http://www.buhev.de/ Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker
für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
Start | Selbstständig ohne Meisterbrief | Probleme wegen Meisterzwang | Handwerkspolitik | Über den BUH

Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Offener Brief an die Landräte von Plön und Ostholstein sowie den Oberbürgermeister von Neumünster

Sehr geehrte Herrn,

Mit großem Interesse habe ich den Bericht "Gemeinsamer Kampf gegen Schwarzarbeit" in den Kieler Nachrichten vom 26.1.2008 gelesen.

Städte und Kreise sind für die Verfolgung von Handwerksausübung ohne Meisterbrief oder ohne Reisegewerbekarte zuständig. Wenn - wie in dem Artikel oder im Faltblatt "Informationen zum Thema Schwarzarbeit" der Kreise Plön und Ostholstein geschehen - der Eindruck erweckt wird, dass Steuern oder Sozialabgabenhinterziehung verfolgt wird, wird die Öffentlichkeit über die Aktivitäten des Kreises getäuscht und man muss sich fragen, ob die Verantwortlichen wissen, was sie tun.

Der Meisterzwang, für dessen Überwachung Städte und Kreise allein zuständig sind (§ 2 Schwarzarbeitsgesetz), wird damit begründet, dass von der Ausübung handwerklicher Tätigkeiten angeblich eine Gefahr für Gesundheit und Leben von Dritten ausgeht. Es müsste also ein wichtiges Interesse Ihrer Verwaltung sein, Gewerbetreibende darüber zu informieren, welche einzelnen Tätigkeiten ohne Meisterbrief ausgeübt werden dürfen und bei welchen der Meisterbrief zum Schutz von Gesundheit und Leben von Dritten verlangt werden muss. Welches sind die wesentlichen Tätigkeiten, die den Einzelnen zulassungspflichtigen Handwerken zugeordnet werden müssen? Eine Antwort auf diese Frage nach der Negativliste der verbotenen Tätigkeiten steht von Plön, Ostholstein und Neumünster seit Jahren aus. Ich verweise hier auf das Schreiben des BUH vom 13.06.2003, auf das von Ihrer Seite nicht einmal geantwortet wurde - geschweige denn, dass praxistaugliche Antworten gegeben worden wären. Bitte berücksichtigen Sie, dass es hier nicht um die Einordnung der verschiedenen Berufe in eine der Anlagen der Handwerksordnung geht sondern die Feststellung welche einzelnen Tätigkeiten wesentlich im Sinne von § 1 Handwerksordnung sind.

Ich möchte Sie auch darauf Hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht selber erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Meisterzwangs geäußert hat. Dabei bezog es sich im Dezember 2005 zwar auf die alte Fassung der Handwerksordnung, aber alle Zweifel, die das Verfassungsgericht dort nannte, bestehen auch bei der neuen Fassung des Meisterzwangs fort.

Herr Dr. Gebel, ich fordere Sie auf dafür zu sorgen, dass alle Gewerbetreibenden kurzfristig verlässliche Antworten auf handwerksrechtliche Fragestellungen von Ihrer Ordnungsbehörde erhalten; hierzu sind die Ordnungsbehörden ja verpflichtet. Dafür müssen dort Mitarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die sowohl die juristischen handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen - wie das Bundesverfassungsgericht es regelmäßig verlangt - grundrechtsfreundliche behandeln und auch unter anderem fachlich beurteilen können, welche Anlernzeit bei welcher Tätigkeit angesetzt werden muss - darauf stellt § 1 Abs. 2 Nr. 1 Handwerksordnung ab.

Ich bitte Sie mir einzelne handwerkliche Tätigkeiten zu nennen, von deren Ausübung eine unmittelbare Gefahr für Gesundheit und Leben von Dritte ausgeht, bei denen die Qualifikation eines Betriebsleiters dies Gefahr mit hoher Wahrscheinlichkeit abwehrt und bei denen kein milderes Mittel - im Sinne der Verfassungsrechtssprechung zur Berufsfreiheit - zur Abwehr der Gefahren zur Verfügung steht.

Weiter bitte ich Sie um Auskunft, welche Kriterien bei einer "Gesamtbetrachtung" im Sinne von § 1 Handwerksordnung eine Rolle spielen.

Bundesweit müssen wir feststellen, dass Handwerker immer wieder zu unrecht verfolgt werden. Dabei verhindern die Ordnungsbehörden häufig, dass Ihre Vorwürfe in einem fairen Verfahren gerichtlich geklärt werden können. Ein faires Verfahren wird verhindert in dem die Verfolger einen Rechtsmittelverzicht verlangen und diesen durchsetzen, indem sie mit einer Kundenbefragung drohen. Diese würde den eingerichteten und ausgeübten Betrieb zerstören, denn kaum ein Kunde erteilt Aufträge an einen Betrieb, gegen den wegen Schwarzarbeit ermittelt wird. Bei so erpressten Rechtsmittelverzichten werden die Betroffenen von den Behörden häufig im Unklaren gelassen, welche Tätigkeiten sie in Zukunft nicht mehr ausführen dürfen und mit welchen Tätigkeiten sie weiterhin ihren Lebensunterhalt verdienen dürfen. Wenn die Betroffenen sich nicht auf diese Beschneidung ihrer Rechte einlassen verschleiern die Ermittlungsbehörden bei den Kundenbefragungen - wie auch Sie in dem Zeitungsartikel - dazu noch, dass nicht wegen der Straftat der Steuerhinterziehung ermittelt wird, sonder wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Handwerksordnung.

