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Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht

Bundesverwaltugnsgericht - Urteil vom 25.02.1992 - BVerwG 1 C 27.89

(Gewerbearchiv 10/92 S. 386)

Bei der Verwertung des Urteils muß berücksichtigt werden, dass sich seit der Entscheidung der Regelungszweck für die Handwerksordnung geändert hat. Regelungszeck für den Meisterzwang ist nun die Abwehr von Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritten.

Abschirft

Sachgebiet: Handwerksrecht
Rechtsquellen: HwO §§ 1, 2, 3, 16
RollJalAusbV § 3 Nr. 13 und 14
RollJalMstrV § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5
Stichworte:
Untersagung eines Handwerksbetriebes; Montage und Reparatur von industriell vorgefertigten Rolläden; Kernbereich des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks; Erfordernis qualifizierter Kenntnisse und Fertigkeiten; handwerklicher Hilfsbetrieb; handwerklicher Nebenbetrieb.

Siehe auch Gewerbearchiv 10/92 S. 386

Leitsätze:

Montage und Reparatur industriell vorgefertigter Rolläden gehören grundsätzlich zum Kernbereich des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks. Beschränkt sich der Gewerbetreibende jedoch auf einen Typ von Montage- und Reparaturarbeiten, für dessen einwandfreie Ausführung keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, sondern eine Anlernzeit von einigen Monaten ausreicht, so liegt kein Handwerksbetrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO vor.

Urteil des 1. Senats vom 25. Februar 1992 - BVerwG 1 C 27.89
I. VG Augsburg vorn 14.11.1984 - Az. : Au 4 K 84 A.74 -
II. VGH München vom 21.07.1988 - Az. : 22 B 85 A.51 -

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

BVerwG 1 C 27.89
VGH 22 B 85 A. 51
Verkündet am 25. Februar 1992
Reuter Angestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 1992
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Meyer ‚ den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Diefenbach ‚ die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scholz-Hoppe und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gielen und Dr. Mallmann

für Recht erkannt:

Gründe:

I.

Der Kläger handelt seit 1966/67 mit Rolläden, baut diese auch ein und repariert sie. Nachdem er diese Tätigkeiten zunächst im Reisegewerbe ausgeübt hatte, meldete er im Jahre 1978 das Gewerbe "Rolladen-Vertrieb" mit einer Betriebsstätte in Illertissen an.

Im März 1983 beantragte die beigeladene Handwerkskammer bei dem Beklagten, dem Kläger die Ausübung des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks zu untersagen. Dabei stützte sie sich auf die Ergebnisse einer polizeilichen Betriebskontrolle sowie strafprozessualer Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen. Mit Bescheid vom 27. April 1983 untersagte der Beklagte dem Kläger die Ausübung des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, der Kläger habe die von ihm verkauften Rolläden in den meisten Fällen auch montiert; er übe somit das Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerk in nicht nur unerheblichem Umfang aus, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos.

Das Berufungsurteil beruht im wesentlichen auf den folgenden Gründen: Die Vorschrift des § 16 Abs. 3 HwO decke die Untersagung der Fortsetzung eines konkreten Handwerksbetriebes, nicht aber der Ausübung einer bestimmten Gewerbeart schlechthin. Zwar werde in dem angefochtenen Bescheid "die Ausübung des Rolladen und Jalousiebauer-Handwerks" untersagt. Aus dem Gesamtzusammenhang des Bescheides ergebe sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, daß der Beklagte lediglich die Fortsetzung des in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Rolladenbetriebes des Klägers habe untersagen wollen.

