Zur Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl am 22.09.2013 hat der BUH die Parteien nach ihren Plänen gefragt.
Hier finden Sie unsere Fragen im Original:
"Unerlaubte Handwerksausübung" aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz streichen
DIE LINKE teilt die Ansicht, dass die Vermischung von Straftatbeständen (Steuerhinterziehung bzw. Unterschlagung von Sozialabgaben) und Ordnungswidrigkeiten (fehlende Gewerbeanmeldung bzw. unerlaubte Handwerksausübung) erstens die Straftatbestände verharmlost und zweitens die Ordnungswidrigkeiten kriminalisiert.
Sinnvollerweise sollte der Staat dafür sorgen, dass Gesetze eingehalten werden, so auch die Gewerbe- und die Handwerksordnung. Die oft unklaren Abgrenzungsbestimmungen im Handwerksbereich sind jedoch der Gesetzgebung anzulasten und nicht den Handwerkerinnen und Handwerkern. Es darf nicht sein, dass die Handwerkerinnen und Handwerker das austragen müssen. Der Staat muss für rechtliche Klarheit sorgen. Die Handwerksordnung gehört auf den Prüfstand. DIE LINKE hat in dieser Legislaturperiode einen Antrag (17/9221) zur Evaluierung der Handwerksordnung in den Bundestag eingebracht, der leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde.
Reisegewerbe entwickeln, unnötige Beschränkungen abschaffen
DIE LINKE tritt für eine umfassende Evaluierung der Handwerksordnung ein. Erst dann kann entschieden werden, ob und welche Gewerke der Meisterpflicht unterliegen sollten. Bei Entscheidung für die Meisterpflicht in bestimmten Gewerken macht es keinen Sinn, das "Schlupfloch" Reisegewerbe noch zu erleichtern.
Die selbständige Ausübung eines Handwerks in Deutschland fördern
DIE LINKE teilt die Einschätzung, dass die gegenwärtige Meisterpflicht "durchlöchert" ist. Die von uns geforderte Evaluierung soll Klarheit bringen, ob und in welchen Gewerken die Meisterpflicht ihre Zwecke erfüllt. Ohne diese Erkenntnisse die Meisterpflicht abzuschaffen, halten wir nicht für sinnvoll. Schon im Eigeninteresse der Handwerkerinnen und Handwerker - aber auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher - ist eine gute Ausbildung wichtig.
Sie sichert qualitativ gute Arbeit, ein entsprechendes Preisniveau und Einkommen. Sollte es Verbesserungsbedarf bei der Ausbildung geben, dann muss dort angesetzt werden statt die Ausbildung komplett zu streichen. Gleichzeitig muss der Zugang zu Ausbildung und Meisterprüfung allen offen stehen und erleichtert werden (Meister-BaföG, mehr Kinderbetreuungsangebote und mehr Ausbildungsplätze).
Abgrenzung einzelner Tätigkeiten
Ja. DIE LINKE kritisiert, dass die unklaren Abgrenzungsbestimmungen auf dem Rücken der Handwerkerinnen und Handwerker ausgetragen werden. Der Staat muss für rechtliche Klarheit sorgen. Ebenso kritisiert DIE LINKE die aufgrund von Ordnungswidrigkeiten durchgeführten Hausdurchsuchungen. Hausdurchsuchungen aufgrund der Vermutung unerlaubter handwerklicher Tätigkeit wurden schon mehrfach vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt.
Zur Gefahrengeneigtheit
DIE LINKE teilt die Einschätzung, dass es im Handwerk einige Ungereimtheiten gibt. Wir teilen jedoch nicht die Meinung, dass sich daraus die Forderung einer kompletten Liberalisierung des Handwerks ergibt - vielmehr müssen die konkreten Defizite angegangen werden. Eine gute Ausbildung, gute Leistung und gute Bezahlung sind in engem Zusammenhang zu sehen. Mit mangelnder Ausbildung und schlechter Bezahlung ist keinem geholfen.
Mythos: Meisterpflicht sichert "hohe Ausbildungsleistung"
Nach Ansicht der LINKEN ist das besondere Problem beim Fliesenleger-Handwerk, dass seit dem Wegfallen der Notwendigkeit einer Mindestqualifikation die Zahl der eingetragenen Betriebe besonders stark gewachsen ist, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten jedoch sank. Dies ist ein starkes Indiz für Scheinselbstständigkeit, also prekäre Arbeit. Ein solches Umfeld ist für Auszubildende nicht attraktiv, gleichzeitig können Scheinselbstständige schwerlich selber ausbilden. Zur genauen Beurteilung ist jedoch eine umfassende Evaluierung notwendig.
