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Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht

Versagung rechtlichen Gehörs bei Beschwerden gegen Hausdurchsuchungen

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung 2 BvR 1621/03 vom 5.2.2004 erneut eine Hausdurchsuchung für rechtswidrig erklärt.

Die Anforderungen die das Bundesverfassungsgericht an Beschlüsse zu Durchsuchungen stellt sind sehr hoch und diesen Ansprüchen werden die vielen Durchsuchungsbeschlüsse wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung nicht gerecht.

In der Urteilsbegründung führt das Bundesverfassungsgericht aus:

"Art. 13 Abs. 1 GG gewährt einen räumlich geschützten Bereich der Privatsphäre, in dem jedermann das Recht hat, in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 51, 97 <107>; 103, 142 <150 f.>). Zum Zwecke der strafrechtlichen Ermittlung darf auch in die Wohnung eines Verdächtigen nur eingedrungen werden, wenn sich gegen ihn ein konkret zu beschreibender Tatvorwurf richtet, also mehr als nur vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen (vgl. BVerfGE 44, 353 <371 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2002 - 2 BvR 1910/02 -, NJW 2003, S. 1513 <1514>). Der Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung muss ein angemessenes Verhältnis zur Stärke des Tatverdachts wahren (vgl. BVerfGE 59, 95 <97 f.>) und außerdem zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein, nämlich den Erfolg versprechen, geeignete Beweismittel zu erbringen (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>; 96, 44 <51>)."

Was bedeutet dies für Durchsuchungen wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung ?

Alle uns bekannten Durchsuchungsbeschlüsse wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung werden diesen Anforderungen nicht gerecht.

Konkreter Tatverdacht

Alle uns bekannten Durchsuchungsbeschlüsse wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung enthalten keine konkreten Beschreibungen eines Tatvorwurf. Häufig wird nur pauschal behauptet, der Beschuldigte habe Handwerk ausgeübt. Teilweise wird nicht einmal genannt, welchem Handwerk die Tätigkeiten zugeordnet sind.

Nach den Anforderungen des Bundesverfassungsgericht müßte klar aufgeführt werden, wann wo welche Tätigkeiten ausgeübt wurden. Gleichzeitig müßte klar gelegt werden, daß diese Aufträge nicht im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb ausgeübt wurden. Im konkret zu beschreibenden Tatvorwurf müßte dargelegt werden, daß die Unerheblichkeitsgrenze überschritte wurde. Dies darf nicht nur eine vage Vermutung sein.

Weiter müßte konkret dargelegt werden, warum es sich bei den ausgeübten Tätigkeiten nicht um Minderhandwerk (wesentliche Tätigkeiten im Sinne der Handwerksordnung) handelt.

Weiter müßte dargelegt werden, warum der Beschuldigte wissen mußte, daß er mit diesen Tätigkeiten gegen die Handwerksordnung verstößt. (Dies ist notwendig, weil unerlaubte Handwerksausübung keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit ist und als solche nur verfolgt werden darf, wenn sie mit Vorsatz begangen wurde). Es dürfte unmöglich sein den Vorsatz nachzuweisen, denn im bei der Handwerksnovelle 2003/2004 hat der Gesetzgeber festgelegt, daß die Ordnungsbehörden nicht selber feststellen dürfen, ob eine Gewerbetätigkeit untersagt werden darf, sonder erst übereinstimmende Gutachten von HwK und IHK vorliegen müssen. Bei dem Schweren Eingriff den eine Durchsuchung bedeutet kann kaum behauptet werden, ein Betroffener habe wissen müssen, daß er mit der Ausübung von bestimmten Tätigkeiten gegen die Handwerksordnung verstoße, wenn den dafür zuständigen Ordnungsbehörden aufgegeben wird sich vor einer Gewerbeuntersagung bei zwei Verbänden über die handwerksrechtliche Zuordnung von Tätigkeiten kundig zu machen.

Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung zur Stärke des Tatverdachts und zur Schwere der Tat

Bei den unklarer handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen kann keinem Betroffenen vorgehalten werden, er hätte wissen müssen, daß er die Grenze des Erlaubte überschritten hat. Deswegen plant die Bundesregierung auch in ihrem Gesetzentwurf "eines Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung" Handwerksausübung nicht mehr als Schwarzarbeit zu verfolgen und das Bußgeld bei unerlaubter Handwerksausübung deutlich zu senken. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf heißt es:

"Von dem Begriff der Schwarzarbeit nicht erfasst werden die im bisherigen Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit als Ordnungswidrigkeiten erfassten Fälle der handwerksrechtlichen Eintragungs- und gewerberechtlichen Anzeigepflichtverletzungen. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Handwerksausübung ohne Eintragung in die Handwerksrolle sowie die bloßen gewerberechtlichen Pflichtverletzungen nicht als Schwarzarbeit verstanden. Durch die Änderung wird eine Gleichsetzung von Unternehmen, die ihre Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß zahlen, mit Schwarzarbeitern vermieden. Gleichzeitig werden teure Doppelzuständigkeiten auf Seiten der Verwaltung abgebaut, die durch die Verfolgung als Schwarzarbeit neben der bußgeldrechtlichen Erfassung im Handwerks- und Gewerberecht entstanden sind. Es entsteht weder eine Lücke bei der Verfolgung noch bei der Sanktion unerlaubter Handwerks- und Gewerbeausübung. Unerlaubte Handwerks- und Gewerbeausübung ist weiterhin durch die Handwerks- und Gewerbeordnung bußgeldbewehrt. Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz greift im Falle unerlaubter Handwerks- und Gewerbeausübung zusätzlich, wenn keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge geleistet wurden. In diesem Fall kommt es auch zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen, die hohe Bußgeldbewehrungen rechtfertigen.
In allen übrigen Fällen unerlaubter Handwerksausübung ist die Bußgeldbewehrung nach § 117 HwO mit einem Bußgeldrahmen von bis zu 10.000 € ausreichend. Der Bußgeldrahmen ist dort niedriger als im jetzigen Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Dies ist gerechtfertigt, denn die Handwerksordnung enthält eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen. Es bestehen bei der Auslegung und Anwendung der Handwerksordnung zum Teil schwierige Abgrenzungsfragen, die für Existenzgründer und Unternehmen erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge haben, ob die beabsichtigte oder ausgeübte Tätigkeit eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich macht. Eine Vielzahl von seit Jahren bestehenden Abgrenzungsproblemen konnte bislang keiner Lösung zugeführt werden. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber bei der Novellierung der Handwerksordnung in § 16 Absätze 3 bis 6 HwO bestimmt, dass Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer vor einer Betriebsschließung wegen unerlaubter Handwerksausübung zustimmen müssen. Können sich die Kammern nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Betriebsuntersagung einigen, entscheidet eine gesetzlich vorgesehene Schlichtungskommission."

Bei dieser Sicht des Bundesregierung sind jegliche Durchsuchungen wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig.

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