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Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht

Bundesverwaltungsgericht zur Abgrenzung zwischen Garten- und Landschaftsbau und Strassenbau - BVerwG 1 C 26.91 vom 30.03.1993

(Abschrift)

Bundesverwaltungsgericht

im Namen des Volkes

Urteil

BVerwG 1 C 26.91
OVG 8 L 38/89
Verkündet am 30.März 1993
(GewArch 1993 S. 329)

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 1993
durch den Vorsitzenden Richter M e y e r
den Richtern Dr. Scholz-Hoppe und
die Richter Dr. Kemper, Dr. Mallmann und Dr. Hahn
für Recht erkannt:

Gründe:

I.

Die Beigeladene zu 2, ein Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus beteiligte sich im Jahre 1985 an einer Ausschreibung der Samtgemeinde Gellersen für die Außenanlagen einer Sporthalle und erhielt den Zuschlag sowohl für die Erd- und Pflasterarbeiten (Fachlos XIX) als auch für die gesondert ausgeschriebenen gärtnerischen Arbeiten. Insgesamt war eine Fläche von 4 600 qm zu bearbeiten, die sich in 2 400 qm Verkehrsflächen (Wege. Stellplätze) und 2 200 qm Grünflächen gliederte.

Die klagende Handwerkskammer verlangte im September 1986 von der Beklagten, sie möge der Beigeladenen zu 2 den Betrieb des Straßenbauerhandwerks gemäß § 16 Abs. 3 HwO untersagen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 15. Oktober 1986 mit der Begründung ab, die Außenanlagen der Sporthalle seien gärtnerisch geprägt. Die Beigeladene zu 2 sei als Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus befugt, auch die dabei anfallenden Pflasterarbeiten zu leisten. Den Widerspruch der Klägerin wies der Landkreis Uelzen mit Bescheid vom 20. Januar 1987 zurück. Die hiergegen gerichtete Klage blieb im erstinstanzlichen Verfahren erfolglos.

Die Berufung der Klägerin wies das Oberverwaltungsgericht zurück. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus (GewArch 1991, 347): Die Voraussetzungen für eine Handwerksuntersagung gemäß § 16 Abs. 3 HwO seien nicht gegeben. Die im Fachlos XIX bezeichneten Arbeiten seien im Hinblick auf das in der Straßenbauermeisterverordnung umschriebene Berufsbild im wesentlichen dem Straßenbauerhandwerk zuzuordnen. Sie kannten aber auch von den nichthandwerklichen Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus ausgeführt werden. Letzteres folge aus dem gesetzlich geregelten Berufsbild des Garten- und Landschaftsbauers. Seien beide Berufsbilder gesetzlich geregelt, so spreche Überwiegendes dafür, daß Handwerk und nichthandwerkliches Gewerbe in dem sich überschneidenden Bereich der Berufsbilder in Konkurrenz treten durften, der Ausschließlichkeitsanspruch der Handwerksordnung also insoweit zurücktrete. Die Abgrenzungsvereinbarung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes und des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau vom 9. Mai 1985 könne als authentische Beschreibung der von den beteiligten Gewerben gegenseitig gebilligten Besitzstände im Grenzbereich von Straßenbau und Garten- und Landschaftsbau gelten. Maßgeblich bei der Abgrenzung sei, ob eine Außenanlage eine landschaftsgärtnerische Prägung aufweise. Dies beurteile sich nach dem Gesamtcharakter des Werks. Dabei könne es auch auf Größe und Zuordnung der begrünten und der baugewerblich bearbeiteten Flächen zueinander dann ankommen, wenn sie das äußere Erscheinungsbild der Anlage und die darin zum Ausdruck kommende Konzeption bestimmten. Beides habe jedoch lediglich eine Indizfunktion. Entscheidend sei, ob die örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall Raum für eine Gestaltung der Anlage nach landschaftsgärtnerischen Gesichtspunkten zuließen und ob der Auftrag auf eine solche Gestaltung gerichtet sei. Lasse sich beides feststellen, könne auch dann von einer landschaftsgärtnerischen Prägung der Anlage ausgegangen werden, wenn erhebliche Flächenanteile der verkehrsmäßigen Erschließung dienten und entsprechend baugewerblich hergerichtet seien. Eine Grenze sei erst erreicht, wenn die reinen Verkehrsflächen so weit überwögen, daß die verbleibenden Grünflächen nur noch den Charakter von Verzierungen oder Auflockerungen hätten. So liege es hier indes nicht. Die zur Begrünung vorgesehenen Flächen ließen genügend Möglichkeiten für eine landschaftsgärtnerische Gestaltung der Anlage. Diese erscheine insgesamt als eine Kombination von Grün- und Verkehrsflächen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt dazu vor: Die Beigeladene zu 2 sei als Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus prinzipiell nicht berechtigt, eine wesentliche Tätigkeit des Straßenbauerhandwerks auszuüben. Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus dürften nur solche Wege- und Platzanlagen herstellen, die sich dem "landschaftsgärtnerischen Gesamtwerk" unterordneten. Eine solche untergeordnete Bedeutung sei aufgrund einer objektiven Betrachtung festzustellen, wobei die Flächenaufteilung und der Wert des Auftragsvolumens für gärtnerische und Pflasterarbeiten wichtige Anhaltspunkte seien. Die Anlage von Straßen, Parkplätzen und Stellplätzen sei dem Gärtnerberuf an sich wesensfremd und nur in einem engen Bereich bei untergeordneter Bedeutung in einem landschaftsgärtnerischen Gesamtwerk zulässig. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Bei dem Fachlos XIX, um das es in diesem Rechtsstreit vor allem gehe, handele es sich um Arbeiten, die nur in einem äußeren Zusammenhang mit untergeordneten gärtnerischen Arbeiten stünden.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte und die Beigeladene zu 2 beantragen,

