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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Petition für Handwerksausübung im Reisegewerbe ohne Meisterbrief

Mit der Begründung, für seine Tätigigkeit als Zimmerer brauche er einen Meister, wurde BUH-Vorstandsmitglied Thomas Melles die Ausübung seines Gewerbes untersagt. Dabei hat er eine gültige Reisegewerbekarte (auch die Handwerksordnung fordert einen Meister nur im Vollhandwerk im stehenden Gewerbe).

Mit Unterstützung des BUH wehrt er sich gegen diese unrechtmässige Amtswillkür. Bisher ohne Erfolg. Auch die (unteren) Gerichte glauben den Auslegungen der Handwerkskammern mehr als dem Wortlaut des Gesetzes.

Eine Schilderung des Falles ist in seiner Petition an den Bundestag enthalten.

Der erste Teil stellt unsere Rechtsauffassung zum Thema Reisegewerbe dar, und wie Gerichte immer mehr gesetzlich Erlaubtes verbieten.

Ende 2003 hat der Betroffene Recht bekommen Az: OVG Münster 4 A 511/02 vom 6. November 2003.

Petition eines Betroffenen an den deutschen Bundestag


An den
Deutschen Bundestag
Petitionsausschuß
Frau Nickels

53113 Bonn

Sehr geehrte Frau Nickels,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Thilhove den 23.06.1998

Betr.:
a.) Beschluß vom 23.01.1995 des VGH B.-W.- 14.s 3220/94
b.) Beschluß vom 07.05.1998 des VG Köln l L 102/98

Die oben genannten Beschlüsse verletzen das Grundrecht des Artikel 12 GG und mißachten die Gewaltenteilung. Der Gesetzgeber hat mehrfach bestätigt, daß Leistungen (und Handwerk ist eine Leistung) im Reisegewerbe nach § 55 GewO möglich sind.

1. In der GewO hat der Gesetzgeber die "Im Reisegewerbe verbotenen Tätigkeiten" abschließend im § 56 GewO aufgeführt. Im Absatz 5 wird nur für das Friseurhandwerk der große Befähigungsnachweis verlangt.

2. Bei der Einführung der HWO 1953 hat der Gesetzgeber unmißverständlich die Eintragung in die Handwerksrolle und den daran gekoppelten großen Befähigungsnachweis nur im stehenden Gewerbe gefordert. Dieses findet sich nicht nur im §1 HWO und § 117 HWO Absatz l sondern gilt nach §18 HWO auch für die handwerksähnlichen Gewerbe. Auch im Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit findet sich dieser Grundsatz wieder - § l Schwarzarbeit Absatz 2. und 3..

3. In den erlassenen Richtlinien des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (64/429/EWG) vom 23.07.1964 hat die Bundesrepublik Deutschland das Erfordernis einer Reisegewerbekarte für die in den CITI- Hauptgruppen 23-40 genannten Handwerksberufen anerkannt. In der CITI-Hauptgruppe 40 ist sowohl der Maler wie der Zimmerer enthalten.

Die unter l.- 3. genannten Gesetze und Richtlinien werden in den oben genannten Beschlüssen mißachtet - und dieses wohl kaum aus Unkenntnis. Begriffe wie Rechtsbeugung und Unterwanderung der Gewaltenteilung zum Schutz des stehenden Gewerbes, lassen sich hier leider Gottes nicht vermeiden, wenn über Richterrecht Gesetze in ihrem Wesensgehalt mißachtet und verändert ausgelegt werden.

Der Beschluß des VGH B.-W. s3220/94 wurde direkt nach der Verkündung ins Gewerbe- Archiv aufgenommen, obwohl er rechtsfehlerhaft und zudem unlogisch und praxisfern ist. Das der Erfolg einer Lackierung immer von der Beschaffenheit des Untergrundes und der Grundierung abhängig ist und dieses somit eine maßgebliche Leistung darstellt, das müßte doch wohl jedem logisch denkenden Menschen klar sein. Auch der Ursprung der sofortigen Leistungsbereitschaft stellt sich für uns zu mindestens als unklar dar, denn der Gesetzeskommentator Landmann - Romar beruft sich 1971 auf einen Beschluß des VGH B.-W. und der VGH B.-W. beruft sich wiederum auf diesen Kommentar. Der Erfolg der meisten handwerklichen Tätigkeiten, insbesondere die des Zimmerer-Handwerkes, hängt maßgeblich vom Aufmaß und dem ersten beratenden Gespräch mit dem Kunden ab. Auch im stehenden Gewerbe ist zu erkennen, daß das Aufmaß und die Beratung die wichtigste maßgebliche Leistung ist, denn sie wird in dieser Gewerbeform meistens vom Meister ausgeführt. Für ein Aufmaß benötigt man in erster Linie einen Gliedermaßstab (Zollstock), diesen trägt z.B. der im Reisegewerbe tätige Zimmerer in seiner traditionellen Berufskleidung immer in der Tasche am rechten Hosenbein.

