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Meisterzwang ist verfassungswidrig, Regelungszweck des Meisterzwang, Meisterzwang verlangt ein Übermaß, Meisterzwang ist unbestimmt, Meisterzwang diskriminiert im Inland erworbene Erfahrungen, Meisterzwang Verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz

Stellungnahme des Bundesrats zur Handwerksnovelle 2003 und Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu

Im Rahmen der Diskussion um die Handwerksnovelle 2003 (Bundestagsdrucksache 15/1206) hat der Bundesrat hat gefordert weitere Regelungsziele für den Meisterzwang festzuschreiben. Dieses Ansinnen hat die Bundesregierung abgelehnt (Siehe Bundestagsdrucksache 15/1481 (pdf 241 kb)). Dort heißt es:

Stellungnahme des Bundesrates

Erhalt des Meisterbriefes

Der Meisterbrief hat sich bewährt und muss als Qualitätssiegel des deutschen Handwerks erhalten bleiben. Gleichwohl ist es wirtschafts- wie ordnungspolitisch geboten, den Großen Befähigungsnachweis als obligatorische Voraussetzung zur Existenzgründung konstruktiv- kritisch zu überprüfen. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene radikale Reduzierung der Meisterberufe schießt allerdings deutlich über das Ziel hinaus.

Anstatt lediglich den Gefahrenaspekt zu berücksichtigen, müssen vielmehr drei Kriterien bei der Festlegung der Gewerbe mit verpflichtendem Großem Befähigungsnachweis beachtet werden:

...

Kriterien für die Anlagen A und B (Artikel 1 Nr. 73 und 74 zur HwO)

Eine Beschränkung des Großen Befähigungsnachweises auf so genannte Gefahrenhandwerke bedeutet einen Paradigmenwechsel. Damit würde die Handwerksordnung den allgemeinen Gefahrenabwehrvorschriften zugeordnet und wäre keine spezifische Regelung mehr für den Wirtschaftsbereich Handwerk als solchen. Eine Begrenzung des Meisterbriefs auf so genannte Gefahrenhandwerke würde nur noch einen geringen Teil der Handwerke insgesamt erfassen, wodurch dem Handwerk seine kennzeichnende Besonderheit und Vorbildfunktion genommen würde. Letztlich verlöre der Wirtschaftszweig Handwerk seine Eigenständigkeit und damit auch seine wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch stabilisierende Funktion. Dieser Ansatz ist aber verfehlt; das Handwerksrecht ist nicht Teil des allgemeinen Sicherheitsrechts.

Die Bundesregierung wird gebeten, die Anlagen A und B der HwO nach der folgenden Maßgabe neu zu fassen:

Neben dem von der Bundesregierung bei der Festlegung der Berufe, für deren selbständige Ausübung auch künftig der Meisterbrief erforderlich sein soll, zu Grunde gelegten Kriterium der „Gefahrgeneigtheit“ der jeweiligen Berufe ist zu berücksichtigen, dass der Verbraucherschutz durch fachlich einwandfreie Handwerksleistungen gewährleistet bleiben muss und der Ausbildungsleistung des jeweiligen Handwerks als Garant zur Erhaltung des Dualen Systems Rechnung zu tragen ist.

Konkret bedeutet dies, dass eine größere Anzahl von Handwerksberufen auch künftig dem Meisterprivileg unterliegen muss als dies die Bundesregierung vorsieht.

Gegenäußerung der Bundesregierung

Ausbildungsleistung

Der Bundesrat möchte das Kriterium der Ausbildungsleistung beachtet wissen. Soweit dies als Kriterium für die Berufszulassung dienen soll, bestehen Bedenken.

Die Bundesregierung erkennt an, dass das Handwerk eine hohe Ausbildungsleistung erbringt und zum Teil über seinen eigenen Bedarf hinaus ausbildet. Der Anteil des Handwerks an der Gesamtausbildung liegt jedoch nur bei 33 %. Zu 67 % erfolgt die Ausbildung in nichthandwerklichen Gewerben, bei denen der Berufszugang nicht unter dem Vorbehalt der Meisterprüfung steht. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks bilden nur etwa 1/3 der Handwerksbetriebe überhaupt aus.

Nach Auffassung der Bundesregierung kann die Ausbildungsleistung eine Beschränkung des Berufszugangs zum Handwerk verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Zwar hat der Gesetzgeber der Handwerksordnung von 1953 und ihm folgend das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17. Juli 1961 (BVerfGE 13, 97) die Ausbildungsleistung des Handwerks in seiner Bedeutung für die „ganze gewerbliche Wirtschaft“ anerkannt. Jedoch wurde die Ausbildungsleistung des Handwerks nicht als isoliertes Kriterium dargestellt, sondern als eine von mehreren Erwägungen, die insgesamt das „besondere Interesse der Gemeinschaft an der Erhaltung und Förderung“ eines „gesunden, leistungsfähigen Handwerkstandes“ begründen.