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 HwO seien auch im übrigen gegeben. Der Gewerbebetrieb des Klägers umfasse im wesentlichen Tätigkeiten des Gewerbes des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks. Zur Ermittlung des für das Handwerk maßgeblichen Berufsbildes und der hierzu gehörenden Tätigkeiten könnten der Berufsbild-Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft vom 21. August 1957 und die Ausbildungsverordnung vom 19. März 1984 herangezogen werden. Nach dem Berufsbild-Erlaß seien dem Arbeitsgebiet des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks u.a. "Einbau, Anbringung und Reparatur von Rolläden" zuzurechnen; zu den erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnissen zähle der Erlaß z.B. das "Maßnehmen", das "Montieren von Rolläden" sowie das "Auswählen, Anfertigen und Montieren von Getrieben". Die Ausbildungsverordnung führe als Gegenstand der Berufsausbildung in diesem Handwerk u.a. das "Zusammenbauen von Rollpanzern", das "betriebsfertige Einbauen und überprüfen der Anlage" sowie das "Beheben von Störungen und Warten von Anlagen" auf. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß nach dem gegenwärtigen tatsächlichen Berufsbild Montage, Wartung und Reparatur von industriell vorgefertigten Rolläden nicht (mehr) zu den typischen Tätigkeiten dieses Handwerks gehörten.

Die fachliche Zugehörigkeit der Montage- und Reparaturtätigkelten des Klägers zu einem handwerksfähigen Gewerbe allein reiche allerdings nicht aus, seinen Gewerbebetrieb der Handwerksordnung zu unterstellen. Hinzutreten müsse vielmehr, daß die Tätigkeiten, Verrichtungen und Arbeitsweisen den Kernbereich dieses Handwerks ausmachten und ihm sein essentielles Gepräge gäben. Auch diese Voraussetzung sei erfüllt. Der Kläger baue im Wohnungsbau Rolläden ein, bringe diese an und repariere sie. Er übernehme Aufträge für die bei ihm gängigen Arten von Rolläden aus Kunststoff und aus Aluminium, und zwar in jeder Ausführungsvariante, in jedem Ausmaß und von jedem Gewicht sowohl an Neu- als auch an Altbauten. Er unterhalte keine Verkaufsstelle, sondern lediglich einen Büroraum. Auf Bestellung suche er die Baustelle auf, nehme dort anhand der in seinem Kleinlieferwagen mitgebrachten Fabrikmuster die Wünsche der Kunden entgegen und messe die Maueröffnung aus. Aufgrund dieser Angaben gebe er die Bestellung bei dem Rolladenhersteller auf. Dieser berechne die Abmessungen der Rolläden, berücksichtige Last- und Winddruck und fertige die Rolläden an. Der Kläger transportiere das fabrikgefertigte Material zur Baustelle und führe dort - in 70 Prozent der Fälle - die Montage aus. Er schraube die Führungsschienen an, soweit sie nicht bereits vorhanden seien, hänge den Panzer in den bauseitig vorhandenen und mit Lager versehenen Rolladenkasten ein und befestige ihn. Er mache den Ziehgurt fest und schraube den Gurtwickler an. Gelegentlich gipse er das Gurtgehäuse ein. Den in seinem Auftrag von einem Schreiner nach Maß vorgefertigten Rolladendeckel passe er an, schneide ihn zu und schraube ihn an. Die Reparatur umfasse den gesamten Bereich, in dem der Kläger Rolläden montiere. Die Tätigkeiten, Verrichtungen und Arbeitsweisen gehörten zu denen, die den Kernbereich des Rolladen- und Jalousiebauer Handwerks ausmachten und ihm sein essentielles Gepräge gäben. Die den gesamten Wohnhausbau umfassenden Montage- und Reparaturarbeiten und praktisch alle Arten von Rolläden einbeziehenden Tätigkeiten seien aus der Sicht eines vollhandwerklichen Betriebes dieser Sparte nicht untergeordnet, unbedeutend oder unwesentlich. Das Arbeitsgebiet des Rolladen- und Jalousiebauer Handwerks umfasse im Grundsatz einerseits die Herstellung und andererseits den Einbau und die Reparatur von Rolläden. Der Kläger führe praktisch alle Tätigkeiten eines Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerkers aus, der fabrikfertige Rolläden montiere und repariere, und damit zentrale Tätigkeiten eines vollhandwerklich arbeitenden Betriebes.

