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Parteien und der Meisterzwang, BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang

Offener Brief an den Ministerpräsident von NRW Rüttgers zu seinen Äußerungen zur Zuwanderung

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Rüttgers,

mit großem Interesse habe ich den Artikel zur Ankündigung Ihres Buches in der Presse gelesen. Insbesondere Ihre Forderung "Die deutschen Probleme lassen sich nicht mit Zuwanderung lösen" erweckt mein Interesse.

Der BUH setzt sich dafür ein, dass Menschen in ihrer Heimat arbeiten dürfen, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Behörden trotz Fachkräftemangel und einer alternden Bevölkerung junge und tatkräftige engagierte Menschen rechtswidrig kriminalisiert und so aus dem Land drängt - dieses Jahr hat das Bundesverfassungsgericht bisher zwölf Verfassungsbeschwerde gegen Durchsuchungen wegen angeblichem Verstoß gegen den Meisterzwang stattgegeben. Drei Beschwerdeführer wurden in Nordrhein-Westfalen verfolgt!

Ich möchte mit diesem Schreiben die Gelegenheit ergreifen, um auf die Probleme, mit denen wir und unsere Mitglieder zu kämpfen haben, aufmerksam zu machen.

Tausende Handwerker werden wegen fehlendem Meisterbrief am selbstständigen Arbeiten gehindert. Warum diese Menschen nicht im Besitz des Meisterbriefes sind, hat vielfältige Ursachen. Z.B. sind es Autodidakten, oder es sind Handwerker, die z.T. sehr lange in Betrieben beschäftigt waren und plötzlich arbeitslos wurden.

Diesen Menschen, die mit ihren beiden Händen arbeiten wollen, wird hier in diesem Land der Weg in die Selbständigkeit verwehrt.

Die Situation wird für die deutschen Gesellen noch weiter verschärft. Seit 1.10.2007 muss die EU-Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in nationales Recht umgesetzt sein - wo sie unvollständig umgesetzt ist, können sich Bewerber direkt auf die Richtlinie beziehen. Die Richtlinie regelt auch unter welchen Umständen Handwerker aus anderen EU-Staaten sich in zulassungspflichtigen Handwerken selbstständig machen dürfen. Nach der von der EU verabschiedeten Fassung reicht es ab dem 1.10.2007 aus, wenn ein Bewerber in einem anderen EU-Staat zwei Jahre in einem entsprechenden Betrieb abhängig beschäftigt war. Eine Gesellenprüfung oder gar eine Meisterprüfung darf von Bewerbern mit zweijähriger Berufserfahrung nicht mehr verlangt werden.

Auch wenn die EU der - von Deutschland beantragten - Änderung der Berufsanerkennungsrichtlinie zustimmen sollte, bleibt eine Inländerdiskriminierung bestehen und der Gesetzgeber den Bertoffenen die Erklärung schuldig, von welche handwerklichen Tätigkeiten eine konkrete und unmittelbare Gefahr ausgeht, die eine Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könnte.

Nachdem im Jahr 2004 die Handwerksordnung teilweise liberalisiert wurde und zur Erleichterung für den Marktzugang die so genannte "Altgesellenregelung" (§ 7b HWO) eingeführt wurde, berichten uns immer wieder Handwerker, die einen Antrag auf eine Ausübungsberechtigung gestellt haben, dass sie von den Kammern eingeschüchtert und schikaniert werden. Auch der ständigen Forderung des Bundesverfassungsgerichtes -nämlich großzügig Ausnahmegenehmigungen zu erteilen - wird von den Kammern nicht Rechnung getragen (Beispiele liegen dem Unterzeichner vor).

Es darf nicht sein, dass deutsche Gesellen derartig den Handwerkern aus den EU-Staaten gegenüber benachteiligt werden.