Sie verteidigen das angegriffene Urteil.

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 HwO kann die zuständige Behörde die Fortsetzung des selbständigen Betriebes eines Handwerks untersagen, wenn er entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung ausgeübt wird. Die Handwerkskammer ist befugt, die Untersagung zu beantragen und im Falle der Ablehnung ihres Antrages ihr Begehren mit der verwaltungsgerichtlichen Klage durchzusetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 HwO). Der Betrieb eines Handwerks wird entgegen diesen Vorschriften ausgeübt, wenn er ohne die gemäß § 1 Abs. 1 HwO erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle betrieben wird. Ein Handwerksbetrieb setzt nach § 1 Abs. 2 HwO voraus, daß wesentliche Tätigkeiten eines in der Anlage A des Gesetzes aufgeführten Gewerbes handwerksmäßig verrichtet werden. Dies ist der Fall, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen, während Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, die Annahme eines handwerklichen Betriebes nicht rechtfertigen (BVerwGE 87, 191 <194>; Urteil vom 3. September 1991 - BVerwG 1 C 55.88 - Buchholz 451.45 § 1 HwO Nr. 22 S. 12). Zu Unrecht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, daß die angefochtene Verfügung danach rechtmäßig ergangen ist.

1. Die Beigeladene zu 2 verrichtet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in ihrem Gewerbebetrieb Tätigkeiten, die dem unter Nr. 7 der Anlage A genannten Straßenbauer-Handwerk zuzuordnen sind. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Straßenbauer-Handwerk (Straßenbauermeisterverordnung StrbauMstrV) vom 2. September 1987 (BGB1. 1 5. 2135) sind dem Straßenbauer- Handwerk die Planung, Herstellung und Instandsetzung von Verkehrsflächen, insbesondere von Straßen, Wegen und Plätzen, die dem Straßenverkehr zu dienen bestimmt sind, aus wasser-, bitumen-, teer-, zement- und kunststoffgebundenen Materialien, natürlichen und künstlichen Steinen und Platten einschließlich der Randbefestigungen sowie Holzpflaster zuzurechnen; hierzu gehören auch Herstellung und Instandsetzung von Deck-; Trag- und Frostschutzschichten sowie von Bodenverfestigungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die in Verordnungen über Berufsbilder und Prüfungsanforderungen in der Meisterprüfung veröffentlichten Berufsbilder für die Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe m i t herangezogen werden. Denn sie enthalten erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse (BVerwGE 25, 66 <67>; 87, 191 <193>). Von dem in der genannten Verordnung niedergelegten Erkenntnisstand ist als der derzeit gültigen Beschreibung des Straßenbauer-Handwerks auszugehen (vgl. Urteil vom 3. September 1991, a.a.O. 3. 10).

