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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Reisegewerbe, Minderhandwerk, Freie Tätigkeiten, Unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb, Handwerksähnliche Gewerbe, Zulassungsfreie Gewerbe, Ausnahmebewilligungen, Altgesellenregelung, Meisterprüfung, Probleme mit Behörden?

Meisterprüfung Ja oder nein?

Unternehmer, die sich im handwerklichen Umfeld selbständig machen wollen, stellen sich die Frage, ob sie die Meisterprüfung ablegen sollen.

Viele die mit der Absicht sich selbständig zu machen die Ausbildungsgänge durchlaufen haben mußten feststellen, daß diese Ausbildungsgänge schlecht auf die Selbständigkeit vorbereiten. Siehe die dazu die Studie einiger Handwerkskammern aus NRW.

In dem Bericht Fern der Praxis - Kritik an der Meister-Ausbildung aus der Süddeutschen Zeitung vom 06.05.03 kommt eine Absolventin einer Meisterprüfung zu Wort:

Die Ausbildung hat mich nicht besonders überzeugt, weil Lehrpläne aus dem Jahre 1980 eine Art Bestandsschutz zur Vorbereitung der Meisterprüfung im Jahre 2002 genießen. Die Lehrer im Vorbereitungskurs für die Meisterprüfung haben teilweise einen sehr theoretischen Ansatz. Zum Beispiel mussten wir Motoren und ihre Funktionen büffeln, die es heute gar nicht mehr gibt. Oder im Fach Betriebswirtschaftslehre haben wir gelernt, dass man in bestimmten Fällen Angebote unter Selbstkostenpreis vorlegt, worüber jeder Chef eines Handwerksbetriebs nur die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Das Prüfungskomitee der Handwerkskammer legt aber Wert auf aktuelles, praxisnahes Wissen. Prüfungsvorbereitung und Prüfung passen hier einfach nicht zusammen, und das geht natürlich auf Kosten der Prüflinge.

Immer wieder wird uns berichtet, daß insbesondere in Handwerken und in Regionen, bei denen der Markt halbwegs gesättigt ist, die Durchfallquoten bei den Meisterprüfungen sehr hoch sind (manchmal bis 100 %). Bei gesättigtem Markt sollen es auch auffallend oft vorkommen, daß nur die Nachkommen von selbständigen Handwerkern die Prüfung - die keinen neuen Betrieb gründen werden - die Prüfung bestehen und daß Auswärtige Prüflinge auffallend eher Chancen haben die Prüfung zu bestehen.

Dazu ein Pressebericht aus der Mainzer Allgemeinen Zeitung vom 01.05.03

Zu der Bewertung von Prüfungsleistungen gibt es ein Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichts Ansbach.

Bei den Meisterprüfungen wird ein Übermaß an Kenntnissen verlangt

Durch die Handwerksnovelle 2003/2004 wurde der Regelungszweck des Meisterzwangs auf den Schutz vor Gefahren für Gesundheit und das Leben Dritter geändert. Bei der Meisterprüfungen werden viele Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt, die für die Gesundheit und das Leben von Dritten keinerlei Relevanz haben. Damit wird mit durch die Meisterprüfungen ein Übermaß an Kenntnissen und Fertigkeiten verlangt, daß durch nichts gerechtfertigt ist und einen eindeutigen Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Artikel 12 GG) darstellt.

Es mag zwar sein, daß es wünschenswert ist, daß Meister die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen, die heute in den Meisterprüfungen verlangt werden, aber ob ein Kandidat diese Kenntnisse und Fertigkeiten bei einer Prüfung nachweisen kann, darf nicht darüber entscheiden, ob er sich selbständig machen darf.

Diesen Aspekt hat Ministerialrat Friedrich Fehling, Bonn in seinem Beitrag "Neuere Entwicklungen bei den Rechtsverordnungen für Meisterprüfungen im Handwerk" im Gewerbearchiv (GewArch 2003, 41) detailliert beleuchtet. Dort heißt es:

"Bei Meisterprüfungsverordnungen ist dagegen der verfassungsrechtliche Hintergrund streng zu beachten. Denn staatliche Regelungen im Zusammenhang mit dem Großen Befähigungsnachweise dürfen nicht nur die bildungspolitischen Aspekte der Aufstiegsfortbildung berücksichtigen; sie müssen vielmehr in ihren Auswirkungen auch auf die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 (GG) und darüber hinaus auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht (Konsequenzen für die Möglichkeit zur Existenzgründung) hohen Anforderungen genügen
...
[Der] Verordnungsgeber muss darüber hinaus auch beachten, dass er die Hürden für das Bestehen der Meisterprüfung nicht unangemessen erhöhen darf. ... Konkret bedeutet das auch: Würde eine bestimmte freie Qualifikation so in die Meisterprüfungsverordnung aufgenommen, dass der Prüfling die Prüfung insgesamt nicht bestehen würde, wenn er beim Nachweis dieser Qualifikation versagt, dann hätte dies zur Folge, dass er an der selbständigen Ausübung der dieser Qualifikation entsprechenden "freien" Tätigkeit gehindert wäre, weil er keinen Handwerksbetrieb führen dürfte. Damit wäre er gegenüber jedem Nichthandwerker benachteiligt, der diese Tätigkeiten sehr wohl selbständig und ohne Prüfung ausführen darf, da sie ja "frei" sind."