Er ist somit sofort leistungsbereit!

Sollte das Aufmaß und die Beratung nicht als eine maßgebliche Leistung anerkannt werden, so müßten Richtlinien erlassen werden, die auch für den Gewerbetreibenden nachlesbar sind. Diese Richtlinien müßten definieren, wieviel Quadratmeter Holz z.B. der Zimmerer in der ersten Stunde auf der Baustelle hobeln muß, um eine maßgebliche Leistung zu erbringen. Sollte eine Beschränkung gewünscht sein, so müßte festgelegt werden, wieviel Holz und Nägel z.B. der Zimmerer verarbeiten darf.

Die vom Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e.V. unterstützte Verfassungsbeschwerde des betroffenen Malers wurde ohne Begründung abgelehnt.

Mit dem oben unter b.) genannten Beschluß erkennt das VG Köln die Argumentation des Oberkreisdirektors an, daß schon durch einen Wohnsitz die Voraussetzung des stehenden Gewerbe gegeben ist. Es müßte also künftig allen Reisegewerblern ein fester Wohnsitz untersagt werden.

Seit dem Inkrafttreten des oben unter a.) genannten Beschlusses häufen sich in unserer Bundesgeschäftsstelle die Fälle von oftmals Erwerbslosen, deren Anträge auf eine Reisegwerbekarte für handwerkliche Tätigkeiten abgelehnt wurden, mit dem Verweis auf die Handwerkskammer. Bei den Kammern erhalten die Betroffenen dann die Auskunft, daß im Reisegewerbe prinzipiell keine Tätigkeiten im Handwerk möglich währen.

Sehr geehrte Frau Nickels, sehr geehrte Damen und Herren des Petitonsausschusses, sollten Sie derselben Meinung wie der ZDH und die HWK's sein, dann müßten Sie erst die erwähnten Gesetze und Richtlinien ändern und daran anschließend könnte die judikative Gewalt in Zusammenarbeit mit der Exekutive auch berechtigt handwerkliche Tätigkeiten in dieser Gewerbeform untersagen.

Eine Altfallregelung in Form des Bestandschutzes müßte aber auch dann getroffen werden! Es würde sich dann aber auch die Frage stellen, wie Sie die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 GG bei dem zunehmenden Mangel an Lehrstellen und damit nicht zuletzt auch für Autodidakten gewährleisten wollen.

Wir bitten Sie auch zu bedenken, daß durch die Inländer-Diskriminierung im Handwerksrecht die bestehende Fremdenfeindlichkeit bestärkt wird.

Setzen Sie sich doch einmal gerade im Osten an einen Handwerker-Stammtisch. Hier sind die Bürger besonders wenig darüber erfreut, daß ihre europäischen Kollegen noch nicht einmal einen Gesellenbrief, geschweige denn den Meisterbrief, vorweisen müssen, um hier ein Handwerk selbständig auszuüben.

Argumenten dieser Art konnte man bis zum Erlaß der oben genannten Beschlüsse entgegen- setzen, daß es die Möglichkeit des Reisegewerbes gibt, denn der große Befähigungsnachweis ist ja hier nur für den Friseur gefordert. Heute ist dieses auf Grund von Rechtsbeugung nicht mehr der Fall.

Ich möchte ihnen abschließend noch meinen persönlichen Fall schildern.

Als ich 1990 als Arbeitsloser bei der Gemeinde Ruppichteroth die Reisegewerbekarte für Zimmererarbeiten beantragt habe, und sie auch ohne bedenken des Ordungsamtes ausgehändigt bekam, habe ich meinen Betrieb, der damals nur aus einem Hammer und einer Kreissäge bestand, in dem Vertrauen auf die Gesetzes Grundlage gegründet. 1994 vier Jahre später erschien mir diese Gewerbeform auch auf Grund der Auflagen als ungeeignet zum Expandieren des Betriebes. Und da ich zu diesem Zeitpunkt vorwiegend meine Leistungen bei einer Blockhaus Firma anbot, meldete ich ein stehendes Gewerbe für die Montage von Block und Fertighäusern an. Denn ich hatte damals auch anfragen von anderen Fertighausfirmen für reine Montage-arbeiten, die ich aber nicht annehmen konnte, weil ich als Reisegewerbler ja zuerst meine Leistungen anbieten muß. Aufgrund der guten Auftragslage stellte ich direkt nach der Gewerbe Anmeldung des stehenden Gewerbes einen Arbeitslosen ein, den mir das Arbeitsamt vermittelte.