Die im Fachlos XIX (Erd- und Pflasterarbeiten) bezeichneten Arbeiten lassen sich im wesentlichen dem Straßenbauer-Handwerk zuordnen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dienten sie der verkehrsmäßigen Erschließung der fraglichen Sporthalle. Im einzelnen handelte es sich insbesondere um die Herstellung von befahrbaren Wegen und Parkplätzen einschließlich der Kabelleitungen, der Regenabläufe und der Randbefestigungen (vgl. $ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3, 5, 6 StrbauMstrV). Daß auch das Anlegen von Parkplätzen in das Arbeitsgebiet des Straßenbauer-Handwerks gehört, ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 30 StrbauMstn; vgl. auch Urteil vom 3. September 1991, a.a.0. S. 11). Eine Ausnahme bilden Nr. 22 des ersten Bauabschnitts (Errichtung von drei Fahnenmasten) und Nr. 14 bis 18 des zweiten Bauabschnitts (Aufstellung einer Müllbox und von Gartenbänken, 20 m Böschungsabsicherung aus Palisadenholz).

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 2 kommt es nicht darauf an, ob die fraglichen Flächen dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind (vgl. Urteil vom 3. September 1991, a.a.0. S. 11). Die Verordnung vom 2. September 1987 unterscheidet auch nicht danach, ob die Deckschicht gepflastert, im Verbund verlegt oder auf sonstige Weise hergestellt wird (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 31, 32).

Die in Rede stehenden Arbeiten gehören weiterhin zu den "wesentlichen Tätigkeiten" des Straßenbauer-Handwerks. Sie erfordern eine Vielzahl von Kenntnissen und Fertigkeiten aus dem Kernbereich dieses Handwerks und können daher nicht als lediglich untergeordnet angesehen werden (vgl. Urteil vom 3. September 1991, a.a.0. 5. 11 f.).

Der Betrieb der Beigeladenen zu 2 wird auch handwerksmäßig im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO betrieben. Die Abgrenzung läßt sich nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweils in Betracht kommenden Gewerbezweiges vornehmen und mit annähernder Sicherheit nur für den Einzelbetrieb anhand seiner Gesamtstruktur beurteilen (BVerwGE 58. 217 <224>. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird der Garten- und Landschaftsbau fast ausschließlich von kleinen und mitteiständischen Betrieben in "handwerksmäßiger" Form ausgeübt (vgl. auch Berg, GewArch 1982, 73 <74>). Der Betrieb der Beigeladenen zu 2 mache mit einer Personalstärke von 24 Betriebsangehörigen hiervon keine Ausnahme. Auch der Einsatz von Maschinen bei Erdarbeiten gebe diesem Betrieb kein anderes Gepräge, insbesondere könne nicht schon deswegen von einer industriellen Fertigung gesprochen und der Betrieb den Industriebetrieben zugeordnet werden. Diese Beurteilung läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

2. a) Auch wenn damit die fraglichen Arbeiten handwerksmäßig ausgeführt werden und zu den wesentlichen Tätigkeiten des Straßenbauer-Handwerks gehören, folgt daraus noch nicht, daß sie diesem Handwerk ausschließlich zugewiesen sind. Soweit Wege- und Platzarbeiten auch von dem nichthandwerklichen Gewerbe des Garten- und Landschaftsbaus ausgeführt werden können (§ 5 Abs. 7 der Verordnung über die Berufsbildung im Gartenbau vom 26. Juni 1972, BGBl. 1 S. 1027, im folgenden: GartenbauVO, dazu unten b)), überschneiden sich vielmehr die Berufsbilder dieses Gewerbes und des Straßenbauer-Handwerks mit der Folge, daß in diesem Bereich dem Handwerk kein Ausschließlichkeitsanspruch zusteht.