Problemfall Handwerkskammer
DIE LINKE sieht erheblichen Reformbedarf bei den Handwerkskammern hinsichtlich Demokratisierung, Transparenz und Beitragsgerechtigkeit. In unserem Antrag (17/9220) fordern wir im Bereich der Erteilung von Ausübungsberechtigungen und Ausnahmebewilligungen (§§ 7a, 7b, 8 und 9 HwO) dringend eine kritischere Aufsicht, um im Rahmen des Zuständigkeitsbereichs der Kammern einen objektiven und neutralen Gesetzesvollzug zu gewährleisten und einer zu restriktiven Anwendungspraxis bei Ausnahmeregelungen entgegenzutreten.
Demokratiedefizit in der Selbstverwaltung des Handwerks
Ja, in unserem Antrag (17/9220) fordern wir, dass unter Einbeziehung der Betroffenen erörtert wird, wie die Wahlordnung am besten anzupassen ist, um demokratischen Ansprüchen und den Aufgaben der Handwerkskammern am besten zu genügen. In jedem Falle gehört die Friedenswahl abgeschafft, Parität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt, das reine Mehrheitswahlrecht auf das demokratischere Verhältniswahlrecht umgestellt, die Kandidatinnen und Kandidaten detailliert und für alle zugänglich vorgestellt und die ausreichende Berücksichtigung von Einmannbetrieben und Anlage B-Gewerken vorgeschrieben. Ebenso ist dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Wahlen informiert werden und dass jeder Aufgabenwahrnehmung jenseits der hoheitlichen Pflichtaufgaben eine transparente, demokratische Beschlussfassung vorausgehen muss.
Soziale Sicherung Kleinselbstständiger
Für den Großteil der Selbständigen besteht bei der Alterssicherung und in der Arbeitslosenversicherung keine Sozialversicherungspflicht, obwohl sie vielfach ähnlich wie Arbeitnehmer/innen auf den "Verkauf" ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Altersarmut und der soziale Absturz auf Hartz IV ist damit gerade bei Kleinselbständigen vorgezeichnet. Im Bereich Gesundheit und Pflege gibt es zwar eine Versicherungspflicht auch für Selbstständige; die Versicherungspflicht nimmt aber insbesondere bei Selbstständigen mit geringen Einkommen keine ausreichende Rücksicht auf das tatsächliche Einkommen.
DIE LINKE fordert deshalb in einem ersten Schritt bisher nicht obligatorisch für das Alter abgesicherten Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Kurzfristig sind außerdem Regelungen zu schaffen, die die Beiträge zur Krankenversicherung auch für Selbständige mit geringen Einkünften tragbar machen. Perspektivisch werden alle Selbstständigen in die Zweige der Sozialversicherungssysteme (Rente, Gesundheit und Pflege, Arbeitslosenversicherung) einbezogen. Damit wird den Selbstständigen der gleichberechtigte Zugang zu den Leistungen der jeweiligen Systeme eröffnet. Die Beitragszahlungen müssen sich dabei zukünftig zeitnah an den tatsächlichen Einkommen orientieren; eine finanzielle Überforderung durch die Beiträge ist zu vermeiden.
Koordinierungsstelle Sozialversicherung
Eine solche einheitliche Koordinationsstelle aller Sozialversicherungen existiert auch für Beschäftigte nicht und wäre daher auch für Solo-Selbständige wenig sinnvoll.
Unseres Erachtens sollten aber alle Sozialversicherungsträger - die Rentenversicherung, die Krankenversicherung, die Arbeitslosenversicherung etc. - qualifizierte Ansprechpartner oder Servicestellen für Selbständige schaffen.
Warum gerade Ihre Partei?
DIE LINKE wendet sich gegen eine Marktabschottung mit Hilfe des Meisterbriefes und fordert, dass im Bereich des meisterpflichtigen Handwerks alternative Zugangsmöglichkeiten der Handwerksordnung bei gleichwertiger Qualifikation großzügig anerkannt werden. DIE LINKE will eine umfassende Evaluierung der Handwerksnovelle 2004, um die Gesetzeslage an die daraus resultierenden Erkenntnisse anzupassen. DIE LINKE ist nicht wie andere Parteien mit den Handwerkskammern verbandelt, sondern zeichnet sich durch ihre kritische Haltung aus.
Sie tritt für eine Demokratisierung, für Transparenz und Beitragsgerechtigkeit in den Handwerkskammern ein. DIE LINKE setzt sich für eine gute Ausbildung für alle ein. DIE LINKE fordert eine Abkehr von der einseitigen Exportstrategie und eine Stärkung der Binnennachfrage durch Einführung des Mindestlohns, steigende Löhne und durch ein Zukunftsinvestitionsprogramm für den sozial-ökologischen Umbau. Davon profitiert auch das Handwerk.
Antworten von: CDU SPD FDP Linke Grüne Piratenpartei Partei
Berlin, im August 2013
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.:
Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
Startseite | Aktuelles | Handwerkspolitik | Presse | Handwerksrecht | Archiv/Suche | Links | Kontakt/Impressum