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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Abmahnungen wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung - Unterlassungserklärungen

In letzter Zeit gehen Handwerkskammern (oder auch Innungen oder Kreishandwerkerschaften und andere Verbände wie die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs) vermehrt mit Abmahnungen gegen Konkurrenz ohne Meisterbrief vor. Ziel dieser Abmahnungen ist, daß Unternehmer ohne Meisterbrief ihren Geschäftsbetrieb stark einschränken oder ganz einstellen.

In den Abmahnungen wird der Vorwurf erhoben, der Betroffen würde Schwarzarbeit betreiben oder für Schwarzarbeit werben. Dies sei unlautere Werbung oder unlauterer Wettbewerb.

Bei solch einer Abmahnungen wird in der Regel einen strafbewehrte Unterlassungserklärung verlangt, die an den Abmahner zurück geschickt werden sollen.

Wir gehen davon aus, dass solche Abmahnungen der Handwerkskammern oder anderer nicht zulässig sind:

  1. Es gibt viele Ausnahmetatbestände in der Handwerksordnung, nach denen selbstverständlich auch vollhandwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden dürfen. Nach dem Urteil 222 Ss 83/02 (OWiz) vom OLG Celle vom 19.07.2002 oder OLG Hamm 4 Ss OWi 629/03 vom 09.10.03 (siehe Liste handwerksrechtlicher Urteile) darf auch für Tätigkeiten geworben werden, die man ausführen darf.
  2. Bei Abmahnungen aufgrund des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb wird diese Gesetz mißbraucht, um Wettbewerb überhaupt zu verhindern.
    Dies ist nach dem Urteil des BGH Urteil I ZR 250/00 vom 25.04.02 zum Unlauteren Wettbewerb nicht statthaft.
  3. Es ist fraglich, ob die Institution, die die Abmahnung veranlaßt hat, überhaupt dazu berechtigt ist.

Die Werbung für Tätigkeiten die man selber nicht ausführen darf kann kein Verstoß gegen die Regeln des Wettbewerbs sein, denn man darf ja für Tätigkeiten werben, die man nicht selber ausführt, sondern von anderen ausführen läßt.

Solche Abmahnungen - insbesondere, wenn sie sich gegen die Tätigkeit und nicht "nur" gegen die Werbung richten - sind eine sehr ernste Bedrohung für ein Unternehmen. Es empfiehlt sich hierbei ein auf Handwerksrecht spezialisierten Anwalt zu konsultieren.

Auch bei Abmahnungen und Unterlassungserklärungen müssen die Grundrechte beachtet werden. Die Ausstrahlungswikung von Grundrechten muß auch in zivilrechtliche Verträgen - wie solchen Unterlassungserklärungen beachtet werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Lüth-Urteil (siehe BVerfGE 7, 198 vom 15. Januar 1958 entschieden. Dort heißt es:

