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Handwerksnovelle 2004, Gesetzgebungsverfahren Handwerksnovelle 2004, Argumente gegen Meisterzwang, Probleme mit Behörden?

Bundesrat verweigert sich notwendiger Reformen des Handwerksrechts

11.07.2003: Bundesrat hat in seiner Debatte 790660 kb die geplante Änderung der Handwerksordnung an den Vermittlungsausschuß überwiesen111 kb.

Für die schon in dritter Lesung verabschiedete "Kleine Handwerksnovelle (BT-DrS 15/1089)212 kb" durch die klargestellt wurde, was einfache Tätigkeiten sind, bedeutet dies, daß ihr Inkrafttreten hinausgezögert wurde. An der rechtlichen Situation ändert sich allerdings nichts wesentliches, den einfache Tätigkeiten dürfen nach ständiger Rechtsprechung (z.B. des Bundesverwaltungsgerichts) auch schon heute ohne Meisterbrief ausgeführt werden.

Siehe z.B. die mit Zustimmung der Länder gefaßten Leipziger Beschlüsse zum Vollzug des Handwerksrechts29 kb vom 21. November 2000 (Punkt 1.2):

Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob der Betrieb "ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind", hat der Gesetzgeber durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 25. März 1998 (BGBl. I S. 596) klargestellt, dass Meisterprüfungsberufsbilder "zum Zwecke der Meisterprüfung" erarbeitet und nicht zum Zweck der Festlegung von Vorbehaltsbereichen getroffen werden (Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, Drucksache 13/9875 vom 11. Februar 1998, S. 34). Es bleibt jedoch dabei, dass die Inhalte von Meisterprüfungsverordnungen und Ausbildungsvorschriften zur Auslegung von Gewerbebezeichnungen und der von ihnen erfassten Vorbehaltsbereiche entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts " m i t herangezogen" werden können. "Sie enthalten nämlich erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse". Dabei ist zu berücksichtigen, dass Meisterprüfungsberufsbilder Überschneidungen mit anderen Handwerken und handwerksähnlichen Gewerben enthalten können, also Tätigkeiten aus dem Kernbereich anderer Handwerke, "einfache" Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die von nichthandwerklichen Gewerben der Anlage B oder sonstigen nicht der Anlage A unterfallenden Gewerben ausgeübt werden. Das tatsächliche Arbeitsgebiet darf deshalb nicht gleichgesetzt werden mit einer Beschreibung von Vorbehaltsbereichen. Das bedeutet, dass allein aufgrund der zum "Zweck der Meisterprüfung" und zur "Berufsausbildung" erlassenen Verordnungen und fachlichen Vorschriften ohne Heranziehung weiterer Umstände keine Entscheidungen über Abgrenzungsfragen und das Vorliegen von Vorbehaltsbereichen getroffen werden können.
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die das Bundesverfassungsgericht durch seine Entscheidungen vom 31. März 2000 und 27. September 2000 bestätigt hat, wird die Abgrenzung "wesentlicher" Tätigkeiten von anderen Tätigkeiten, die nicht unter dem Vorbehalt des handwerklichen Befähigungsnachweises stehen, wie folgt präzisiert:
Zur Auslegung des § 1 Abs. 2 HwO besteht eine seit Jahren gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u.a. Entscheidungen vom 23. Juni 1983 – 5 C 37/81 BVerwGE 67, 273, GewArch 1984 S. 96; 30. März 1993 – 1 C 26.91 – GewArch 1993 S. 329; 22. Oktober 1997 – 1 B 1999/97 – GewArch 1998 S. 125), die zuletzt durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1992 (- 1 C 27.89 – GewArch 1992 S. 386) fortentwickelt worden ist. Danach sind „wesentliche Tätigkeiten“ solche, „die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, können demnach die Annahme eines handwerklichen Betriebes nicht rechtfertigen. Dies trifft namentlich auf Arbeitsvorgänge zu, die – ihre einwandfreie Ausführung vorausgesetzt – wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern“. Dies gilt für Tätigkeiten, "die in kurzer Zeit erlernbar" sind (Das Bundesverwaltungsgericht hat im o. a. Urteil entschieden, dass qualifizierte handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten nicht erforderlich sind für Tätigkeiten, die "von einem durchschnittlich begabten Berufsanfänger innerhalb von zwei bis drei Monaten zu erlernen" sind). Das Bundesverfassungsgericht hat durch Bezugnahme auf diese Entscheidung die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts als Kriterium für die Abgrenzung "minderhandwerklicher", also "einfacher" Tätigkeiten, zu Kernbereichstätigkeiten bestätigt.
Das Tätigkeitsfeld von Handwerken umfasst üblicherweise auch Tätigkeiten, die auch von „handwerksähnlichen“ Gewerben der Anlage B der Handwerksordnung oder nicht den Anlagen A oder B unterfallenden Gewerben ausgeübt werden; solche Tätigkeiten erfordern ebenfalls nicht die Eintragung in die Handwerksrolle, wenn der Gewerbetreibende darüber hinaus keine Tätigkeiten ausübt, die zum „Kernbereich“ eines Handwerks gehören. Eine handwerksrechtliche Qualifikation (Meisterprüfung, Ausnahmebewilligung o. ä.) darf hierfür nicht verlangt werden.
Nicht zum Vorbehaltsbereich gehören auch solche Tätigkeiten, die zwar anspruchsvoll, aber im Rahmen des Gesamtbildes des betreffenden Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten verlangen, auf welche die einschlägige handwerkliche Ausbildung hauptsächlich ausgerichtet ist (BVerwG, Urteile vom 11. Dezember 1990 – GewArch 1991 S. 231 und vom 27. Oktober 1992 - GewArch 1993 S. 250). Die Meisterprüfung darf hierfür nicht verlangt werden.