Die angeführten Tätigkeiten könnten nicht ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten einwandfrei und gefahrlos ausgeführt werden. Der Kläger erbringe handwerkliche Leistungen ohne die dafür erforderlichen handwerklichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Er sei nicht in der Lage, in der Praxis auftretenden örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten, die der industrielle Hersteller zwangsläufig außer acht lasse, Rechnung zu tragen. Er übernehme bei der Dimensionierung der Rolläden die Vorgaben des Fertigungsbetriebes. Seine Beratung hinsichtlich der Wärmedämmung beschränke er auf den Hinweis, daß ein Panzer aus Kunststoff größeren Wärmeschutz biete als ein solcher aus Aluminium. Das Aufschrauben eines Deckels auf den Rolladenkasten halte er für einen ausreichenden Schutz gegen Wärmeverluste. Rolladenkästen lasse er von einem Schreiner anfertigen, ohne einschlägige Vorschriften des Wärmeschutzes zu beachten. Einbruchhemmende Vorrichtungen bestelle er auf Wunsch bei der Fabrik und montiere sie nach deren Einbauanweisungen; das gelte auch für Elektroantriebe, wobei er Motorenstärke und Antriebsgeschwindigkeit sich ebenfalls von der Fabrik vorgeben lasse.

Der Kläger übe auch weder einen den Vorschriften der Handwerksordnung nicht unterfallenden handwerklichen Nebenbetrieb unerheblichen Umfangs noch einen Hilfsbetrieb im Sinne von §§ 2 Nr. 3, 3 HwO aus. Zwar betreibe er auch Handel mit Rolläden und Einbaukästen. 70 Prozent seiner Aufträge bestünden aber in der Lieferung und dem Einbau von Rolläden. Während des ganz überwiegenden Teils der Woche sei er mit der Montage und der Reparatur von Rolläden beschäftigt. Eine Verkaufsstelle unterhalte er nicht. Mithin sei der handwerkliche Betriebsteil als Hauptbetrieb und nicht als Nebenbetrieb anzusehen.

Mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Abänderung der vorinstanzlichen Urteile und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Er trägt u.a. vor: Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 HwO für die Untersagung seines Betriebes seien nicht gegeben. Das Berufsbild des Holladen- und Jalousiebauer-Handwerks habe sich in den letzten Jahrzehnten infolge der Zunahme industriell vorgefertigter "Fix- und Fertig-Rolläden" weiter entwickelt. Selbst wenn der Einbau industriell vorgefertigter Rolläden noch zu den typischen Tätigkeiten dieses Handwerks gehören sollte, handele es sich bei den von ihm ausgeübten Tätigkeiten jedenfalls nicht um solche, die den Kernbereich des Handwerks ausmachten und ihm sein essentielles Gepräge gäben. Ein durchschnittlich Begabter könne die von ihm ausgeübten Tätigkeiten innerhalb von etwa zwei Monaten erlernen. Bei einer derart kurzen Anlernzeit könnten diese Tätigkeiten auch ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten einwandfrei und gefahrlos ausgeübt werden.

Die Beigeladene zu 2) unterstützt das Revisionsvorbringen. Der Beklagte hat sich nicht geäußert. Die Beigeladene zu 1) verteidigt das Berufungsurteil.

II.

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger und der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, denn in der Ladung ist darauf hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (S 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht dessen Entscheidung, der Betrieb des Klägers sei zu Recht untersagt worden. Hierzu bedarf es vielmehr einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts, die Aufgabe des Berufungsgerichts ist.

Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 HwO kann die zuständige Behörde, wenn der selbständige betrieb eines Handwerks entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung ausgeübt wird, von Amts wegen oder auf Antrag der Handwerkskammer die Fortsetzung des Betriebes untersagen.