Dass ein Übermaß bei den Meisterprüfungen nicht gefordert werden darf, hat schon das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung BVerfGE 13, 97 festgestellt. Dort heißt es (in Absatz 53):

"Es bedeutet schließlich auch keine unverhältnismäßige Erschwerung der Anforderungen, wenn von einem Berufsanwärter gefordert wird, daß er die in seinem Handwerk gebräuchlichen Arbeiten "meisterhaft" ausführen kann. "Meisterhaft" heißt hier nicht, daß das fachliche Können das allgemeine handwerkliche Niveau weit überschreiten müsse. Es werden keine außergewöhnlichen Leistungen verlangt; vielmehr wird lediglich gefordert, daß der Berufsbewerber imstande ist, die gebräuchlichen Arbeiten selbständig nach den allgemeinen handwerklichen Grundsätzen werkgerecht auszuführen."

Nun kann man drei Sachen zusammennehmen:

  1. Wegen der Änderung des Regelungszwecks dürfen nur die Tätigkeiten unter den Meistervorbehalt gestellt werden, von denen eine Gefahr für Gesundheit und Leben für Dritte ausgeht, wenn sie nicht sachgemäß ausgeübt werden. Wenn also die Kenntnisse und Fertigkeiten notwendig sind um Gefahren abzuwehren. Nur solche Tätigkeiten können wesentlich im Sinne von der Handwerksordnung sein. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs wesentliche Tätigkeit aus § 1 HwO muß sich nämlich an dem Regelungszweck orientieren.
  2. Bei Meisterprüfungen darf kein Übermaß an Kenntnissen und Fertigkeiten verlangt werden. Die Prüfung darf die Bewerber nicht übermäßig belasten. Insbesondere dürfen höchstens in ganz geringem Umfang Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt werden, die über das hinaus gehen, was zur Gefahrenabwehr notwendig ist.
    Das Bundesverfassungsgericht hat in der "Augenoptiker-Entscheidung vom 17.07.00 (1 BvR 254/99 - NJW 2000, 2736) zur Frage, der Einschränkung der Berufsfreiheit wegen mittelbarer Gefahren ausgeführt:

    "Wird der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit in Gestalt eines Tätigkeitsverbots nur mit mittelbaren Gefahren ... (hier: für die Volksgesundheit) ... begründet, entfernen sich Verbot und Schutzgut so weit von einander, dass bei der Abwägung besondere Sorgfalt geboten ist. Die Gefahren müssen hinlänglich wahrscheinlich und die gewählten Mittel eindeutig erfolgversprechend sein" (Klammer durch BUH).
    Unmittelbarer Gefahren müssen sowieso alle Mitarbeiter von Handwerksbetrieben beherrschen können, denn sie arbeiten ja auch in Abwesenheit vom Meister.
    Nach den Ausführungen vom Verfassungsgericht müssen Gefahren "hinlänglich wahrscheinlich" sein, wenn die Tätigkeiten ohne einen Meister als Betriebsleiter ausgeführt werden und der Meisterzwang als Mittel der Gefahrenabwehr muss eindeutig Erfolg versprechend sein. Nur dann wäre der Meisterzwang zulässig.
    Bei welchen Tätigkeiten tatsächlich eine solche Gefahr eindeutig vorliegt und durch kein weniger belastendes Mittel abgestellt werden kann, bleibt bisher das Geheimnis des Gesetzgebers.
  3. Die bestehenden Meisterprüfungsverordnungen wurden unter anderen gesetzlichen Voraussetzungen erlassen. Diese anderen Voraussetzungen haben weit mehr Tätigkeiten unter den Meisterzwang gestellt und deswegen konnte auch weit mehr Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt werden.

Diese drei Sachen zusammen ergeben, daß mit den derzeitigen Meisterprüfungen der Zugang zur freien Berufsausübung (einem Grundrecht aus Artikel 12 GG) unverhältnismäßig erschwert wird. Dies ist verfassungswidrig!

In dem so genannten Kaugummi-Beschluss (BVerfGE 34, 71 vom 11.10.1972) hat das Bundesverfassungsgericht 1971 ein festgestellt, dass der Sachkundenachweis für den Einzelhandel das Grundrecht auf Freie Berufsausübung übermäßig einschränkte, weil keine Abstufungen entsprechend des geplanten Handels im Einzelhandelsgesetz vorgesehen war.

