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Handwerksnovelle 2004, Gesetzgebungsverfahren Handwerksnovelle 2004, Argumente gegen Meisterzwang, Probleme mit Behörden?



Handwerkspolitik der letzten Jahre

Bundestagsdebatte zum Meisterzwang vom 27.06.2003

Am Freitag den 27.06.03 hat der Bundestag über die Änderung der Handwerksordnung debattiert (pdf 533 kb)

In erster Beratung wurde ein Antrag von SPD und B90/GRÜNE zur Änderung der Handwerkerordnung (pdf 387 kb) verhandelt.
Durch diesen Gesetzentwurf ist eine deutliche Lockerung des Meisterzwangs geplant.

Einfache Tätigkeiten

In zweiter und dritter Beratung wurde der Antrag von SPD und B90/GRÜNE (Drucksache 15/1089) behandelt und beschlossen, durch den gesetzlich klargestellt wird, daß einfache handwerkliche Tätigkeiten ohne Meisterbrief und ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübt werden dürfen.

Der Bundestagsausschuß für Wirtschaft und Arbeit hat für diesen Gesetzesantrag die Beschlußempfehlung Bundestagsdrucksache 15/2124 zur Änderung der Handwerksordnung (pdf 56 kb) erarbeitet.

Mit diesem Gesetz werden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in ein Gesetz umgesetzt.

In Zukunft wird der § 1 Abs. 2 Handwerksordnung folgendermaßen lauten:

    (2) Ein Gewerbebetrieb ist zulassungspflichtig, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten).
    Keine wesentlichen Tätigkeiten sind insbesondere solche, die
    1. in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können,
    2. zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden Gewerbes der Anlage A nebensächlich sind und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Gewerbe hauptsächlich ausgerichtet ist, oder
    3. nicht aus einem Gewerbe der Anlage A entstanden sind.

Damit wird gesetzlich fixiert, was schon in den Leipziger Beschlüsse zum Vollzug des Handwerksrechts vom 21. November 2000 unter Punkt 1.2 festgestellt wurde:

Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob der Betrieb "ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind", hat der Gesetzgeber durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 25. März 1998 (BGBl. I S. 596) klargestellt, dass Meisterprüfungsberufsbilder "zum Zwecke der Meisterprüfung" erarbeitet und nicht zum Zweck der Festlegung von Vorbehaltsbereichen getroffen werden (Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, Drucksache 13/9875 vom 11. Februar 1998, S. 34). Es bleibt jedoch dabei, dass die Inhalte von Meisterprüfungsverordnungen und Ausbildungsvorschriften zur Auslegung von Gewerbebezeichnungen und der von ihnen erfassten Vorbehaltsbereiche entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts " m i t herangezogen" werden können. "Sie enthalten nämlich erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse". Dabei ist zu berücksichtigen, dass Meisterprüfungsberufsbilder Überschneidungen mit anderen Handwerken und handwerksähnlichen Gewerben enthalten können, also Tätigkeiten aus dem Kernbereich anderer Handwerke, "einfache" Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die von nichthandwerklichen Gewerben der Anlage B oder sonstigen nicht der Anlage A unterfallenden Gewerben ausgeübt werden. Das tatsächliche Arbeitsgebiet darf deshalb nicht gleichgesetzt werden mit einer Beschreibung von Vorbehaltsbereichen. Das bedeutet, dass allein aufgrund der zum "Zweck der Meisterprüfung" und zur "Berufsausbildung" erlassenen Verordnungen und fachlichen Vorschriften ohne Heranziehung weiterer Umstände keine Entscheidungen über Abgrenzungsfragen und das Vorliegen von Vorbehaltsbereichen getroffen werden können.
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die das Bundesverfassungsgericht durch seine Entscheidungen vom 31. März 2000 und 27. September 2000 bestätigt hat, wird die Abgrenzung "wesentlicher" Tätigkeiten von anderen Tätigkeiten, die nicht unter dem Vorbehalt des handwerklichen Befähigungsnachweises stehen, wie folgt präzisiert:
Zur Auslegung des § 1 Abs. 2 HwO besteht eine seit Jahren gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u.a. Entscheidungen vom 23. Juni 1983 – 5 C 37/81 BVerwGE 67, 273, GewArch 1984 S. 96; 30. März 1993 – 1 C 26.91 – GewArch 1993 S. 329; 22. Oktober 1997 – 1 B 1999/97 – GewArch 1998 S. 125), die zuletzt durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1992 (- 1 C 27.89 – GewArch 1992 S. 386) fortentwickelt worden ist. Danach sind „wesentliche Tätigkeiten“ solche, „die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, können demnach die Annahme eines handwerklichen Betriebes nicht rechtfertigen. Dies trifft namentlich auf Arbeitsvorgänge zu, die – ihre einwandfreie Ausführung vorausgesetzt – wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern“. Dies gilt für Tätigkeiten, "die in kurzer Zeit erlernbar" sind (Das Bundesverwaltungsgericht hat im o. a. Urteil entschieden, dass qualifizierte handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten nicht erforderlich sind für Tätigkeiten, die "von einem durchschnittlich begabten Berufsanfänger innerhalb von zwei bis drei Monaten zu erlernen" sind). Das Bundesverfassungsgericht hat durch Bezugnahme auf diese Entscheidung die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts als Kriterium für die Abgrenzung "minderhandwerklicher", also "einfacher" Tätigkeiten, zu Kernbereichstätigkeiten bestätigt.
Das Tätigkeitsfeld von Handwerken umfasst üblicherweise auch Tätigkeiten, die auch von „handwerksähnlichen“ Gewerben der Anlage B der Handwerksordnung oder nicht den Anlagen A oder B unterfallenden Gewerben ausgeübt werden; solche Tätigkeiten erfordern ebenfalls nicht die Eintragung in die Handwerksrolle, wenn der Gewerbetreibende darüber hinaus keine Tätigkeiten ausübt, die zum „Kernbereich“ eines Handwerks gehören. Eine handwerksrechtliche Qualifikation (Meisterprüfung, Ausnahmebewilligung o. ä.) darf hierfür nicht verlangt werden.
Nicht zum Vorbehaltsbereich gehören auch solche Tätigkeiten, die zwar anspruchsvoll, aber im Rahmen des Gesamtbildes des betreffenden Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten verlangen, auf welche die einschlägige handwerkliche Ausbildung hauptsächlich ausgerichtet ist (BVerwG, Urteile vom 11. Dezember 1990 – GewArch 1991 S. 231 und vom 27. Oktober 1992 - GewArch 1993 S. 250). Die Meisterprüfung darf hierfür nicht verlangt werden.

Hierzu auch die Pressemitteilung "Kleine Novelle" der Handwerksordnung mit Koalitionsmehrheit angenommen vom Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit.

Bisher war äußerst Unklar, welche Tätigkeiten in welchem Umfang ohne Meisterbrief und ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübt werden dürfen.

Die Rechtsprechung zu diesen handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen ist zwar umfangreich, aber trotzdem nicht einheitliche.

Auch die Wirtschaftsministerien von Bund und Ländern konnten bei diesen handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen keine Hilfestellung geben.

Aus Sicht des BUH werden die Abgrenzungsprobleme durch diese gesetzliche Klarstellung nicht gelöst, aber diese Gesetzesänderung dokumentiert, daß bisher in der Praxis Tätigkeiten dem Meisterzwang unterworfen wurden, die wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades auch ohne Meisterbrief selbständig ausgeführt werden durften. Bußgelder wegen der Ausübung solcher Tätigkeiten waren rechtswidrig. Wir gehen davon aus, daß mehrere 10.000 solcher rechtswidriger Bußgelder pro Jahr verhängt wurden. Bußgelder, gegen die sich die Betroffenen mit versierten Anwälten gewehrt haben, hatten in den letzten Jahren keinen Bestand mehr vor den Gerichten. Die Amtsgerichte (erste Instanz) hat zwar teilweise noch Bußgelder verhängt (in der Regel deutlich niedriger als das von Ordnungsbehörden verhängte Bußgeld). Die Oberlandesgerichte haben die Verurteilungen nach unserer Beobachtung dann in der Regel aufgehoben.

BUH - Presseerklärung vom 27.06.03: Bundestag beschließt Klarstellung zur Handwerksordnung

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