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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Meisterzwang verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz

Der Meisterzwang verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Dieses Grundrecht lautet:

"(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich."

Dieses Grundrecht sagt aus, dass die öffentliche Gewalt dazu verpflichtet ist, vergleichbare Fälle gleich zu behandeln. "Gleiche Fälle sollen gleiche Regeln treffen" oder: wesentlich Gleiches sei rechtlich gleich und wesentlich Ungleiches seiner Eigenart entsprechend rechtlich ungleich zu behandeln.

Wer handwerkliche Tätigkeiten im stehenden Gewerbe ausübt, muss mit der Verfolgung der angeblich unerlaubten Handwerksausübung rechnen.

Wer dieselben Tätigkeiten im Reisegewerbe oder im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs ausübt, dem kann dagegen nichts vorgeworfen werden. Auch wenn der Betriebsleiter ausreichende Berufserfahrungen in anderen EU-Staaten erworben hat, kann ihm kein Vorwurf gemacht werden - er nimmt dann die europäische Dienst- bzw. Niederlassungsfreiheit in Anspruch.

Eigenart zur Unterscheidung - die Regelungsziele des Meisterzwangs

Die Eigenart nach der Unterscheidungen bei der rechtlichen Bewertung der Handwerksausübung gemacht werden können, ergeben sich aus dem Regelungsziel des Meisterzwangs.

Der Meisterzwang soll dazu dienen Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritte abzuwehren. Außerdem wird die Ausbildungsleistung des Handwerks als Begründung für den Meisterzwang angeführt. Dies sind die Regelungsziel die zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Meisterzwangs angeführt werden.

Bis 2003 wurde der Meisterzwang mit dem Ziel begründet er solle eine "Sicherung des Leistungsstands und der Leistungsfähigkeit des Handwerks und des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft leisten". Während der Diskussion Handwerksnovelle 2004 - als der Regelungszweck des Meisterzwangs geändert wurde, wollten die Handwerksorganisationen, dass als Regelungszweck auch der Umweltschutz, der Verbraucherschutz und allgemeine Gemeinwohlbelange aufgenommen werden.

Nun muss man fragen, ob die Besserstellung des Reisegewerbes, des unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs oder der im EU-Ausland erworbenen Erfahrungen bezüglich der Regelungszielen gerechtfertigt ist.

Jeweils kann man davon ausgehen, dass die Ziele Gefahrenabwehr und Ausbildungsleistung des Handwerks mindestens genauso gut erreicht werden, wenn die Tätigkeiten stehenden Gewerbe oder im Hauptbetrieb oder mit den Berufserfahrungen in Deutschland ausgeführt werden wie im Reisegewerbe oder im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb oder mit Berufserfahrungen aus einem anderen EU-Staat. Auch andere Ziele des Meisterzwangs die früher zur Rechtfertigung des Meisterzwangs herhalten mussten oder von Handwerksverbänden gerne angeführt werden, lassen sich besser von einem stehenden Gewerbe im Hauptbetrieb oder mit Berufserfahrungen im Inland erreichen - eine Rechrfertigung von Verfolgungen von Handwerksausübung ohne Meisterbrief im stehenden Gewerbe gibt es also nicht.

Reisegewerbe

Für alle Regelungsziele des Meisterzwangs spielt es keine Rolle ob handwerkliche Tätigkeiten im Reisegewerbe oder im stehenden Gewerbe ausgeübt werden - ist doch der Unterschied zwischen diesen Gewerbearten, ob (im Reisegewerbe) Auftragnehmer beim Kunden nach dem Auftrag anfragt (außerhalb seiner Niederlassung oder ohne eine solche zu haben) oder im stehenden Gewerbe umgekehrt der Kunde zum Auftragnehmer kommt bzw. der Auftragnehmer von seiner Gewerblichen Niederlassung aus den Auftrag akquiriert, für die Regelungsziel unerheblich.

Unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb

Beim unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb kann davon ausgegangen werden, dass der Betrieb wegen der Beschränkung auf die Unerheblichkeit seltener solche handwerklichen Leistungen ausübt und deswegen weniger Erfahrungen im Umgang mit den Gefahren hat, als ein Betrieb, der diese Tätigkeiten ständig ausübt. Auch kann im unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb kaum ausgebildet werden, so dass auch die Ausbildungsleistung nicht rechtfertigt Hauptbetriebe gegenüber unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb schlechter zu stellen indem von indem dort der Meisterbrief verlangt wird.

In anderen EU-Staaten erworbene Berufserfahrungen

Ein Anbieter mit Berufserfahrungen im Inland hat hier das Rechtssystem die hiesigen Bauvorschriften die arbeitsrechtlichen Vorschriften, die Kundenerwartungen und Gepflogenheiten die Sprache der Kunden und viele weitere Details des heimischen Markts kennen gelernt. Er ist gewohnt, sich dem Wettbewerb auf diesem Markt zu stellen und in diesem Markt zu bestehen.

Für einen Anbieter, der nur sporadisch auf dem heimischen Leistungen anbietet, sind alle Besonderheiten dieses Marktes ungewohnt. Er ist auch nur gewohnt, auf einem Markt zu agieren und die dortigen Standards zu erfüllen, dessen Qualitätsniveau geringer ist und in dem höhere Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritten akzeptiert werden als in Deutschland.

Folgerichtig muss demjenigen der auf diesem Markt Berufserfahrungen gesammelt hat zugestanden werden, dass er eher das Qualitätsniveau erreicht als ein Anbieter, der sonst auf Märkten mit angeblich niedrigerem Qualitätsniveau agiert. Sowohl bezüglich der angeblichen Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritten als auch des Leistungsstands und der Leistungsfähigkeit der Leistungsfähigkeit der gewerblichen Wirtschaft stellt der Anbieter mit Erfahrungen im heimischen Markt weniger eine Bedrohung dar als ein Anbieter, der sonst auf anderen Märkten agiert.

Auch gegenüber der Ausbildungsleistung des Handwerks ist festzustellen, dass Anbieter die im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit hier gelegentlich Arbeiten ausführen, mit Sicherheit nicht Einheimische ausbilden werden. Bei einem einheimischen Anbieter besteht dieselbe Chance wie bei anderen Betrieben, dass er seiner sozialen Verantwortung gerecht wird und ausbilden wird - sei es mit einer Ausnahmebewilligung in einem Handwerksberuf, sei es in einem IHK Beruf.

Fazit

Mit dem Verbot handwerkliche Leistungen im stehenden Gewerbe ohne unerheblicher handwerklichen Nebenbetrieb und ohne Berufserfahrungen im EU-Ausland auszuüben, werden die Betroffenen Grund gegenüber Reisegewerbetreibenden, Betreibern von unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieben und Bewerbern mit Berufserfahrungen in anderen EU-Staaten ohne sachlichen Grund schlechter gestellt. Dies verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz. Der Meisterzwang ist auch deswegen verfassungswidrig.

