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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Rechtsanwältin Hilke Böttcher: Ohrfeige für die Handwerksorganisationen und den Ordnungsbehörden!

Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (Münster) stärkt die Rechte des Reisegewerbes im Handwerker, die keinen Meisterbrief benötigen.

Rechtsanwältin Hilke Böttcher teilt mit:

Das OVG Münster hat in seinem Beschluss vom 06.11.2003 - 4 A 511/02 - festgestellt, der Reisegewerbetreibende darf jede "vollhandwerkliche" Tätigkeit ausüben und gleichzeitig eine Niederlassung haben. Dieser Beschluss ist noch nicht rechtskräftig!

Damit wurde die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Reisegewerbe (Beschl. v. 27-09.2000, 1 BvR 2176/98 - in NVwZ 01, 189) bestätigt und sogar klargestellt!

Der Sachverhalt:

Der Kläger ist von Beruf Zimmerer und besitzt seit 1990 eine Reisegewerbekarte für das Zimmererhandwerk. Am 7.01.1998 wurde dem Kläger die Durchführung des Gewerbes untersagt, weil ihm vorgeworfen wurde, die Tätigkeiten im Zimmererhandwerk könne er nur im stehenden Gewerbe - also selbständig nur als Meisterbetrieb ausübt werden.

Gegen diesen Bescheid hatte Rechtsanwältin Hilke Böttcher Widerspruch und Klage eingereicht. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht Köln abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte nunmehr Erfolg!

Das OVG Münster bestätigte zunächst die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht des oben genannten Beschlusses - der ebenfalls von Rechtsanwältin Hilke Böttcher erstritten wurde - und stellte klar, dass der einzige Unterschied zwischen stehendem Gewerbe ( §§ 1-3 HwO) und Reisegewerbe (§ 55 GewO) darin besteht, wie der Auftrag zustande kommt. Im Reisegewerbe muss der Reisegewerbetreibende zum Kunden gehen und um Aufträge nachfragen; im stehende Gewerbe begibt sich der Kunde zum Handwerker.

Darüber hinaus führt das OVG weiter aus, dass jede "vollhandwerkliche" Tätigkeit im Reisegewerbe ausgeübt werden kann. Diese Frage hatte nämlich nach Ansicht des beklagten Kreises, unter Berufung auf die Handwerksorganisationen, das Bundesverfassungsgericht nicht eindeutig in dem Beschluss vom 27.09.2000 geklärt.

Dieser Riegel wurde nun geschlossen. Das OVG führt dazu aus:

"Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung ist im Reisegewerbe die Ausführung vollhandwerklicher Leistungen ohne großen Befähigungsnachweis zulässig."

Und weiter unten:

"Entgegen dem rechtlichen Ansatz des Beklagten können die Vorschriften der Handwerksordnung "um der Gefahr einer Umgehung zu begegnen ",nicht in § 55 GewO "hinein gelesen" werden. Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift ist unabhängig von § 1 Abs. 1 HwO allein nach ihrem Wortlaut und unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG festzustellen."

Das bedeutet eine außerordentliche Stärkung derjenigen, die bereits schon als Reisegewerbetreibende eine Gewerbeschließung oder einen Bußgeldbescheid wegen "unerlaubter Handwerksausübung bzw. Schwarzarbeit" erlitten mußten. Sie sollten jetzt prüfen lassen, ob es möglich ist, diese Entscheidungen anzugreifen.

Da die Handwerksorganisationen - maßgeblich der ZDH - nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27.09.2000 - immer noch öffentlich propagiert haben, "vollhandwerkliche Tätigkeiten" dürfen nicht im Reisegewerbe ausgeübt werden - nur Minderhandwerk - ist diese klare Entscheidung des OVG Münster ein Schlag gegen diese Auffassung. Es wird beobachtet werden, ob die Handwerksorganisationen weiterhin falsche Behauptungen aufstellen werden.

Es bedeutet ebenfalls, dass noch mehr Handwerker ohne Meisterbrief die Möglichkeit des Reisegewerbes nutzen werden, gerade auch deshalb, weil des OVG festgestellt hat, dass Reisegewerbetreibende eine Niederlassung haben dürfen. Nur der Auftrag muss im Reisegewerbe zu zustande gekommen sein.

Gerade in der jetzigen politischen Diskussion zur Änderung des Meisterzwangs sollte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass wir in Deutschland Gewerbefreiheit haben und Einschränkungen der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG von den Gerichten immer weniger hingenommen werden. Also: was der Gesetzgeber nicht regelt, werden die Gerichte entscheiden (müssen).

Gerne stellen wir Ihnen den Beschluss zur Verfügung. Für die Beantwortung weiterer Fragen rufen Sie bitte Frau Rechtsanwältin Hilke Böttcher gerne an!

Hamburg, den 12. Dezember 2003

Böttcher/Rechtsanwältin


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