Herr Rüttgers, sorgen Sie dafür, dass in NRW Handwerkern ohne Meisterbrief von den Ordnungsbehörden und den Kammern alle Möglichkeiten aufgezeigt werden, ihren Beruf ohne Eintragung in die Handwerksrolle auszuüben. Sorgen Sie dafür, dass Ausnahmebewilligungen und Ausnahmebewilligungen großzügig erteilt werden. In Ihrer Eigenschaft als Mitglied des Bundesrates, fordere ich Sie auch auf, sich diesem Problem anzunehmen und einen Initiativentwurf zur Änderung der Handwerksordnung in den Bundestag einzubringen, der die Diskriminierung der deutschen Handwerksgesellen den anderen Bewerbern aus den EU-Mitgliedstaaten, beseitigt.

Die Forderung nach Abschottung des Arbeitsmarktes bleibt ein wohlfeiles und irreführendes Lippenbekenntnis, wenn Diskriminierungen hier erworbener Berufserfahrungen von Ihnen weiter verteidigt werden. Mit der Forderung nach Abschottung bedienen Sie nur latent vorhandene Vorbehalte gegen Ausländer, solange Sie nicht die Inländerdiskriminierung als Ursachen von Vorbehalte gegen ausländische Arbeitskräfte abbauen.

Ich würde Ihnen gerne ausführlich von diesem Problem berichten und würde mich freuen, wenn wir diesbezüglich in einen Dialog, sehr gerne auch in einem persönlichen Gespräch, kommen könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Die Antwort aus der Staatskanzlei

Auf den Brief hat der Ministerpräsident durch den Chef der Staatskanzlei antworten lassen.

Zunächst wurde eingestanden, dass Handwerker aus andere EU Staaten sich auf die Berufsanerkennungsrichtlinie berufen können und sich nach zwei Jahren abhängiger Beschäftigung in Deutschland selbstständig machen können - zumindest bis eine Änderung der Berufsanerkennungsrichtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird, nach der der Meisterbrief in den Kategorien der Berufsqualifikationen höher gestuft wird.

Weiter hat Karsten Beneke in seinem Schreiben die Behauptung aufgestellt, dass das Bundesverfassungsgericht entschieden hätte, dass eine Inländerdiskriminierung durch den Meisterzwang nicht gegeben sei.

Außerdem verweist Herr Beneke auf die Statistiken des Landes Nordrhein-Westfalen nach denen sich die an der Genehmigungspraxis nichts geändert hat seit die Handwerkskammern für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen und Ausübungsberechtigungen zuständig sind.

Nur sehr wenige Einzelfälle seien dem Wirtschaftsministerium bekannt geworden, in denen eine großzügigere Anwendung der Ausnahmeregelungen durch die Handwerkskammern wünschenswert gewesen wäre. In diesen Fällen seien die Kammern nachdrücklich auf die verfassungsrechtlich gebotene Auslegung der Ausnahmeregelungen hingewiesen worden und in intensiven Gesprächen nach Lösungsmöglichkeiten gesucht worden. So hätten Aufsichtsrechtliche Weisungen vermieden werden können.

Kommentar:

Auf die Wesentlichen Punkte, nämlich die rechtswidrige Kriminalisierung von Handwerkern ohne Meisterbrief, die auch von NRW praktiziert wird geht Herr Beneke nicht ein.

Für seine Behauptung das Verfassungsgericht habe entschieden, dass der Meisterzwang keine Inländerdiskriminierung darstelle wurde keine Quelle angegeben - diese hat der BUH nachgefordert.

Die Antwort belegt, dass die Anerkennungspraxis bei Ausnahmebewilligungen und Ausübungsberechtigungen sich nicht verbessert hat, wie es in der Entscheidung 1 BvR 1730/02 vom Verfassungsgericht gefordert wurde.

Wenn Ausnahmebewilligungen großzügig erteilt würden dürfte es nicht zu Gerichtsverfahren kommen, bei denen die Antragsteller Recht bekommen wie in Gelsenkirchen oder Köln

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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

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