Aus § 1 Abs. 2 HwO in Verbindung mit Nr. 7 der Anlage A kann nicht entnommen werden, daß die fraglichen Tätigkeiten allein dem Straßenbauer-Handwerk zuzurechnen sind. Vielmehr besitzt der Beruf des Garten- und Landschaftsbauers Eigenständigkeit gegenüber dem Handwerk. Er hat sich als Beruf des selbständigen "Gartenkünstlers" oder "Gartengestalters" im 19. Jahrhundert mit einem Berufsbild etabliert, das neben der gärtnerischen Gestaltung auch baugewerbliche Elemente einschließt. Das Gewerberecht unterschied schon vor 1908 zwischen Kunstgärtnereien und anderen Gärtnereien. Die Kunstgärtnerei (spätere Bezeichnung: Landschaftsgärtnerei) wurde zu dieser Zeit noch der Urproduktion zugerechnet. Später wurde sie ebenso wie die Handelsgärtnerei, aber anders als die sonstigen Gärtnereien als Gewerbebetrieb behandelt (vgl. dazu OVG Münster, GewArch 1986, 294 <295>; Fuhr in Friauf, GewO, Einl. A II 1; Sieg/Leifermannl Tettinger, GewO, 5. Aufl. 1988, § 1 Anm. Rdnr. 8). Der Garten- und Landschaftsbauerberuf besitzt, wie sich hieraus ergibt, einen eigenständigen Charakter gegenüber anderen Gärtnerberufen. Soweit er an sich handwerkliche Tätigkeiten, etwa des Maurers, des Straßenbauers, des Fliesen-, Platten- und Mosaiklegers oder des Steinmetzen einschließt, ist er auch gegenüber dem Handwerk eigenständig.

Durch das Inkrafttreten der Handwerksordnung hat sich hieran nichts geändert (vgl. OlG Münster, a.a.O.). Bei der Aufzählung der einzelnen Handwerkszweige in der Anlage A zur Handwerksordnung knüpfte der Gesetzgeber an die tatsächlich bestehenden Verhältnisse, insbesondere die traditionellen Berufsbilder des Handwerks an und berücksichtigte dabei die geschichtliche Entwicklung und die typischen Besonderheiten der einzelnen Tätigkeiten (vgl. BVerfGE 13, 97 <110, 112, 117 f.>; Kübler/Aberle/Schubert, Die deutsche Handwecksordnung, Kennzahl 105, 5. 20 f.). Mit der Aufnahme der einzelnen Handwerke - darunter auch der obengenannten - in die Anlage A wurden diese fixiert und im Verhältnis untereinander sowie gegenüber sonstigen Gewerben abgegrenzt (vgl. auch BVerfG, a.a.O. S. 118). Der Gesetzgeber wollte festlegen, welche Berufe zum Handwerk gehören sollen (vgl. Kübler/Aberle/Schubert, a.a.O.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß Überschneidungen zum handwecksfreien Gewerbe, wenn dessen Berufsbild neben anderen Tätigkeiten auch an sich handwerkstypische Fähigkeiten umfaßt, generell ausgeschlossen werden und dadurch das Handwerksmonopol entsprechend ausgedehnt werden sollte. Was den Garten- und Landschaftsbauerberuf angeht, so spricht die Orientierung des Gesetzgebers an bestehenden Berufsbildern dagegen, diesen Beruf der Eintragungspflicht in die Handwerksrolle und damit einer Berufszulassungsbeschränkung (§ 7 Abs. 1 HwO) zu unterwerfen.

Dies erschiene auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG bedenklich. Die Einführung einer subjektiven Zulassungsbeschränkung könnte bestehende Betriebe des Landschafts- und Gartenbaus mit einem traditionell auch von handwerklichen Elementen geprägten Betätigungsfeld an der Fortführung ihrer bisherigen Arbeit hindern und sie damit in ihrer Substanz berühren (vgl. OVG Münster, a.a.O. 5. 296; Berg, a.a.O. S. 76; vgl. auch BVerfGE 9, 73 <79>).

b) Die Berufsbildbeschreibung in der Verordnung über die Berufsbildung im Gartenbau bestätigt und verfestigt diese Rechtslage.