Die Ausbildungsleistung als Kriterium hierfür würde zunächst voraussetzen, dass geklärt ist, woran die Ausbildungsleistung zu messen ist. Die Wahl des Maßstabs erscheint willkürlich. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob auf das Handwerk als Ganzes, auf die einzelnen Gewerke oder auf den jeweiligen Betrieb abzustellen ist. Abgesehen davon erscheint es zweifelhaft, ob die Meisterprüfung als Berufszugangsschranke das geeignete Mittel ist, um das Ziel einer hohen Ausbildungsleistung zu gewährleisten. Dagegen spricht bereits, dass nur 1/3 der Betriebe im Handwerk selbst ausbildet. Im Übrigen ist die Ausbildungsintensität zwischen den und innerhalb der jeweiligen zurzeit 94 Handwerke der Anlage A sehr unterschiedlich. Außerdem hängt die Entscheidung, ob ausgebildet wird, von einer Vielzahl von Faktoren ab: u. a. Markt, Standort, Ausbildungskosten im jeweiligen Handwerk.

Unbeschadet, ob die Ausbildungsleistung als solche das Erfordernis der Meisterprüfung begründen kann, sei darauf hingewiesen, dass aufgrund des Entwurfs 2/3 aller Ausbildungsplätze in der Anlage A verbleiben.

Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter

Der Bundesrat nennt den „Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter“ als weiteres Kriterium, das bei der Festlegung der Gewerbe mit verpflichtendem Großen Befähigungsnachweis beachtet werden muss. Richtig ist, dass nur der Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts eine solche Beschränkung rechtfertigen kann. Durch die Bezugnahme des Bundesrates auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1961 kommt in Betracht, dass die Kriterien „Leistungsstand und Leistungsfähigkeit des Handwerks“ gemeint sein könnten.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Meistervorbehalt vor dem Hintergrund der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Handwerks jedoch nicht mehr geeignet, erforderlich und angemessen, um den „Leistungsstand“ und die „Leistungsfähigkeit“ des Handwerks zu erhalten.

Die Zahl der Betriebe, der Beschäftigten, der Umsätze des Handwerks und dessen Produktivität haben sich mit der Meisterpflicht nicht günstiger entwickelt als in der übrigen gewerblichen Wirtschaft.

Wie bereits ausgeführt, ist die durchschnittliche Marktverweildauer eines Meisterbetriebs nicht signifikant höher als die eines vergleichbaren nichthandwerklichen Unternehmens des produzierenden Gewerbes, obwohl dies wegen der Beschränkung des Marktzutritts und der damit verbundenen eingeschränkteren Konkurrenzsituation nahe liegen müsste.

Die Handwerksordnung ist bereits mehrfach flexibilisiert worden (z. B. § 5 HwO, § 7a HwO, § 7 Abs. 1 HwO in Verbindung mit der Verordnung über verwandte Handwerke, Verordnung über die Anerkennung von Prüfungen bei der Eintragung in die Handwerksrolle und bei Ablegung der Meisterprüfung im Handwerk, Zusammenlegung von Handwerken, Übergangsgesetz aus Anlass des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften etc.). Die Änderungen sollten zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und des Leistungsstands des Handwerks beitragen und z. B. mehr Angebote aus einer Hand ermöglichen. Erleichterungen wurden nach der Verabschiedung der Handwerksordnung von 1953 bereits im Rahmen der Novelle von 1965 notwendig. Trotz der Novellen von 1965, 1994 und 1998 wird von allen Beteiligten Reformbedarf anerkannt, da sich die Struktur der Handwerksordnung hemmend auf die Leistungsfähigkeit des Handwerks auswirkt.

Nach heutiger Kenntnis hat sich der Meistervorbehalt nicht als geeignet erwiesen, den Leistungsstand und die Leistungsfähigkeit des Handwerks ausreichend zu fördern.

Bei einem Abstellen auf diese Kriterien bestünde zudem die Gefahr eines Verstoßes gegen Artikel 3 Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seiner Entscheidung von 1961 ausgeführt: „Handwerksbetriebe sind im Unterschied zu Industrieunternehmen überwiegend Kleinbetriebe. Typisch für sie ist die persönliche handwerkliche Mitarbeit des Betriebsinhabers; seine fachliche Qualifikation entscheidet über den Wert der handwerklichen Leistung. Im Gegensatz dazu arbeitet der Inhaber eines industriellen Unternehmens im Allgemeinen nicht an der Herstellung unmittelbar mit, sondern beschränkt sich auf die kaufmännische oder technische Leitung. Dieser strukturelle Unterschied lässt es als gerechtfertigt erscheinen, nur die selbständige Ausübung eines Handwerks von dem Nachweis persönlicher Fertigkeiten und Kenntnisse abhängig zu machen.“ (BVerfGE 13, 123). In einem Gutachten aus dem Jahr 2002 des Forschungsinstituts für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln wird im Ergebnis ausgeführt, dass der Handwerksmeister heute kein „Meister der Stückerstellung“, sondern ein „Meister der technik-akzentuierten Prozessgestaltung“ nach Kundenvorgaben sei. Das deutet darauf hin, dass im Handwerk weithin eine Verschiebung zu unternehmerischen Qualifikationen stattfindet und dass das Handwerk sich immer mehr zu einem Gewerbe wie andere auch entwickelt.