Doch die HWK zu Köln teilte mir schriftlich und später mündlich mit, daß man auch für die Montage von vorgefertigten Bauteilen den großen Befähigungsnachweis brauche. Also mußte ich den Betrieb wieder abmelden und den Angestellten entlassen.

1996 bekam ich dann ein Schreiben des Ordnungsamt das mir 6 Jahre zuvor die Reisegewerbekarte ausgestellt hatte, daß man im Reisegewerbe keine Zimmererarbeiten nach den Voraussetzungen des § 55 GewO ausführen könne. Aufgrund dieses Schreibens zog ich Erkundigungen ein und erführ von dem Berufsverband unabhängiger Handwerker und wurde Mitglied. Hier erfuhr ich von dem rechtlichen Fehltritt des oben unter a.) genannten Beschlußes, mit dem die Behörden auch in meinem Fall argumentierten, und daß es viele solcher Fälle gibt. Von uns befragte Juristen sagten, da kann man nichts machen.

Doch das es in der Praxis sehr wohl unter den Voraussetzungen des § 55 GewO möglich ist, Leistungen Anzubieten, wird bis heute oft als Ausrede dargestellt. Bei einem guten Kontakt zum Tiefbau, Maurerhandwerk und Sägewerken, weiß ich immer wo Zimmererarbeiten gesucht sind. Zudem erkennt man schon von weitem wo ein Haus gebaut wird. Oft erkundige ich mich schon vorher nach dem Charakter und der Zahlungsmoral der Kunden, die ich dann unangemeldet aufsuche.

Am besten hat sich für mich erwiesen, diese Stellen Freitags nachmittags oder Samstags aufzusuchen, da die Bauherren dann meist anwesend sind. Bis heute habe ich noch keine Reklamationen oder unzufriedene Kunden gehabt. Auch die Behauptung, man könnte aus technischen Gründen nicht z.B. einen Dachstuhl auf der Baustelle Verzimmern, ist falsch.

Dieses läßt sich auch geschichtlich belegen. Das sich heute noch fast vor jeder Kirche ein großer Platz befindet liegt nicht zuletzt daran, daß früher die Dachkonstruktionen im Maßstab 1:1 am Boden aufgerissen wurden und man das Holz dann vor Ort verarbeitete. Bis zur Verbreitung der Lkws war dieses auch im Einfamilien Hausbau aus Transportgründen eine gängige Praxis. Durch die technische Entwicklung ist dieses doch nicht unmöglich geworden.

Nach dem Gesetz bin ich dazu verpflichtet, nur das Anbieten meiner Leistung außerhalb meiner Niederlassung zu erledigen.

Eine Betrieblich Niederlassung besitze ich nicht. Wenn ich die vorzubereitenden Arbeiten aus Platzgründen nicht auf der Baustelle ausführen kann, frage ich den nächsten Holzhändler oder Sägewerker, ob ich die Arbeiten bei ihm erledigen kann.

1998 erfolgte die Untersagung aller selbständigen handwerklichen Tätigkeiten. Heute bin ich auf Grund dessen, daß ich mich der Rechtsbeugung nicht gefügt habe, wirtschaftlich total ruiniert. Auf Grund der seit einem Jahr anhaltenden Ermittlungen bin ich nicht zuletzt auch psychisch am Ende. Hinzu kommt, daß durch mein notwendiges Auftreten in der Öffentlichkeit über die Ermittlungen der Behörden, sich kaum ein Kunde mehr traut, Leistungen von mir erbringen zulassen.

Auf Arbeitslosengeld habe ich keinen Anspruch.

Um Sozialhilfe zubekommen müßte ich erst einmal meine Betiebsgüter und Grund verkaufen.

Rücklagen besitze ich nicht mehr, da ich immer in den Betrieb investiert habe. Zudem kommen Anwaltskosten, Gerichtskosten und eine Steuernachzahlung, die man mir nicht stunden will, außerdem muß ich für mein Grundstück einen Kanalanschluss von allein 27.000-DM bezahlen.

Kurz um, ich bin am Ende!

Auch auf die Gefahr hin, daß es anmaßend klingen mag, bitte ich Sie im Namen aller betroffenen Menschen hier schnellstens Rechtsklarheit zu schaffen.

Als Betroffener und für den Vorstand des BUH e.V.

Thomas Melles

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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