Wenn die Bundesländer im Bundesrat diese Klarstellung abgelehnt haben, zeigt dies nur, daß sie die Regelungen durch die Leipziger Beschlüsse - die eine bloße unverbindliche Absichtserklärung enthalten - nicht ernst gemeint haben. In der Tat mußten wir in den letzten Jahre feststellen, daß in vielen Bundesländern entgegen der ständigen Rechtsprechung und entgegen der Leipziger Beschlüsse vielfach bei Ausübung einfacher Tätigkeiten Bußgelder wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung verhängt wurden.

Viele Urteile zeigen: diese Bußgelder haben - zumindest bei Vertretung durch einen spezialisierten Anwalt - vor Gerichten keinen Bestand.

Diese Regelung ist nicht zustimmungspflichtig. Insofern kann der Bundesrat hierfür nur das Inkrafttreten hinauszögern.

Auch die Befreiung von 65 Handwerken vom Meisterzwang und die anderen geplanten Änderungen der Handwerksordnung wurden an den Vermittlungsausschuß überwiesen. Diese Änderungen sind zustimmungspflichtig, so daß man befürchten muß, daß die Regelungen nicht wie vorgesehen verabschiedet werden.

Die Wiederherstellung der Gewerbefreiheit im Handwerk wird die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein.

Reaktionen einzelner Länder zur "Kleinen Handwerksnovelle"

Schleswig-Holstein und Meklenburg-Vorpommern wollen Meisterzwang verschärfen

Baden-Württemberg will die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr anerkennen.

Die Parteien zu der Debatte im Bundesrat

Reinhard Bütikofer, Bundesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versichert bei der Entscheidung des Bundesrats zum Meisterzwang:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass die rot-grüne Koalition an Ihren Plänen zur notwendigen Reform der Handwerksordnung festhält und diese letztlich auch umsetzt. Daran kann auch die Anrufung des Vermittlungsausschuss durch den Bundesrat nichts ändern.

Presseberichte

12.07.03 Die Welt: Mehrheit der Länder gegen Aufhebung des Meisterzwangs

12.07.03 Handelsblatt - Handwerksordnung: Vermittlungsauschuss gefragt

12.07.03 Handelsblatt: Heftige Bundesratsdebatte über Handwerksnovelle

12.07.03 Nürnberger Nachrichten - Handwerksnovelle gestoppt: Bundesrat ruft Vermittlungsausschuss an

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