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Der betriebswirtschaftliche Teil der Meisterprüfung

oder meint der Gesetzgeber: "Handwerker sind dumm?" - Satire

Um eine Investition kommen die meisten Existenzgründer im Handwerk nicht herum: der Meisterbrief. Der kostet natürlich Geld, welches dem Existenzgünder beim Aufbau seiner Existenz fehlt, oder den Kredit bei der Bank erhöht oder gar die Bürgschaften von Freunden oder Verwandten.

Nun soll man den Meisterbrief nicht als rausgeschmissenes Geld betrachten. Durch den Meisterbrief und der Schulung gewinnt der Handwerker Kenntnisse, die er in seinem Betrieb anwenden kann. Zum Beispiel die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse braucht man wirklich. Nicht nur als Handwerker, sondern auch als Händler, Dienstleister, Makler und überhaupt als Selbständiger. Wer nicht kalkulieren kann, der sollte es mit der Existenzgründung bleiben lassen. Alles andere ist unvernünftig.

Wer also eine Eisdiele aufmacht, sollte betriebswirtschaftliche Kenntnisse haben. Er muß sie allerdings nicht haben. Bloß der Eisverkäufer hat von sich selbst aus ein Interesse, sich diese Kenntnisse anzueignen und wird sie sich auch aneignen, damit zum Beispiel sein Unternehmen nicht wegen unzureichender Buchführung pleite geht. Die Frage ist, sieht auch ein Handwerker die Notwendigkeit von Betriebswirtschaftlichen Kenntnissen ein. Anscheinend nicht. Der Gesetzgeber hat für Handwerker die Überprüfung der betriebswirtschaftlichen Kenntnisse angeordnet. Nur mit bestandener betriebswirtschaftlicher Prüfung darf ein Vollhandwerker sich selbständig machen. Der Gesetzgeber hat also Zweifel an der Vernunft der Handwerker. Bei der Verabschiedung der Handwerksordnung im Bundestag begründete der Bundestagsabgeordnete Dr. Dr. Nöll diesen Schritt: Die Meisterprüfung bedeute "vor allem einen Schutz für den kommenden selbständigen Handwerksmeister, einen Schutz davor, daß er wirtschaftlich nicht vorankommt, weil er betriebswirtschaftlichen Kenntnissen allzuwenig Aufmerksamkeit widmet."(BT I/1949, Prot. S. 12546) (BVerfG 13, S. 109). Auf gut deutsch: Handwerker seien viel zu dumm, die Wichtigkeit betriebswirtschaftlicher Kenntnissen einzuschätzen. Bei anderen Gewerbezweigen ist so ein Gesetz nicht nötig: Die Finanzmakler, die Einzelhändler, die Autohändler hält man für intelligenter. Diese Berufszweige dürfen sich auch ohne betriebswirtschaftliche Prüfung selbständig machen. Nur die Handwerker, die hält man für so dumm, daß diese sich betriebswirtschaftliche Kenntnisse nicht aus eigenem Antrieb aneignen.

Nur die Handwerker? Das stimmt freilich nicht. Genau genommen sind es nur die Vollhandwerker, die zwangsweise eine solche Überprüfung über sich ergehen lassen müssen. Wer in einem handwerksähnliches Gewerk arbeitet, der braucht auch keine Betriebswirtschaftliche Prüfung.

Offensichtlich ist der Gesetzgeber der Meinung, daß diese "handwerksähnlichen Handwerker" intelligenter sind als Vollhandwerker. Der Maurer muß die betriebswirtschaftliche Prüfung machen, weil er im Gegensatz zum Holz- und Bautenschützer die Relevanz von Buchführung etc. nicht so schnell einsehen möchte.

Demnach kann nicht gesagt, werden, daß die handwerksähnlichen Berufe nicht voll anerkannt werden. Das Gegenteil ist der Fall. Handwerksähnliche Berufe haben sogar ein höheres Ansehen beim Gesetzgeber. Diese hält er nicht für so bescheuert wie die Vollhandwerker.

Ich bin natürlich nicht der Meinung, daß Vollhandwerker dumm sind, aber anders kann ich die Argumentation nicht verstehen. Anstatt das Ansehen des Handwerks zu steigern bewirkt die Handwerksordnung eher das Gegenteil: Der deutsche Handwerker wird abqualifiziert. Das ist ein Ansehensverlust. Den Handwerkern aus dem EU-Ausland traut man ohnehin schon mehr zu als uns Deutschen.