Ohne Zweifel sind die Grundrechte in erster Linie dazu bestimmt, die Freiheitssphäre des einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern; sie sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Das ergibt sich aus der geistesgeschichtlichen Entwicklung der Grundrechtsidee wie aus den geschichtlichen Vorgängen, die zur Aufnahme von Grundrechten in die Verfassungen der einzelnen Staaten geführt haben. Diesen Sinn haben auch die Grundrechte des Grundgesetzes, das mit der Voranstellung des Grundrechtsabschnitts den Vorrang des Menschen und seiner Würde gegenüber der Macht des Staates betonen wollte. Dem entspricht es, daß der Gesetzgeber den besonderen Rechtsbehelf zur Wahrung dieser Rechte, die Verfassungsbeschwerde, nur gegen Akte der öffentlichen Gewalt gewährt hat.
Der Rechtsgehalt der Grundrechte als objektiver Normen entfaltet sich im Privatrecht durch das Medium der dieses Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften. Wie neues Recht im Einklang mit dem grundrechtlichen Wertsystem stehen muß, so wird bestehendes älteres Recht inhaltlich auf dieses Wertsystem ausgerichtet; von ihm her fließt ihm ein spezifisch verfassungsrechtlicher Gehalt zu, der fortan seine Auslegung bestimmt. Ein Streit zwischen Privaten über Rechte und Pflichten aus solchen grundrechtlich beeinflußten Verhaltensnormen des bürgerlichen Rechts bleibt materiell und prozessual ein bürgerlicher Rechtsstreit. Ausgelegt und angewendet wird bürgerliches Recht, wenn auch seine Auslegung dem öffentlichen Recht, der Verfassung, zu folgen hat.
Der Einfluß grundrechtlicher Wertmaßstäbe wird sich vor allem bei denjenigen Vorschriften des Privatrechts geltend machen, die zwingendes Recht enthalten und so einen Teil des ordre public - im weiten Sinne - bilden, d. h. der Prinzipien, die aus Gründen des gemeinen Wohls auch für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen verbindlich sein sollen und deshalb der Herrschaft des Privatwillens entzogen sind. Diese Bestimmungen haben nach ihrem Zweck eine nahe Verwandtschaft mit dem öffentlichen Recht, dem sie sich ergänzend anfügen. Das muß sie in besonderem Maße dem Einfluß des Verfassungsrechts aussetzen. Der Rechtsprechung bieten sich zur Realisierung dieses Einflusses vor allem die "Generalklauseln", die, wie § 826 BGB, zur Beurteilung menschlichen Verhaltens auf außer-zivilrechtliche, ja zunächst überhaupt außerrechtliche Maßstäbe, wie die "guten Sitten", verweisen. Denn bei der Entscheidung darüber, was diese sozialen Gebote jeweils im Einzelfall fordern, muß in erster Linie von der Gesamtheit der Wertvorstellungen ausgegangen werden, die das Volk in einem bestimmten Zeitpunkt seiner geistig-kulturellen Entwicklung erreicht und in seiner Verfassung fixiert hat. Deshalb sind mit Recht die Generalklauseln als die "Einbruchstellen" der Grundrechte in das bürgerliche Recht bezeichnet worden (Dürig in Neumann-Nipperdey- Scheuner, Die Grundrechte, Band II S. 525).
Der Richter hat kraft Verfassungsgebots zu prüfen, ob die von ihm anzuwendenden materiellen zivilrechtlichen Vorschriften in der beschriebenen Weise grundrechtlich beeinflußt sind; trifft das zu, dann hat er bei Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften die sich hieraus ergebende Modifikation des Privatrechts zu beachten. Dies ist der Sinn der Bindung auch des Zivilrichters an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG). Verfehlt er diese Maßstäbe und beruht sein Urteil auf der Außerachtlassung dieses verfassungsrechtlichen Einflusses auf die zivilrechtlichen Normen, so verstößt er nicht nur gegen objektives Verfassungsrecht, in dem er den Gehalt der Grundrechtsnorm (als objektiver Norm) verkennt, er verletzt vielmehr als Träger öffentlicher Gewalt durch sein Urteil das Grundrecht, auf dessen Beachtung auch durch die rechtsprechende Gewalt der Bürger einen verfassungsrechtlichen Anspruch hat. Gegen ein solches Urteil kann - unbeschadet der Bekämpfung des Rechtsfehlers im bürgerlich-rechtlichen Instanzenzug - das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde angerufen werden.

Insbesondere muß das Grundrecht auf Berufsfreiheit gewahrt bleiben. Deswegen dürfen keine Tätigkeiten mit untersagt werden, die man ausüben darf. Und zweitens muß eine Unterlassungsverpflichtung so genau gefaßt sein, daß man daraus ablesen kann, welche Tätigkeiten man ausüben darf. Hierbei kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Gewerbeuntersagungen wegen Verstößen gegen das Handwerksrecht als Richtschnur dienen.

Gesetzliche Grundlage für solche Abmahnungen ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (pdf)

Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwArbG) bietet keine Rechtsgrundlage für Unterlassungserklärungen. Eine Gewerbeuntersagung müßte von den Ordnungsbehörden über Verwaltungsgerichte durchgesetzt werden.

Unterlassungsverpflichtungserklärungen werden häufig abgegeben, weil den Betroffenen der Eindruck vermittelt wird, sie dürften alle Tätigkeiten eines Handwerks nicht ausüben. Dies ist jedoch falsch. Die Abmahner stellen hier regelmäßig die Rechtslage zumindest fahrlässig falsch dar. Deswegen dürften aus solchen Unterlassungserklärungen kein Anspruch zu begründen sein, die Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Im Urteil Az: 6 U 141/97 vom 11. März 1998 vom OLG Karlsruhe heißt es:

"Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt erfolglos, die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 11. Juli 1996 ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht zu, da die Beklagte von der Klägerin durch eine zumindest fahrlässig begangene falsche Darstellung der Rechtslage zur Abgabe dieser Erklärung veranlaßt worden ist und deshalb nach den Grundsätzen über die culpa in contrahendo deren Aufhebung verlangen kann."