Nach § 1 GartenbauVO wird der Ausbildungsberuf "Gärtner" staat- lich anerkannt. In §§ 3, 4 und 6 sind allgemeine Fertigkeiten und Kenntnisse dieses Berufsbilds geregelt. Über diese allgemeinen Fertigkeiten hinaus sollen besondere Fertigkeiten und Kenntnisse in bestimmten Ausbildungsstätten vermittelt werden (§ 5 Abs. 1). In Ausbildungsstätten des Garten- und Landschaftsbaus sollen als besondere Fertigkeiten und Kenntnisse (§ 5 Abs. 7) u.a. vermittelt werden "Fertigkeiten im Arbeiten mit und an den Maschinen und Geräten für ... Wegebau … Steinbearbeitung und Betonherstellung", Kenntnisse über Materialien für Wege- und Platzbau, Mauern, Treppen, Fundierungen, Zäune, Verankerungen und Spielgeräte", "Fertigkeiten im Herstellen von Weg- und Platzbefestigungen innerhalb von Grün- und Sportanlagen einschließlich Unterbau mit wassergebundenen Decken, Platten, Pflaster, Bitumen und Kunststoffen" und "Kenntnisse über Wege- und Platzprofilierung". Entsprechend diesem Ausbildungsinhalt müssen nach § 14 Abs. 6 Satz 1 GartenbauVO "Garten- und Landschaftsbaubetriebe in der Lage sein, Garten-, Grün- und Sportanlagen sowie Maßnahmen des Landschaftsbaues als landschaftsgärtnerisches Gesamtwerk" in fachlicher und technischer Hinsicht ordnungsgemäß zu erstellen.

Die Revision macht geltend, daß das Herstellen von Wege- und Platzbefestigungen nicht zu den für den Gärtnerberuf wesentlichen Fertigkeiten und Kenntnissen gehöre, da eine entsprechende Ausbildung nur in einer von sieben Ausbildungsstätten stattfinde. Zu berücksichtigen ist indessen, daß innerhalb des Gärtnerberufs eine Spezialisierung vorgeschrieben ist. Dies kommt auch bei den Prüfungsanforderungen zum Ausdruck (§ 12 GartenbauVO). Diese Spezialisierung rechtfertigt es, anknüpfend an die oben gemachten Ausführungen weiterhin von einen eigenständigen Berufsbild des Garten- und Landschaftsbauers innerhalb des staatlich anerkannten Berufs des Gärtners auszugehen.

c) Den erwähnten Vorschriften und dem Gesamtzusammenhang der GartenbauVO ist zu entnehmen, daß das Anlegen von Wegen und Plätzen im Zusammenhang mit (landschafts)gärtnerisch geprägten Anlagen unabhängig vom dabei verwendeten Material einschließlich Unterbau und Nebenarbeiten zum Berufsbild des Garten- und Landschaftsbauers gehört (vgl. OVG Münster, a.a.O. S. 296). Hieraus folgt zugleich, daß Wege und Plätze nicht ohne weiteres Fremdkörper in einer derartigen Anlage sind. sondern deren typischer Bestandteil sein können. Außerhalb solcher Anlagen ist dagegen ein auf dem Gebiet des Garten- und Landschaftsbaus tätiger und nicht mit dem Straßenbauer-Handwerk in die Handwerksrolle eingetragener Gewerbetreibender nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 3. September 1991, a.a.O. 3. 8) nicht zu wesentlichen Tätigkeiten des Straßenbauer-Handwerks befugt.

Auf die landschaftsgärtnerische Prägung der Anlage stellt auch die von dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau am 9. Mai. 1985 getroffene Abgrenzungsvereinbarung (GewArch 1986, 64) unter Nr. 2 maßgeblich ab. Diese Vereinbarung kann zwar mangels Rechtssatzqualität nicht zur Auslegung von Rechtsnormen herangezogen werden (vgl. Urteil vom 3. September 1991, a.a.O. S. 12). Sie gibt aber die den fraglichen Berufsbildern zuzurechnenden Tätigkeiten nach dem Selbstverständnis der beteiligten Wirtschaftskreise wieder und kann insofern bei der Abgrenzung berücksichtigt werden. Sie ordnet unter Nr. 1 a) Wege- und Platzarbeiten für Verkehrsflächen, die dem Straßenverkehr zu dienen bestimmt sind, dem Straßenbauer-Handwerk zu. Dagegen können diese Arbeiten nach Nr. 2 b) auch von den Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus ausgeführt werden "bei Neubau; Umbau und Renovierung von Freianlagen, auch Fußgängerzonen, soweit diese unter ) a) bis e) fallen und landschaftsgärtnerisch geprägt sind". Parkflächen sind danach dem Straßenhauer-Handwerk nur insoweit ausschließlich zugeordnet, als sie "vom Straßen- querschnitt aus betrachtet sich eng an die Straße selbst angliedern". Ist dies nicht der Fall, so können diese Arbeiten nach Maßgabe von Nr. 2 b) auch von Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus ausgeführt werden.

d) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine landschaftsgärtnerische Prägung vorliegt, ist auf den Gesamtcharakter der Anlage abzustellen. Unerheblich ist, ob - wie im vorliegenden Fall - Erd- und Pflasterarbeiten einerseits und gärtnerische Arbeiten andererseits getrennt ausgeschrieben werden.

Zunächst ist zwischen typisch (landschafts)gärtnerischen und sonstigen Anlagen zu differenzieren. Zu den ersteren gehören Garten-, Park-, Grün- und Friedhofsanlagen (vgl. auch Urteil vom 3. September 199, a.a.D. 5. 9 f.; OVG Münster, a.e.G. S. 296). Diese sind nach der Verkehrsanschauung dem Garten- und Landschaftsbau zuzurechnen, weil sie üblicherweise gärtnerisch geprägt sind.

Kann eine Anlage nicht ohne weiteres als für den Garten- und Landschaftsbau typisch angesehen werden, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie unter Berücksichtigung ihrer Umgebung nach ihrem äußeren Erscheinungsbild landschaftsgärtnerisch geprägt ist (vgl. OVG Münster, a.a.3. 3. 296; OVG Koblenz, Urteil vom 22. Januar 1991 - 6 A 11945/90 - GewArch 1991, 346). Dabei kommt der Flächenverteilung Indizfunktion zu: Unter Einbeziehung der jeweiligen Funktion ist das Verhältnis von gärtnerisch gestalteten, d.h. bepflanzten Flächen und sonstigen, insbesondere Weg- und Parkplatzflächen zu berücksichtigen. Allerdings gilt insoweit kein starrer Maßstab in der Weise, daß die gärtnerisch gestalteten Teilflächen stets überwiegen müßten. Die Grenze für die Annahme einer landschaftsgärtnerischen Prägung ist indessen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht erst erreicht, wenn die reinen Verkehrsflächen soweit überwiegen, daß die verbleibenden Grünflächen nur noch den Charakter bloßer Verzierungen oder Auflockerungen haben.

Das Berufungsgericht stellt bei der Prüfung der landschaftsgärtnerischen Prägung maßgeblich auf den gestalterischen Auftrag ab. Entscheidend sei, ob die örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall Raum für eine Gestaltung der Anlage nach landschaftsgärtnerischen Gesichtspunkten ließen und ob der Auftrag auf eine solche Gestaltung gerichtet sei. Sind diese Voraussetzungen gegeben so folgt daraus entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts noch nicht, daß die Anlage i n s g e s a m t landschaftsgärtnerisch geprägt ist. Zwar spielt das gestalterische Element bei der Herstellung eines "gärtnerischen Gesamtwerks" nach Tradition und bestehendem Berufsbild eine wesentliche Rolle, während im Straßenbau die Gefahrenabwehr im Vordergrund steht (vgl. Berg, a.a.O. 3. 76). Für das maßgebliche äußere Erscheinungsbild einer Anlage kommt es aber nicht darauf an, ob eine gestalterische Freiheit dem beauftragten Unternehmen überlassen bleibt bzw. inwieweit die Gestaltung durch Vorgaben, insbesondere solche des Auftraggebers bestimmt wird. So ist eine größtenteils aus Grünflächen bestehende Anlage im Regelfall landschaftsgärtnerisch geprägt, auch wenn aufgrund der im Einzelfall bestehenden Rahmenbedingungen nur wenig gärtnerischer Gestaltungsspielraum besteht.