Die angefochtene Untersagungsverfügung ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon wegen Unbestimmtheit oder Verletzung des Übermaßverbotes rechtswidrig. Gegenstand der Anfechtungsklage ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Wie das Berufungsgericht rechtlich unbedenklich dargelegt hat, ist dem Kläger der konkrete Montage- und Reparaturbetrieb, so wie er ihn an seinem Wohn- und Betriebsort in Illertissen führt, als Handwerksbetrieb untersagt worden. Der Beklagte hat dem Kläger nicht etwa generell die Ausübung des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks verboten, wozu die Vorschrift des § 16 Abs. 3 Satz 1 HwO nicht ermächtigte. Auch ist dem Kläger nicht das Betreiben seines Handelsgeschäfts mit Rolläden und Rolladenkästen untersagt worden, was ebenfalls die Ermächtigung des § 16 Abs. 3 Satz 1 HwO überschritte.

Der Betrieb eines Handwerks wird entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung ausgeübt, wenn er ohne die gemäß § 1 Abs. 1 HwO erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle betrieben wird. Ein Handwerksbetrieb setzt nach § 1 Abs. 2 HwO voraus, daß wesentliche Tätigkeiten eines in der Anlage A des Gesetzes aufgeführten Gewerbes handwerksmäßig verrichtet werden. Dies ist der Fall, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, können demnach die Annahme eines handwerklichen Betriebes nicht rechtfertigen. Dies trifft namentlich auf Arbeitsvorgänge zu, die - ihre einwandfreie Ausführung vorausgesetzt - wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern (BVerwGE 87, 191 <194>; Urteil vom 3. September 1991 - BVerwG 1 C 55.88 - GewArch 1992, 107).

Die vom Kläger ausgeführten Montage- und Reparaturarbeiten an Rolläden gehören fachlich zum Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerk. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft über die Anerkennung des Berufsbildes für das Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerk vom 21. August 1957 (BWMB1. S. 442), aus der Verordnung über die Berufsausbildung zum Rolladen- und Jalousiebauer/zur Rolladen- und Jalousiebauerin (Rolladen- und Jalousiebauer-Ausbildungsverordnung - RollJalAusbV) vom 19. März 1984 (BGB1. 1 S. 419) sowie aus der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerk (Rolladen- und Jalousiebauermeisterverordnung - RollJalMstrV) vom 18. September 1989 (BGB1. 1 S. 1746). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die in derartigen Erlassen und Verordnungen veröffentlichten Berufsbilder für die Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe m i t herangezogen werden. Sie enthalten nämlich erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse (BVerwGE 25, 66 <67>; 87, 191 <193>; Urteil vom 3. September 1991 - BVerwG 1 C 55.88 - a.a.O.). Der erwähnte Berufsbild-Erlaß weist als Arbeitsgebiet u.a. den Einbau, die Anbringung und die Reparatur von Rolläden aus und nennt als erforderliche Fertigkeiten und Kenntnisse neben anderen das Maßnehmen, das Zusammensetzen nach den verschiedenen Verbindungsarten, das Montieren von Getrieben und Rolläden. Nach § 3 RollJalAusbV sind Gegenstand der Berufsausbildung u.a. die Fertigkeiten und Kenntnisse "betriebsfertiges Einbauen und Überprüfen der Anlagen" (Nr. 13) und "Beheben von Störungen und Warten von Anlagen" (Nr. 14). Dem entspricht auch das Berufsbild der nach Erlaß des Berufungsurteils am 1. Januar 1990 ( 9 Abs. 1 RollJalMstrV) in Kraft getretenen Rolladen- und Jalousiebauermeisterverordnung. Es begegnet keinen Bedenken, die Bestimmungen dieser Verordnung der Entscheidung mit zugrunde zu legen (Urteil vom 3. September 1991 - BVerwG 1 C 55.88 - a.a.O.). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 RollJalMstrV sind die Montage und die Instandsetzung von Rolläden und deren Antrieben dem Berufsbild des Handwerks zuzurechnen.