Gerichtsentscheidungen zum Wettbewerbsrecht mit Bezug zum Handwerksrecht

Oberlandesgericht Frankfurt am 3.12.2009 zu einer Abmahnung wegen einer Homepage von einem Reisegewerbetreibenden Handwerker
BGH I ZR 250/00 vom 25.04.2002
b) Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen, Wettbewerber unter Berufung darauf, daß ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten, wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren.
c) Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen. Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden können, geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten, sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaßnahmen unlauter sind.
OLG Oldenburg, Urteil vom 19.10.2000 - U 76/00, GewArch 2001/3 Seite 125
Ein Unterlassungsanspruch der Kreishandwerkerschaft folgt nicht aus § 1 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 HwO, denn die Beklagte übt keine Tätigkeit aus, die ausschließlich einem Handwerksbetrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 HwO vorbehalten ist.
Landgericht Itzehoe zur Frage ob Reifenmontage unter den Meisterzwang fällt
a) Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 HwO handelt es sich bei dem Betrieb des Beklagten bei einer am Wortlaut der Vorschrift orientierten Auslegung nicht um einen zulassungspflichtigen Handwerksbetrieb. Sein Schwerpunkt liegt unstreitig im Bereich des Reifenhandels, der als solcher nicht zulassungspflichtig ist. Eine gleichwohl denkbare Zulassungspflicht ergäbe sich deshalb nach § 1 Abs. 2 Satz 2 HwO nur dann, wenn im Betrieb des Beklagten Tätigkeiten ausgeübt würden, die für ein zulassungspflichtiges Gewerbe wesentlich wären. Im Betrieb des Beklagten werden neben dem Reifenhandel die Montage von Felgen und Reifen sowie deren Auswuchten ausgeführt. Hierbei handelt es sich in der reinen Ausführung um technisch einfache Vorgänge, die in relativ kurzer Zeit (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HwO) erlernt werden können und auch nicht das durchaus komplexe Berufsbild etwa eines Vulkaniseurmeisters wesentlich prägen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 HwO). Dies gilt - hinsichtlich der bloßen Montage - auch für die in den letzten Jahren entwickelten "intelligenten" Reifen sowie angesichts der Vielfalt von Reifentypen.
Soweit der Kläger dies damit in Frage stellen will, dass die Reifenmontage angesichts dieser Entwicklung der Reifentechnologie mit vielschichtigen Beratungs- und Hinweispflichten, etwa in der Form vertraglicher Nebenpflichten aus einem Montageauftrag, verbunden ist, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Verpflichtung des Beklagten gegenüber seinen Kunden folgt bereits aus dem (zulassungsfreien) Kerngeschäft seines Betriebes, dem Verkauf von Reifen. Wenn überhaupt wäre für eine deshalb nur theoretisch anzusprechende Beratungs- und Hinweispflicht des Beklagten aus einem Montageauftrag nur dann Raum, wenn ein solcher seinem Betrieb ohne einen damit verbundenen Kauf von Reifen erteilt würde.
b) Gibt der Wortlaut des § 1 Abs. 2 HwO also nichts für eine Zulassungspflicht des Betriebes des Beklagten her, so lässt sich dieses Ergebnis auch nicht mit dem Hinweis auf die Gefahrengeneigtheit der Reifenmontage im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift begründen.
Landgericht Karlsruhe zu einer Wettbewerbsrechtlichen Klage auf Unterlassung einer Handwerksausübung
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.1.1991 - 2 U 230/9 (GewArch 1991/4, S. 141)
Der Ast. hat nicht im einzelnen vorgetragen, welche Art von Dachbeschichtungen die Ag'in vornimmt. Er geht offenbar davon aus, daß Dachbeschichtungsarbeiten jeder Art nur handwerksmäßig im Sinne von § 1 Abs. 2 HwO vorgenommen werden können, also auch die Beschichtung von Steildächern, auf die sich die Tätigkeit der Ag'in nach ihrem Vortrag in der Verhandlung über die Berufung beschränkt. Diese Auffassung des Ast. ist jedoch nicht richtig. Ein Gewerbebetrieb ist nicht schon dann Handwerksbetrieb im Sinne dieser Vorschrift, wenn er sich mit Tätigkeiten eines in der Anl. A zur HwO aufgeführten, also handwerksfähigen Gewerbes befaßt. Ein Handwerksbetrieb liegt erst dann vor, wenn solche Tätigkeiten ausgeübt werden, die den Kernbereich gerade dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge geben. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht eines vollhandwerklich arbeitenden Betriebes dieser Sparte als untergeordnet und damit vom Typ her gesehen als unbedeutend oder unwesentlich erscheinen, vermögen die Annahme eines handwerklichen Betriebes nicht zu rechtfertigen. Fallen lediglich Tätigkeiten an, die ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten einwandfrei und gefahrlos ausgeführt werden können, so daß es an der Spitze des Betriebes keines für die selbständige Ausübung des betreffenden Handwerks qualifizierten Leiters bedarf, dann liegt lediglich ein den Vorschriften der HwO nicht unterfallendes Minderhandwerk vor (BVerwG GewArch 1979, 377; GewArch 1984, 96, NVwZ 1984, 179; GewArch 1987, 125, NVwZ 1987, 220; Siegert/Musielak, Das Recht des Handwerks, 2. Aufl., § 1 HwO, Rn. 33; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 1157 f.; Robinski, GewR, S. 179). Ein Minderhandwerk kann deshalb auch ein handwerksähnlicher Gewerbebetrieb im Sinne von § 18 HwO ausüben, ohne dabei auf die in der Anlage B zur Handwerksordnung aufgeführten Tätigkeiten beschränkt zu sein.

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