Sorgen Sie dafür, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu handwerksrechtlichen Bußgeldverfahren umgesetzt wird - dies bedeutet, dass auch die Ordnungsbehörden vor Verhängung eines Bußgeldes nicht nur prüfen müssen, ob es sich überhaupt um einen vorwerfbaren Verstoß gegen die Handwerksordnung handelt, sondern auch, ob der Betroffenen oder einer seiner Mitarbeiter einen Ausnahmebewilligung oder Ausübungsberechtigung bekommen könnte. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es den Betroffenen in Anbetracht der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht zugemutet werden kann, ihren Anspruch auf Ausnahmebewilligungen gerichtlich durchzusetzen. Dass in Schleswig-Holstein die Handwerkskammern für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen zuständig sind macht es den Betroffenen nicht einfacher von diesen Ausnahmeregelungen zu profitieren. Sorgen Sie dafür, dass die Betroffenen im Bußgeldverfahren erfahren, welche Tätigkeiten sie nicht ausüben dürfen und welche bisher ausgeübten Tätigkeiten sie weiter ausführen dürfen - welche Tätigkeiten also nicht wesentlich im Sinne von § 1 Handwerksordnung sind.

Im vergangen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht dreizehn Verfassungsbeschwerden gegen Durchsuchungen bei Handwerkern ohne Meisterbrief stattgegeben. Sorgen Sie dafür, dass nicht weiter Handwerker ihr Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung vor dem Verfassungsgericht einklagen müssen!

Mit freundlichen Grüßen

Anlass

Die Kreise Plön und Ostholstein sowie die Stadt Neumünster kooperieren bei der Verfolgung von Handwerkern ohne Meisterbrief. Dabei erwecken die Landräte und der Oberbürgermeister den Eindruck, die Ordnungsbehörden würden Steuerhinterzeihung verfolgen. Durch entsprechende Äußerungen - zum Beispiel mit der Vermutung Schwarzarbeit könnte abnehmen weil Handwerkerrechnungen absetzbar sind - verschleiern die Landkreise in der Öffentlichkeit, dass sie in Handwerkern ohne Meisterbrief das Grundrecht auf freie Berufsausübung rauben.

Dass die Behörden eine Interessenorganisation - die Kreishandwerkerschaft - an der Verfolgung von Handwerkern beteiligt untergräbt das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörden. Diese Unabhängigkeit von Ermittlungsbehörden ist ein wesentliches Element unserer Rechtsordnung. Wir sollen Bürger das Vertrauen haben, dass Ermittlungsbehörden nicht nur Belastendes ermitteln, sondern auch entlastende Gesichtspunkte, wozu sie verpflichtet sind, wenn sie Ermittlungsbehörden eine Interessenorganisation in Ermittlungstätigkeit einbinden.

Die Verlängerung des Kooperationsvertrags und die Beteiligung der Stadt Neumünster an diesem Vertrag hat der BUH zum Anlass genommen, sich an die Landräte mit einem Offenen Brief zu wenden.

Den Eingang des offenen Briefes hat der Oberbürgermeister von Neumünster Unterlehberg bestätigt, aber eine inhaltliche Antwort ist bis zum 19.03.2008 nicht beim BUH eingegangen.

Der Landrat Dr. Gebel vom Kreis Plön hat bisher nicht geantwortet.

Der Landrat Sager vom Kreis Ostholstein hat geantwortet und mitgeteilt, dass der Landkreis sich bei der Beurteilung, ob eine Verpflichtung zur Eintragung in die Handwerksrolle besteht, auch in Ordnungswidrigkeitenverfahren auf die Bewertung der Handwerkskammer stützt. Eine allgemeine Klärung handwerksrechtlicher Fragen sei nicht möglich.

Hintergrund

Kooperationsvertrag zwischen Ostholstein und Plön, durch den auch der Interessenvereinigung Kreishandwerkerschaft an den Verfolgungen von Handwerkern ohne Meisterbrief beteiligt werden. Um den Verdacht erst gar nicht aufkommen zu lassen, dass Meisterbetriebe die Möglichkeit erhalten sich so unliebsamer Konkurrenz zu entledigen - oder die Mitgliedsbetriebe vor Verfolgungen geschützt werden, sollten derartige Kooperationen unterbleiben. Immerhin wurde gegen die Kreishandwerkerschaft Wolfsburg ein Bußgeldverfahren geführt, weil sie illegale Arbeitnehmerüberlassung organisiert hat - in einer Zeit in der sie auch die Verfolgung ihrer Konkurrenz finanziert hat.

Nach einem Pressebericht des Holsteinischen Couriers hat Neumünster auch vor 2007 mit der Kreishandwerkerschaft kooperiert.

Briefwechsel mit den Landräten der Kreise Plön und Ostholstein sowie dem Oberbürgermeister der Stadt Neumünster

Weitere Informationen


http://www.buhev.de/

Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


Startseite | Nachrichten | Handwerkspolitik | Presse | Handwerksrecht | Archiv/Suche | Links | Kontakt/Impressum