Neben dem Entwerfen und Herstellen von Rolläden und ähnlichen Bauteilen gehören diese Tätigkeiten, insbesondere die Montage, grundsätzlich auch zum Kernbereich und nicht zu den untergeordneten Randtätigkeiten des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks. Dies wird durch § 3 Abs. 1 RollJalMstrV belegt, der als Meisterprüfungsarbeit das Herstellen u n d das Montieren von Rolläden und ähnlichen Bauteilen verlangt; wäre das Montieren grundsätzlich eine unwesentliche, wenig qualifizierte Tätigkeit, so wäre sie für den Nachweis einer meisterlichen Beherrschung des Handwerks ungeeignet (vgl. Urteil vom 19. August 1986 - BVerwG 1 C 5.84 - Buchholz 451.45 § 1 HwO Nr. 20). Infolge der in den letzten Jahrzehnten stark gewachsenen industriellen Produktion von Fertigrolläden und Rolladenkästen hat sich ohnehin der Tätigkeitsbereich des Rolladen- und Jalousiebauers - ähnlich wie in anderen Handwerksberufen - zunehmend in den Montagebereieh verlagert; dadurch hat sich das berufliche Tätigkeitsbild entsprechend verändert. Auch dies bestätigt, daß es sich bei den Montagetätigkeiten nicht generell um solche handelt, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Rolladen- und Jalousiebaubetriebes als untergeordnet erscheinen und schon deshalb nicht unter die Handwerksordnung fallen.

Dagegen ist nicht auszuschließen, daß sich der Kläger auf einen Typ von Montage- und Reparaturarbeiten beschränkt, für dessen einwandfreie Ausführung keine qualifizierten handwerklichen Kenntnisse und Fertigkeiten, sondern lediglich eine Anlernzeit von einigen Monaten nötig ist. Den Feststellungen des Berufungsgerichts über die Tätigkeit des Klägers (BU S. 7 f.) ist zu entnehmen, daß die beschriebenen Arbeitsgänge bei nahezu allen vom Kläger durchgeführten Einbauten anfallen. Sie lassen sieh in die "Bestellung" und die "Montage" der Rolläden unterteilen. Die handwerksbezogenen Tätigkeiten, die sieh auf die "Bestellung" beziehen, erschöpfen sieh darin, daß der Kläger auf der Baustelle die Maueröffnungen ausmißt. Die Angabe der Meßdaten und der vom Kunden insbesondere hinsichtlich Art und Farbe der Rolläden geäußerten Wünsche genügt dem Hersteller, um die vom Kläger aufgegebene gegebene Bestellung auszuführen. Die Auslieferung zur Baustelle erfolgt durch den Kläger. Das Schwergewicht der handwerklichen Betätigung liegt bei der Montage der Rolläden, die in 70 Prozent aller Bestellungen erfolgt. Der Kläger führt die Montage der Rolläden durch, indem er die Rührungsschienen, sofern diese nicht bereits vorhanden sind, anschraubt, den Rolladenpanzer in den bauseitig bereits vorhandenen und mit einem Lager versehenen Rolladenkasten einhängt und befestigt, den Ziehgurt festmacht, den Gurtwickler anschraubt, gelegentlich das Gurtgehäuse ein- gipst und den von einem Tischler in seinem - des Klägers - Auftrag nach Maß vorgefertigten Rolladendeckel anpaßt, zuschneidet und anschraubt. Außerdem rührt er alle Reparaturen aus, die sich in dem Rahmen seiner Montagetätigkeit halten, und baut auf Wunsch der Kunden Einbruchhemmungen und Motorenantriebe nach den Einbauanweisungen der Hersteller ein. Diese Arbeiten des Klägers lassen sich als in kurzer Zeit erlernbare Tätigkeiten werten, die keiner handwerklichen Schulung bedürfen. Sie beschränken sich auf das Ausmessen und eine in wenigen einfachen Arbeitsgängen durchzuführende Montage. Da es sich bei den vom Kläger zu montierenden Rolläden und bei den dafür erforderlichen Rolladenkästen weitgehend um die gleichen Produkte handelt, kann insoweit nur eine kurze Anlernzeit erforderlich sein. Das Anbringen des Rolladendeckels durch Zurechtschneiden und Anschrauben erfordert ebenfalls keine handwerkliche Schulung, sondern kann bei einigem Geschick auch von einem nicht handwerklich ausgebildeten Heimwerker ausgeführt werden. Der Einbau der Einbruchhemmungen und der Antriebe erfolgt nach den Bauanleitungen der Hersteller und erfordert nur das Zusammenstecken, Zusammenschrauben und Anschrauben der Einzelteile sowie das Bohren von Bohrlöchern und unter Umständen das Kürzen z.B. von Stangen durch Sägen. Diese Tätigkeiten zusammen werden von einem durchschnittlich begabten Berufsanfänger innerhalb von zwei bis drei Monaten zu erlernen sein. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts über die Tätigkeit des Klägers ergeben danach nicht, daß qualifizierte handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich wären.