Die Kostenrelation zwischen gärtnerisch gestalteten und sonstigen Flächen gestattet keine hinreichend fundierten Schlüsse auf das äußere Erscheinungsbild der Anlage, zumal Wege- und Platz- arbeiten in aller Regel erheblich kostenaufwendiger sind als gärtnerische Arbeiten. Sie stellt deshalb kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung der landschaftsgärtnerischen Prägung dar.

e) Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergeben nicht, daß nach diesen Maßstäben die in Rede stehende Anlage landschaftsgärtnerisch geprägt ist. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, daß die Zufahrtswege und Stellplätze für die Benutzer der Sporthalle über die Hälfte der Gesamtfläche einnehmen; die zur Begrünung vorgesehenen flächen leißen jedoch genügend Möglichkeiten für eine landschaftsgärtnerische Gestaltung der Anlage.

Damit stellt das Berufungsgericht darauf ab, ob Raum für eine Gestaltung der Anlage nach landschaftsgärtnerischen Gesichtspunkten besteht. Dieser rechtliche Ausgangspunkt ist jedoch, wie oben ausgeführt, fehlerhaft. Aus dem Bestehen landschaftsgärtnerischer Gestaltungsmöglichkeiten kann nicht auf das für den Gesamtcharakter maßgebliche äußere Erscheinungsbild der Anlage geschlossen werden. Entsprechendes gilt auch für die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, die Anlage erscheine insgesamt als eine Kombination von Grün- und Verkehrsflächen; die Grünflächen, insbesondere der Spielrasen mit einer Fläche von allein 700 qm hätten nicht nur eine untergeordnete Nebenbedeutung. Die Verneinung einer untergeordneten Nebenbedeutung der Grünfläche erlaubt nicht den Schluß, daß diese die Anlage prägt. Hinzu kommt, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang eine untergeordnete Bedeutung zu Unrecht erst dann annimmt, wenn sich die Grünflächen als bloße Verzierung oder Auflockerung der Weg- und Parkplatzflächen darstellen. Das Berufungsgericht leitet ein "über das Straßenbauerhandwerk hinausweisendes landschaftsgärtnerisches Gepräge" aus dem Umstand ab, daß die Grünflächen einen "eigenständigen gestalterischen Akzent" setzten. Wollte das Berufungsgericht damit zum Ausdruck bringen, daß die Grünflächen nach dem äußeren Erscheinungsbild die Anlage bestimmen, so würde dies sein Ergebnis tragen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß das Berufungsgericht den eigenständigen gestalterischen Akzent" fehlerhaft allein schon im Hinblick auf de nach seiner Auffassung bestehenden landschaftsgärtnerischen Gestaltungsmöglichkeiten bejaht.

Andererseits kann aufgrund der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die landschaftsgärtnerische Prägung der Anlage nicht verneint werden. Zwar ergibt sich aus den Planunterlagen, daß die Anlage wesentlich der Erschießung der Sporthalle für den Fußgänger-, Radfahrer- und Kraftfahrzeugverkehr dient. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts überwiegen dementsprechend auch die Wege- und Stellplatzflächen die Grünflächen. Letztere erscheinen nach dem Plan, abgesehen von dem - bezogen auf die Gesamtfläche - verhältnismäßig kleinen Spielrasen von 700 qm, weitgehend als Rand- und Abgrenzungsflächen zwischen den einzelnen Teilen des Wege- und Parkflächennetzes sowie zur öffentlichen Straße und den Nachbargrundstücken und beschränken zugleich durch ihren Bewuchs den freien Blick von außen auf die großflächige Pflasterung des Grundstücks. Eine Beurteilung aufgrund des Planes allein ist aber nach den dargelegten Kriterien nicht möglich. Insbesondere der gegenüber den Grünflächen nur geringfügig größere Flächenanteil der Wege- und Stellplätze rechtfertigt es noch nicht, eine landschaftsgärtnerische Prägung auszuschließen, weil es - wie ausgeführt - auf den Gesamtcharakter der Anlage nach ihrem äußeren Erscheinungsbild unter Berücksichtigung aller einschlägigen Gesichtspunkte ankommt. Die Frage der landschaftsgärtnerischen Prägung der Anlage hat somit das Oberverwaltungsgericht aufgrund der oben dargestellten Grundsätze erneut zu prüfen.

Nach allem ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

Meyer Scholz-Hoppe Kemper Mallmann Hahn

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 75 000 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Gründe:

...

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