Das Bundesverfassungsgericht war bei seiner Entscheidung von dem Leitbild des sog. Inhaberprinzips ausgegangen. Von diesem Prinzip gibt es aber mittlerweile zahlreiche Ausnahmen. Insbesondere ist Kapitalgesellschaften die Einstellung eines Betriebsleiters möglich. Daher wird nunmehr – auch entsprechend den Wünschen des Handwerks – allen Handwerksbetrieben unabhängig von ihrer Rechtsform die Einstellung eines Betriebsleiters ermöglicht. Das Inhaberprinzip wird aufgehoben.

Soweit der Bundesrat als wichtiges Gemeinschaftsgut den „Verbraucherschutz“ nennt, ist darauf hinzuweisen, dass der Verbraucherschutz bereits durch umfangreiche Regelungsgeflechte außerhalb des Erfordernisses der Meisterprüfung gewährleistet ist. Diese Regelungsgeflechte werden durch die Novelle nicht verändert.

Es widerspräche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gleichheitsgrundsatz, darüber hinausgehend für Handwerke den Meistervorbehalt aufgrund von Verbraucherschutzanliegen zu fordern. Die bestehenden Instrumente des Verbraucherschutzes richten sich gleichermaßen an Konsumenten und Unternehmer, unabhängig davon, ob Unternehmen einer handwerksrechtlichen Zulassungsbeschränkung unterliegen. Das Handwerk darf im Vergleich zu anderen Gewerben nicht ohne sachlichen Grund einer schärferen Reglementierung unterworfen werden. Eine Rechtfertigung des Meistervorbehalts durch den Verbraucherschutz müsste deshalb zwangsläufig zu der Forderung führen, andere Bereiche ebenfalls unter einen berufszugangsrechtlichen Qualifikationsvorbehalt zu stellen.

Verbraucherschutz im Zusammenhang mit Handwerksleistungen weist zudem verschiedene Aspekte auf. Zu nennen sind u. a.:

  1. Schutz vor Gesundheitsschäden;
  2. Schutz vor Vermögensschäden ;
  3. Schutz vor überhöhten Preisen;
  4. Sicherstellung eines ausreichenden Angebots.

Zu Buchstabe a

Die Handwerke, bei deren unsachgemäßer Ausübung Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter zu befürchten sind, verbleiben in Anlage A zur HwO. Dieser Aspekt des Verbraucherschutzes ist daher durch das Kriterium der Gefahrgeneigtheit abgedeckt.

Zu Buchstabe b

Der Meistervorbehalt ist zum Schutz vor Vermögensschäden durch unsachgemäße Handwerksleistung weder erforderlich noch angemessen im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Zum Schutz vor Vermögensschäden bestehen umfangreiche Kundenrechte, die größtenteils im BGB geregelt sind. Spezifische Regelungen für das Handwerk sind nicht erforderlich, zumal in anderen Bereichen teilweise höhere Gefahren für Vermögensschäden bestehen (z. B. im Bereich der Anlageberatung). Um Verbraucher vor Vermögensschäden zu schützen, müsste daher jedes Gewerbe und jede Dienstleistung unter einen berufszulassungsrechtlichen Qualifikationsvorbehalt gestellt werden.

Zu den Buchstaben c und d

Der Meistervorbehalt ist nicht geeignet, um die genannten Ziele zu erreichen.

Ein Anliegen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist, dass sich das Angebot für die Verbraucher verbessert, insbesondere mit Blick auf kleinere Aufträge, die bislang vom etablierten Handwerk tendenziell vernachlässigt werden. Die Aufrechterhaltung des Meisterbriefes als Zugangsvoraussetzung für zahlreiche Handwerke steht diesem Ziel entgegen. Mittelfristig ist eine nachhaltige Belebung der Wirtschaftstätigkeit von der Intensivierung des Wettbewerbs im Handwerk zu erwarten. Wettbewerb bewirkt sowohl Preissenkungen wie auch Qualitätssteigerungen, wo dies möglich ist. Beides kommt dem Verbraucher zugute.

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