Das Berufungsgericht (BU S. 9) vertritt demgegenüber die Auffassung, die geschilderte Arbeitsweise des Klägers sei nicht einwandfrei und eine einwandfreie Ausführung der Arbeiten setze Kenntnisse und Fertigkeiten voraus, die nur in längerer handwerklicher Schulung zu erwerben seien. Ob diese Wertung zutrifft, kann der erkennende Senat aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht stellt fest, daß sich die Beratungstätigkeit des Klägers hinsichtlich der Wärmedämmung auf den Hinweis beschränke, ein Panzer aus Kunststoff biete größeren Wärmeschutz als ein Panzer aus Aluminium; daß der Kläger die Rolladendeckel ohne Beachtung der in der Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden (Wärmeschutzverordnung - WärmeschutzV) vom 24. Februar 1982 (BGBl. 1 S. 209) festgelegten Werte anfertigen lasse und anbringe; daß er Kältebrücken bei stumpf angebrachten Deckeln und unebenen Wänden nicht berücksichtige; daß er sich beim Einbauen von Einbruchhemmungen und Elektroantrieben an die Anweisungen und Vorgaben der Fabrik halte und insgesamt nicht in der Lage sei, "den in der Montage- und Reparaturpraxis auftretenden örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten, die der industrielle Hersteller zwangsläufig außer acht läßt, Rechnung zu tragen". Diese Feststellungen allein rechtfertigen jedoch nicht die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, die vom Kläger angebotenen Leistungen könnten einwandfrei und gefahrlos nicht ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeführt werden: Soweit das Berufungsgericht dem Kläger entgegenhält, seine Beratungstätigkeit in bezug auf die Wärmedämmung sei unzureichend, bedarf es weiterer Feststellungen darüber, welche zusätzlichen Hinweise der Kläger geben müßte und welche Kenntnisse hierfür nötig sind. Auch hinsichtlich der Rolladendeckel, der Einbruchhemmungen und Elektroantriebe fehlt es an Feststellungen dazu, wie eine handwerksgerechte Montage durchzuführen wäre und weshalb dafür eine handwerkliche Schulung erforderlich sein soll. Der Umstand, daß der Kläger die Rolladendeckel ohne Berücksichtigung der Wärmeschutzverordnung anfertigen läßt, ist für die hier vorzunehmende Beurteilung nicht hinreichend aussagekräftig; denn möglicherweise können etwaige, vom Kläger vernachlässigte Anforderungen der Wärmeschutzverordnung (vgl. § 2 Abs. 1, 3 Abs. 2) schon mit einer einfachen fachgerechten Dichtung und einer zusätzlichen Dämmschicht erfüllt werden. Was schließlich die Feststellung des Berufungsgerichts betrifft, der Kläger sei außerstande, besonderen örtlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, so muß noch aufgeklärt werden, welche Besonderheiten dies sein sollen, welche Tätigkeiten insoweit geboten sind und welche Anforderungen solche Tätigkeiten in fachlicher Hinsicht stellen. Allen diesen Fragen wird, erforderlichenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, nachzugehen sein. Die Zurückverweisung der Sache erübrigte sieh allerdings, wenn der Kläger seine Montage- und Reparaturarbeiten - unterstellt, es handelte sieh dabei um die handwerksmäßige Ausführung wesentlicher Tätigkeiten des Rolladen- und Jalousiebauer-Handwerks - im Rahmen eines handwerklichen Nebenbetriebs und nur in unerheblichem Umfang ( 3 Abs. 1 und 2 HwO) oder nur in Form eines Hilfsbetriebs ( 3 Abs. 3 HwO) verrichtete. In diesem Fall wäre der Klage stattzugeben. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 HwO liegen jedoch nicht vor. Ob die des § 3 Abs. 1 und 2 HwO erfüllt sind, läßt sieh auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsurteils nicht entscheiden. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Ein Hilfsbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 3 HwO ist ein unselbständiger, der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes dienender Handwerksbetrieb, der entweder Arbeiten für den Hauptbetrieb ausführt (Nr. 1) oder Leistungen an Dritte bewirkt (Nr. 2), die u.a. als handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind (Buchst. a). Die Montagetätigkeit des Klägers wird nicht für dessen Rolladenhandel als etwaigen Hauptbetrieb, sondern unter Vereinbarung eines Gesamtpreises für Lieferung und Einbau als selbständige Leistung für den Kunden erbracht. Die fragliche Tätigkeit ist auch nicht zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a HwO); denn die Rolläden sind als Bauteile bereits gebrauchsfertig. Aus diesen Gründen hat das Bundesverwaltungsgericht auch nicht den insoweit vergleichbaren Einbau von Normfenstern als Hilfsbetrieb zum Handel mit Normfenstern angesehen (BVerwGE 67, 273 <274 f.>; Urteil vom 15. Dezember 1983 - BVerwG 5 C 40.81 - Buchholz 451.45 § 1 HwO Nr. 19).