In der Entscheidung zum Sachkundenachweis im Einzelhandel - BVerfGE 19, 330 vom 14.12.1965 hat das Verfassungsgericht festgestellt, dass es nicht das "Interesse der Allgemeinheit oder auch nur seiner [des Einzelhandlers] Kunden erfordert .., ihn gegen die Folgen seines wirtschaftlich unvernünftigen Verhaltens durch gesetzliche Vorschriften zu sichern; vor allem ist es nicht vertretbar, aus diesem Grunde auch einwandfrei tüchtigen und wirtschaftskundigen Bewerbern den Zutritt zum Beruf unnötig zu erschweren". Das Erfordernis eines Sachkundenachweises im Einzelhandel verstößt gegen die Berufsfreiheit

Unabhängigkeit der Prüfungskommissionen im Meisterprüfungsausschuss

Immer wieder fragen sich die Kandidaten bei Meisterprüfungen, ob sie eine faire Prüfung bekommen, wenn in der Prüfungskommission spätere Konkurrenten sitzen. Dieses Problem hat nun auch die FDP Erkannt.

In der Bundestagsdrucksache 15/2085 fordert die FDP-Fraktion die Unabhängikeit der Prüfungskommissionen bei Meisterprüfungen. Dort heißt es:

Der Deutschen Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
· die Unabhängigkeit der Prüfungskommissionen zu stärken. Die Zusammensetzung der Prüfungskommission im Meisterprüfungsausschuss kann dazu führen, dass Handwerksmeister als Beisitzer benannt werden, die unmittelbar über die Zulassung eines potentiellen Konkurrenten der gleichen Branche entscheiden. Deshalb sollte in § 48 HWO sichergestellt werden, dass die Mitglieder der Prüfungskommission nicht in einem Betrieb tätig sein dürfen, der näher als 100 km zum Arbeitsort oder dem Ort der zukünftigen Selbständigkeit des Kandidaten liegt.

Alternativen zum Meisterbrief

Wer sich im Handwerklichen Bereich weiterbilden will, für den gibt es auch eine Reihe von Alternativen zu den Meisterkursen bei den Handwerkskammern. Beispiels für solche Alternativen sind:

Schadensersatz von einer Handwerkskammer wegen schlechter Meisterausbildung

Im Juli 2000 berichtet die Nürnberger Zeitung, daß ein Malergeselle nach einem Prozess vor dem Zivil Senat des OLG DM 5.500,- Schadenersatz für umsonst bezahlte Lernmittel erhalten hat.

Der Betroffene besuchte 1997 einen siebenmonatigen Meisterlehrgang in Regensburg. Am Ende rasselte er durch das praktische Examen. Und mit ihm etwa 10 weitere Maler (von insgesamt 36). Die Schuld hierfür gibt er seinen Lehrern, die ihre Kurse ohne jede Motivation abgehalten hätten und schlecht qualifiziert gewesen seien. Außerdem seien viele Unterrichtsstunden ausgefallen.

Handwerkskammer im Zwielicht, 01.04.2007: Mogelei bei Meisterprüfung?

Der Vilshofener Meisterschüler Stefan G. (23) fordert vom Hauptgeschäftsführer Toni Hinterdobler 5.600 Euro Prüfungsgebühren zurück, weil es bei der Meisterprüfung angeblich nicht mit rechten Dingen zuging. Ein Prüfungsleiter habe durch Unterschleif einer Kandidatin zu Bestnoten verholfen.

Entwicklung der Zahl der Meisterprüfungen

Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln informierte am 5.11.2005: Meisterbrief weniger gefragt

Dort heißt es:

Zum Meistertitel drängt es die Deutschen seit geraumer Zeit nicht mehr so vehement wie früher. Die Zahl derer, die nach der Lehre eine Aufstiegsfortbildung zum Handwerksmeister oder zum Bilanzbuchhalter absolvieren, ist deutlich zurückgegangen. Das liegt unter anderem an der gelockerten Handwerksordnung, wonach für das Führen eines Handwerksbetriebs nicht mehr unbedingt ein Meisterzeugnis erforderlich ist. Mittelfristig erwächst der Aufstiegsweiterbildung auch eine Konkurrenz durch die kurzen Bachelor-Studiengänge.

Dem entgegengesetz behauptet der Präsident der Handwerkskammer Hamburg am 20.11.2005 in der Welt: "Ohne Meisterzwang werden wir mehr Meister ausbilden"

Am 25.11.2005 berichtet die Welt: Weniger Meister im Handwerk

Offensichtlich glaubt eine Vielzahl von Berufsbewerbern nicht, dass sie aus der Meisterausbildung und vom Meistertitel eine Vorteil haben. Damit wir unsere Kritik an der Meisterausbildung und am Meisterzwang bestätigt.

Wer trotzdem die Meisterausbildung machen möchte, sollte prüfen, ob er Meister-BAföG in erhalten kann.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung bietet auch eine Meister-BAföG-Hotline Tel: 0800-6223634

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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