schon die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ein langer Weg und in vielen Bereichen erst in den letzten Jahren des letzten Jahrhunderts beschritten. Um die gleiche gesellschaftliche Teilhabe von Frauen und Männern zu verwirklichen, bleibt noch viel zu tun. Packen wirs an!

Wir freuen uns über Ihre positive Beurteilung der Situation von „unmeisterlichen Handwerkerinnen und Handwerkern“ im Land Bremen und darauf, mit Ihnen im konstruktiv-kritischen Austausch zu bleiben.

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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