Ein handwerklicher Nebenbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 1 HwO setzt eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber einem anderen Betrieb oder Betriebsteil voraus, der der Hauptbetrieb sein muß. Sind wie im vorliegenden Fall eine Handelstätigkeit sowie eine handwerksmäßige Betätigung in einem Ein-Mann-Betrieb verbunden und hat die handwerksmäßige Betätigung ausschließlich die im Handelsgeschäft veräußerten Waren sowie Materialien zum Gegenstand, liegt es nicht nahe, einen solchen Betrieb in einen handelsmäßigen und einen handwerksmäßigen Betriebsteil aufzuspalten. Ob die Betriebsteile eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen (vgl. BVerwGE 67, 273 <278 f.>), hängt von den Umständen des konkreten Falles ab, die das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt zu Recht - nicht im einzelnen festgestellt hat. Im Berufungsurteil wird die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 HwO mit der Begründung verneint, der handwerkliche Betrieb sei hier Hauptbetrieb, da 70 Prozent aller Aufträge des Klägers Lieferung und Einbau von Rolläden umfaßten. Es bedarf keiner Vertiefung, ob diese Begründung tragfähig ist (vgl. dazu BVerwGE 67, 273 <279>). Selbst wenn man beim Betrieb des Klägers zwei Teile von einer gewissen Eigenständigkeit annimmt, fehlt es jedenfalls an Feststellungen, die den Schluß erlauben, die Montagetätigkeit stelle einen Nebenbetrieb unerheblichen Umfangs dar.

Meyer Dr. Diefenbach Dr. Scholz-Hoppe Gielen
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Naumann ist beurlaub und deswegen verhindert, seine Unterschrift beizufügen.
Meyer

Beschluß

Der Wert des Streigegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 15 000 DM festgesetzt (vgl. Streitwertkatalog - Stichwort: Gewerbeuntersagung - NVwZ 1991, 1156 <1158>).

Meyer Dr. Diefenbach Gielen

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