Das offizielle Handwerk argumentiert natürlich auch anders.

Gern wird darauf hingewiesen, daß die intensive Unternehmerqualifizierung durch Meisterkurse aufgrund des "Großen Befähigungsnachweises" auch das Entstehen von größerer mittelständischer Betriebe ermöglicht. Die betriebswirtschaftliche Prüfung spielt hier eine besondere Rolle.

Diese Argumentation ist ebenfalls unhaltbar. Sinn und Zweck der Handwerksordnung soll es doch gerade sein, daß kleine und mittelständische Unternehmen gefördert werden. Offensichtlich glauben die etablierten Handwerksverbände daran selbst nicht mehr. Wenn größere mittelständische Unternehmen entstehen, dann beinhaltet das doch, daß viele kleinere Betrieben dieser Konzentration zum Opfer fallen. Einem Supermarkt fallen viele kleine Lebensmittelgeschäfte zum Opfer. Die Handwerksverbände nehmen mit dieser Argumentation der Handwerksordnung das Fundament.

Was würde denn passieren, wenn die betriebswirtschaftliche Prüfung nicht mehr verlangt würde. Die Antwort: NICHTS. Handwerker sind nämlich nicht dümmer als Landwirte, Sonnenstudiobesitzer oder Einzelhandelskaufleute. Der Handwerker unterscheidet sich nämlich nicht vom Einzelhändler, Zahnarzt oder dem Landwirt. Jeder der sich selbständig macht, erkennt die Wichtigkeit betriebswirtschaftlicher Kenntnisse, natürlich auch der Handwerker. Außerdem ist es kein Buch mit sieben Siegeln, sich das nötige Wissen anzueignen. Ein Buch mit sieben Siegeln ist für einige, daß sie nicht die nötige Ader für das Geschäftsleben mitbringen. Ob man dieses Können überhaupt an der Schulbank lernen kann, kann bezweifelt werden.

Die Handwerksordnung ist meiner Ansicht nach ein Gesetz, welches Handwerker wie kleine Kinder behandelt: Erst wenn Du schwimmen kannst, darfst du auch in das tiefe Schwimmbecken gehen. Übertragen auf das Handwerk bedeutet das: Erst wenn Du kalkulieren kannst, darfst Du dich selbständig machen.

Vielleicht hat es der ein oder andere schon vergessen. In unserer Verfassung steht der selbstbestimmte Mensch im Mittelpunkt. Das heißt: Ein mündiger deutscher Staatsbürger darf in einen tiefen See springen, obwohl er gar nicht schwimmen kann. Das darf er machen, solange er nicht andere mit ins Unglück reißt. Das heißt erst recht: Er darf sich selbständig machen, obwohl er die Mehrwertsteuer versäuft und keinen Schimmer von Buchführung hat. Wenn er sich dadurch in den Ruin treibt, ist er selbst Schuld.

Daß der Mensch selbstbestimmt ist, heißt, daß er selbst die Verantwortung für sich hat. In unserer Gesellschaft gehen wir davon aus, daß der Mensch auch in der Lage ist, diese Verantwortung zu tragen. Nur bei Vollhandwerkern (also bei den in der Anlage A der HwO aufgeführten Berufe) sieht das anders aus: Ihnen traut man nicht zu, die Verantwortung für sich selbst wahrzunehmen.

Das gleiche kann man streckenweise auch auf die Einschätzung der eigenen fachtheoretischen und fachpraktischen Fähigkeiten beziehen.

Nachtrag: Überspitzt kann man schon fast zu der Annahme gelangen, daß der Gerüstbau vor ein paar Jahren als Vollhandwerk anerkannt wurde, weil der Gesetzgeber vielleicht der Meinung war, daß die Gerüstbauer dümmer sind, als ursprünglich angenommen wurde. Man hat dem Gerüstbauer die Meisterprüfung aufgezwungen, weil man den Gerüstbauern nicht zutraut, die Relevanz betriebswirtschaftlicher Kenntnisse zu erkennen. Im Prinzip ist das eine handfeste Beleidigung für jeden Gerüstbauer von Seiten des Gesetzgebers.

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