Literartur zum Thema

Während der Diskussion der Handwerksnovelle 2003 hat der Bundesrat (BT-Drs 15/1481, Seite 10 (zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a)) gefordert auch das Reisegewerbe dem Meisterzwang zu unterwerfen.
Diese Forderung hat der Bundestag wiefolgt begründet:
"Heute unterscheidet sich das Reisegewerbe materiell und haftungsrechtlich nicht mehr vom stehenden Gewerbe. Die Unterscheidungen beider Bereiche wurden vielmehr schon 1984 aufgehoben z. B. für mobile Verkaufsstellen, das Aufstellen von Warenspielgeräten, für überwachungsbedürftige Anlagen, die Ausübung des Bewachungs-, Versteigerer-, Makler-, Bauträger- und Baubetreuergewerbes. Das Handwerk wurde dabei bisher ausgeklammert. Eine nachvollziehbare Begründung, warum dieselbe Tätigkeit im Reisegewerbe ohne Meisterprüfung, im stehenden Gewerbe aber nur mit Meisterprüfung ausgeübt werden darf, besteht nicht. Der Verzicht auf die Meisterprüfung im Reisegewerbe ist unvertretbar."
Diese Argumentation macht klar, dass eine Ungleichbehandlung bei der Berufszulassung zwischen Reisegewerbe und stehendem Gewerbe nicht zu rechtfertigen ist.
Im GewArch 2004 S. 230 ff setzt sich der Regierungsdirektor Dr. Frank Hüpers, München im der Abhandlung "Reisegewerbe und handwerklicher Befähigungsnachweis" mit der Ungleichbehandlung zwischen Reisegewerbe und stehendem Gewerbe auseinander.
In der seiner Abhandlung kritisiert Hüpers - als Verfechter des Meisterzwangs - diese Ungleichbehandlung der Handwerksausübung im Reisegewerbe mit der im stehenden Gewerbe. Dort heißt es:
In der Konsequenz dieser Entscheidungen liegt es, dass zulassungspflichtige Handwerksbetriebe im Sinne des § 1 HwO und solche, die nur über eine Reisegewerbekarte betrieben werden, rein äußerlich u. U. nicht mehr zu unterscheiden sind. …
Schon allein unter dem Eindruck dieser den § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO extensiv interpretierenden Rechtsprechung müsste die Beschränkung des § 1 HwO auf das stehende Gewerbe als fragwürdig erscheinen. Warum soll der Inhaber eines stehenden Betriebs neben der persönlichen auch die fachliche Zuverlässigkeit gewährleisten, während es für gleichartige, nur anders akquirierte Tätigkeiten im Reisegewerbe allein auf die persönliche Zuverlässigkeit soll ankommen dürfen?
Aus diesem Grund hat daher auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften die Aufhebung der Beschränkung des § 1 HwO auf das stehende Gewerbe gefordert (BT-Drs 15/1481).
Nach der grundlegenden Neuordnung des Handwerksrechts durch die HwO-Novelle 2004 stellt die fortdauernde Ausnahme des Reisegewerbes einen nicht mehr tolerierbaren Systembruch dar. … Ausweislich der Regierungsbegründung war das Kernstück der HwO-Novelle die Beschränkung des Meisterbriefs in seiner Funktion als Berufszugangsschranke auf den unbedingt erforderlichen Bereich, nämlich der Abwehr von Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter (BT-Drs. 15/1206). … Dieser verfassungsrechtliche Paradigmenwechsel erzwingt aber auch die Einbeziehung der reisegewerblichen Handwerksausübung in die Schutzordnung der HwO. … Daher gibt es keinen sachlich triftigen Grund einen Teilbereich dieser gefährlichen Tätigkeiten unterschiedlich zu behandeln, nur weil bei ihnen die Vertragsanbahnung eine andere ist.
Wenn die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (BT-Drs 15/1481) zur Stellungnahme des Bundesrates die Einbeziehung des Reisegewerbes unter das Regime der HwO mit der Begründung ablehnt, dass im Reisegewerbe "in der Regel nur handwerklich weniger aufwendige und weniger komplizierte Tätigkeiten und Arbeiten durchgerührt werden, die deshalb mit einem geringeren Gefahrenpotential verbunden sind", wird sie schon durch die hier zitierte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung widerlegt, die schlechthin jede vollhandwerkliche Tätigkeit im Reisegewerbe zulässt. Durch die zu Unrecht bagatellisierende Sichtweise der Bundesregierung wird nicht nur die Sinnhaftigkeit des Großen Befähigungsnachweises unterminiert. Die fortgesetzte rechtliche Privilegierung des Reisegewerbes im Handwerk bedeutet für die HwO einen systemimmanenten Widerspruch, der zur Gefährdung ihrer verfassungsrechtlichen Bestandsfestigkeit beiträgt.
Hüpers ist darin zuzustimmen, dass die unterschiedliche Behandlung von Handwerksausübung im Reisegewerbe und im stehenden Gewerbe nicht gerechtfertigt ist. Seine Forderung den Meisterzwang auf das Reisegewerbe auszudehnen ist nicht gerechtfertigt, denn weder im stehenden Gewerbe noch im Reisegewerbe treten nun tatsächlich Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritten auf, die eine Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen können.

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